Baclofen Forum vs Alkoholismus

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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Montag 16. Juni 2014, 11:08 
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Registriert: Mittwoch 6. April 2011, 23:04
Beiträge: 236
lisa64 hat geschrieben:
Einzig gegenüber meinem ängstlichen Umfeld gibt es immer noch eine Art Versteckspiel: Die wissen noch gar nicht, was ich weiss: Es ist vorbei.

Du fühlst es also auch, dass es vorbei ist? :-h

Die Tage werden nicht mehr gezählt, es ist einfach so.

Ein schöner und so passender Bericht, @lisa!

Gerade jetzt auch, denn mir geht es ähnlich. Fast hätte ich gerade vor lauter persönlichem Aufklärungswahn meine eigentliche Mission vergessen: Endlich wieder ein lebenswertes Leben zu führen. Stattdessen legte ich, obwohl eigentlich alles gut läuft, ein immenses Augenmerk darauf, nochmal zurück zu gehen, nochmal zu analysieren, nochmal das alles Verbindende Element zu suchen und zu finden (die Weltformel für meine Sucht, sozusagen).

Eigentlich war ich schon mal weiter. War an dem Punkt, wo ich erkannt habe, dass ein insistieren in der Vergangenheit, die Suche nach Erklärungen nicht der wesentliche Punkt mehr ist.

(Natürlich ist er wesentlich, natürlich sollte man sich und seine Vergangenheit durchleuchten, um zumindest im Ansatz zu verstehen, was passiert ist. Aber auch dabei sollte gelten: Anfang/Ende)

Aber noch wichtiger ist für mich jetzt eigentlich die Ausrichtung auf die Gegenwart, in Denkansätzen auch auf die Zukunft, getreu meiner Signatur (s.u.), keine Flucht mehr in ein Verstehen müssen des ganzen, das wird irgendwann zum Selbstläufer und man verirrt sich darin, will mehr und mehr wissen, will sich Sinn machen, immer wohl auch in der Hoffnung, durch das Verstehen, wie es dazu kam, würde sich im Jetzt etwas ändern.

Meiner Erfahrung nach ändert sich durch das Erkennen alleine nicht viel, es kann aber ungemein beruhigen - insofern ein wesentlicher Punkt, BIS zu dem Punkt, wo man anfängt sich in seiner Vergangenheit zu verzetteln und das wesentliche, die Neuausrichtung im Heute immer weiter aufzuschieben.
lisa64 hat geschrieben:
Ich suchte Ursachen für meine Sucht bis zurück in meine Urgrosseltern-Generation und landete nach allen Ausflügen und Therapien wieder bei meinem psychischen Anderssein.
lisa64 hat geschrieben:
Das alles ist, ohne dass ich es bemerkt habe, in den Hintergrund getreten, wie ich kürzlich erstaunt feststellte: ich befasse mich kaum noch mit meinen "Abweichungen", sondern integriere mein normales Wesen.
lisa64 hat geschrieben:
Ich halte mich weder mehr für krank, noch für psychisch auffällig, nicht einmal mehr für "anders": Ich befinde mich absolut innerhalb der Bandbreite von normal.
Selbstanalyse im Rahmen einer Therapie (oder für sich alleine) sollte ein Mittel zum Zweck sein, nicht der Zweck an sich (ähnlich wie die Abstinenz, IMHO). Das aber erstmal anzuerkennen... Wieviele Jahre Sucht waren es bei Dir? Bei mir ca. 25. Wieviele Jahre, der Selbstreflexion, der Frage nach dem Warum? Das ist wie eine Lokomotive mit einem riesen Vorwärtsdrang und etlichen vollbeladenen Wagons im Schlepptau, bis vor kurzem in voller Fahrt, den bekommt man nicht so schnell zum Stehen.

(Und ich bleibe übrigens bei Deiner Umkehrung der Frage nach dem warum, also: Warum nicht?)

Man ist erstaunt, die Erfahrung zu machen, das man sich der Normalität (was ist das!?) immer mehr angleicht, hält es eigentlich für unmöglich, man erinnert sich an die vielen Male, wo man schon dachte, es ist vorbei und möchte sich vor der Enttäuschung schützen, dass es doch noch nicht vorbei ist. Verständlich. Menschlich.

Es wirklich zu begreifen, dass es vorbei, dass die größte Revolution meines suchtbehaftenden Lebens endlich eingetreten ist,
auch dazu muss man bereit sein.

Das annehmen können.

lisa64 hat geschrieben:
Wenn über Nacht ein Wunder geschieht und das Problem im Schlaf verschwindet, woran merken Sie das am nächsten Tag?
Merkt man das überhaupt am nächsten Tag? :-??
lisa64 hat geschrieben:
Ich tüftle noch. "Was ganz genau ist anders?"
Ich tüftle mit und komme spontan auf folgendes:

1. Ich fühle mich entlastet/befreit. Das riesige Damokles-Schwert über meinen Kopf ist zu einem Kinderspielzeug geschrumpft, das darf mir gerne auf den Kopf fallen, ist aus Plastik, tut nicht mal mehr richtig weh, selbst wenn es mir direkt auf den Kopf fällt.

Die Bedrohung, unter der ich mein Leben lang gelitten habe, die mein Denken negativ beeinflusst hat, ist in diesem Maße endlich weg, langfristige Neuausrichtung ist möglich, Selbstbewusstsein wächst, die Angst sich langfristig festzulegen, schwindet.

2. Neue Aufgabengebiete tun sich auf, interessante Arbeit an mir - im jetzt, im heute -, die Sucht überstanden zu haben, sich neu auszurichten, geht mit neuen Herausforderungen einher.

3. Freiheit von und für...

LG Nordlicht

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Was ist eigentlich alt? Was ist jung? Jung, wo die Zukunft vorwaltet. Alt, wo die Vergangenheit die Übermacht hat. (Novalis , dt. Dichter)


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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Montag 16. Juni 2014, 11:26 
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Beiträge: 1015
Wohnort: Saarland
@Lisa,

ich staune immer wieder, wie treffend du vieles (Stimmungen, Beobachtungen) beschreiben kannst. Und: ich finde sehr viele Parallelen zu meiner eigenen Stimmungs- und Gedankenwelt. Früher habe ich oft gegrübelt "was habe ich alles falsch gemacht", "warum ist alles so gekommen", "wie kann ich das alles wieder gut machen" und ähnliche Gedanken. Ganz falscher Ansatz! Es iss, wie es iss... Das Leben beginnt jetzt!
Und zwar Leben in Fülle.

GLG, Werner

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„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“.
Seneca


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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Montag 16. Juni 2014, 18:33 
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Beiträge: 417
Wohnort: Münsterland/Tecklenburger Land
Hallo Lisa !
auch ich kann mich nur mit einreihen in die Gratulanten / bzw. Alle, die sich mit Dir freuen... :YMAPPLAUSE:

federico:
Zitat:
Ich denke längst nicht mehr über Wunder nach, es sind so viele – und täglich wundere
ich mich über Neue.


moonriver:
Zitat:
Das einzige, was ich mit Bestimmtheit sagen kann: Wie schnell doch die Zeit vergeht...

Nordlicht :
Zitat:
Die Tage werden nicht mehr gezählt, es ist einfach so.

Ein schöner und so passender Bericht, @lisa!


Werner :
Zitat:
Es iss, wie es iss... Das Leben beginnt jetzt!
Und zwar Leben in Fülle.


entschuldige diese Zitat - Sammlung ... - ich hasse das eigentlich .. - aber es iss so treffend ...

zwei davon folgen aber noch ... :))
Lisa :
Zitat:
Ich nehme die Gemeinsamkeiten wahr, die ich mit Menschen ohne Alkoholprobleme habe, nicht mehr die Unterschiede. Das macht einen Riesenunterschied.

Zitat:
wo ich etwas (noch) nicht weiss oder mich gerade nicht erinnern kann. Womöglich heimlich auf der Toilette googeln zwischen Vorspeise und Hauptgang...


Die letzte "Angst " ist so lustig ... - und ich identifiziere mich da mit .... :)

und dann eben noch eine Wiederholung ... : Ich nehme Gemeinsamkeiten !!! - wahr - nicht die Unterschiede ...!!!

sei also bitte nicht auch noch so neugierig, - und fang das googlen in den Essens -Pausen an ... :))

Lass uns zwischendurch mal auf das Lauf - Band -> da oben in der Forums - zeile blicken ... - ( gez. : Dr. Annie Rapp )

lieben Gruß, Ralf.


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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Freitag 20. Juni 2014, 14:26 
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Wohnort: Schweiz
@Nordlicht:
Zitat:
... will mehr und mehr wissen, will sich Sinn machen, immer wohl auch in der Hoffnung, durch das Verstehen, wie es dazu kam, würde sich im Jetzt etwas ändern.

Meiner Erfahrung nach ändert sich durch das Erkennen alleine nicht viel, es kann aber ungemein beruhigen - insofern ein wesentlicher Punkt, BIS zu dem Punkt, wo man anfängt sich in seiner Vergangenheit zu verzetteln und das wesentliche, die Neuausrichtung im Heute immer weiter aufzuschieben.


Ich glaube, wenn es sich um Dinge dreht, die wir ständig wiederholen, ohne etwas daran ändern zu können, lohnt sich der Blick zurück (beileibe nicht nur für das Trinken). Weil unser Verhalten für uns selbst Sinn machen muss; es geht nicht ohne für unsere menschliche Natur, ohne Sinn werden wir krank. Mir war "Sinn" übrigens lange zu spirituell und löste innerlich Widerstand aus, ich nahm stattdessen "Erklärung" oder "Grund".

Im besten Fall kann ich durch Therapie (oder auch eigene Arbeit an mir selbst) erkennen, dass mein Verhalten ursprünglich mal tatsächlich Sinn gemacht hatte und ich einen reellen, guten Grund dafür hatte. Das mit offenem Herzen anerkennen zu können, bedeutet mir viel. Die jüngere Version meiner selbst in den Arm zu nehmen, auch: Es ist gut. Ich verstehe.

Nun stelle man sich vor, diese Haltung könne eingenommen werden, während sich das Nervensystem bereits einem neuro-bio-chemischen Gleichgewicht annähert, das einem ganz spürbar und dauerhaft Wohlbefinden und Entspannung vermittelt.* Auf dieser Grundlage werden Änderungen im Verhalten nachhaltig möglich und erstrebenswert, und es entsteht echte innere Motivation, die aufrecht erhalten werden kann.

Oder man erinnere sich daran, wie labil und anfällig für Störungen es war, bevor man Baclofen kannte. Da konnte bei mir keine Erkenntnis langfristig und tiefgreifend wirken; es schrie noch immer, es brauchte noch immer und diese Erschütterungen machten zu vieles wieder zunichte; Sisyphus lässt grüssen.

Welcher Boden fruchtbarer ist, steht ausser Zweifel.

lg
Lisa

*Wer wirksame Anti-Craving-Medikationen ablehnt oder keinen Zugang hat, erreicht das nach langer Zeit auch ohne. Meist mühevoll und mit frustrierenden Rückschlägen. Längst nicht alle. Ich mag effiziente Lösungen! B-)

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Der Andersdenkende ist kein Idiot, er hat sich eben eine andere Wirklichkeit konstruiert. Paul Watzlawick

Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird. Heinz von Foerster


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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Freitag 20. Juni 2014, 16:36 
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Registriert: Dienstag 19. November 2013, 14:31
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@werner:
Danke dir - ganz frei von Bauchpinsel-Wohlgefühl bleibe ich nicht bei deinem Beitrag. Aber ich freue mich sehr darüber, wenn die Worte, die ich für mich finde, auf Resonanz stossen und anregen.

@moonriver:
Zitat:
Du darfst davon ausgehen, dass Du auch noch nach 3 Jahren Therapie daran herumtüfteln wirst...
Jedenfalls bin ich bis heute zu keinem überzeugenden Resultat gekommen trotz intensiver Nachforschungen. Das einzige, was ich mit Bestimmtheit sagen kann: Wie schnell doch die Zeit vergeht...

Du machst mir Freude... - oder ist es ein Ansporn? ;)
Wir wollten doch die Nordlicht-WELTFORMEL! (The world is not enough!)

Die Zeit vergeht mit Riesenschritten, da gehe ich mit dir einig. Ist es nicht immer so, wenn die Zeit gut ist zu einem? Auf meine letzten sieben Monate gute Zeit zurückblicken und mich darüber freuen, kann ich glücklicherweise ganz ohne Tüftel-Resultate.

und @ralf: danke!
Zitat:
Die letzte "Angst " ist so lustig ... - und ich identifiziere mich da mit .... :)
und dann eben noch eine Wiederholung ... : Ich nehme Gemeinsamkeiten !!! - wahr - nicht die Unterschiede ...!!!


Sag bloss... Du auch? Ja dann, welches Smartphone kannst du empfehlen? (Gerne auch per PN; Schleichwerbung geht ja nun gar nicht, wir sind hier in einem Forum, nicht auf einem Marktplatz*.)

Madame Rapp spricht ein grosses Wort gelassen aus. Umso gewichtiger, weil es von einer Therapeutin kommt, die von sich sagt, sie habe keine Alkoholiker mehr behandelt, weil sie ihnen nicht helfen konnte. Bis Baclofen kam.

lg
Lisa

*Forum, lat. = Platz, in der römischen Antike der Stadt- und Marktplatz, meist auch Gerichtsstätte und Ort der Volksversammlung

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Zuletzt geändert von lisa64 am Freitag 20. Juni 2014, 16:44, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Freitag 20. Juni 2014, 16:43 
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Beiträge: 236
@Lisa
Zitat:
Ich glaube, wenn es sich um Dinge dreht, die wir ständig wiederholen, ohne etwas daran ändern zu können, lohnt sich der Blick zurück (beileibe nicht nur für das Trinken).
Selbstverständlich lohnt sich der Blick zurück. Alleine schon durch Selbstreflexion über mehrere Jahre hindurch, ist mir vieles verständlich geworden. Selbst die paar halbherzigen therapeutischen Einzelgespräche während der Therapie haben mir etwas die Augen geöffnet.

Und auch jetzt sehe ich noch Sinn darin, eine Psychotherapie an meine bisherige Selbst-Therapie anzuschließen, das wird auch noch kommen - zum Abschluß. Aber ich dämpfe mich hier doch mittlerweile in meinen Erwartungen - und es eilt auch nicht mehr so und es wird dann auch ein Ende haben. Es ist nicht mehr zwanghaft nötig, das missing link zu finden, wenn es da überhaupt noch eines gibt.

Warum auch, könnte man meinen. Baclofen hat seine Arbeit bei mir getan und ist immer noch und für längere Zeit am Wirken, das Alkoholproblem ist bei mir nicht mehr akut, es brauchte seine Zeit, aber ich stehe nach über vier Monaten ganz anders da als zuvor.

Es wird langsam Zeit für ein erstes Comeback Im Leben. Wie auch immer das nun aussehen wird.
lisa64 hat geschrieben:
Im besten Fall kann ich durch Therapie (oder auch eigene Arbeit an mir selbst) erkennen, dass mein Verhalten ursprünglich mal tatsächlich Sinn gemacht hatte und ich einen reellen, guten Grund dafür hatte.
Und was die Sache mit diesem Sinn (Erklärung, Grund) anbelangt:

In Bezug auf meine Sucht und allem was damit zusammenhing, neige ich zwar nicht allzu sehr zu Schuldgefühlen (zum Glück nicht!), aber es gibt da schon ein ehrliches, tief empfundenes Gefühl des Bedauerns. Keine Reue, Bedauern. Keine Vorwürfe, Bedauern. Kein Selbstmitleid, Bedauern.

Dass viele Dinge so gekommen sind, wie sie gekommen sind, dass Menschen unter meinem Verhalten gelitten haben, dass ich scheinbar egoistisch nur meine Ziele verfolgt habe, ungerechtfertigte Anschuldigungen von mir, Entäuschungen, die ich zu verantworten habe, etc., das ganze Paket, das hier viele von uns tragen (fast unumgänglich nach vielen Jahren der Sucht).....

Dafür! brauche ich "Sinn". Darum will/muss ich verstehen, wie das alles gekommen ist, warum das alles gekommen ist. Darum ist der Blick in die Vergangenheit für mich noch wichtig. Aber nicht ewig.
Zitat:
Oder man erinnere sich daran, wie labil und anfällig für Störungen es war, bevor man Baclofen kannte. Da konnte bei mir keine Erkenntnis langfristig und tiefgreifend wirken; die Erschütterungen machten zu vieles wieder zunichte; Sisyphus lässt grüssen.
Das sagst Du dem Richtigen! :)) Quartalsmäßiger Trinker - ALLES, was ich je getan habe, wurde immer unterbrochen und ich musste wieder aufarbeiten, oftmals um nur bis zu dem Punkt und ein klein wenig darüber hinaus zu kommen, wo ich schon mal war.
In Bezug auf Selbsterkenntnis, Selbsthilfe natürlich auch!

Wo ist der Sisyphus-Smiley?!!

Und wo ist die gerade Linie, die ich jetzt - langsam - anfange zu fahren? ;)

LG Nordlicht

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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Freitag 8. August 2014, 02:37 
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Beiträge: 854
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Melde mich zurück aus dem Urlaub - hallo ihrs!

Zwei erholsame Wochen auf der heissen Veranda und im rabiat gegen die Hitze verbarrikadierten Haus unseres Freundes im staubtrockenen Nordwesten Californiens. Feuermeldungen aus der weiteren Region zum Frühstück, tagelang hängende Rauchnebel, uralte Redwood-Wälder und sonnengoldene Grasweiden. 38-42 Grad im Schatten, fröstelnd mit Fleecejacke am Pazifik. Cannabis-Tagelöhner und um ihre Existenz ringende Alt-Hippies. Seltsame Welt; es mutete mir bis zum Schluss irreal an, dieses gänzlich normale, dosierte Zug-um-Zug in den Tag hinein kiffen, nebenbei. Gleichzeitig ausschliesslich zertifiziertes Bio-Gemüse und holistische Gesundheitszentren. Von Freiwilligen gepresster frischer Hanfsaft für arthritisgeplagte Senioren am Samstag Morgen. Zwei abschliessende Tage San Francisco zeigten die ganze Diskrepanz innerhalb der Gesellschaft auf. Die Zahl der Obdachlosen muss sich seit unserem letzten Besuch vor drei Jahren verdreifacht haben - und es macht den Eindruck, als gäbe es nicht mal ansatzweise eine Strategie dagegen. Familien mit Pappschildern am Strassenrand, auch sie betroffen von der Ramsch-Hypotheken-Krise, die Ränder der Gesellschaft am Ausfransen. Ein bisschen Pech zur falschen Zeit - und du bist weg.

Morgen werde ich jetlag-geplagt ums Haus schleichen, und da für meinen Organismus gerade mal später Nachmittag ist, schiebe ich die Nachtruhe noch etwas hinaus.

Mir ging es wunderbar mit und ohne Urlaubs-Alkohol. In der ersten Woche war mir schlicht nicht danach, aber in der zweiten Woche setzte ich meine Versuchsreihe fort - in aller Offenheit: Ich werde heute ein Glas Wein zum Essen nehmen.
Ok - deine Entscheidung. ( :-\ Ohne Zögern? Kein Stirnrunzeln?)

So kam ich bei insgesamt drei Dinners in Genuss von guten Wein. Kein Glas war es wert, ganz ausgetrunken zu werden, da mein Partner sich verdankenswerterweise bereit erklärte, auszutrinken, was ich nicht mehr trinken wollte. Die Bestellung auf dem Rückflug entpuppte sich als Fehlentscheidung und landete - sorry, noch mehr für dich :-h - auf dem wackelnden Nebentisch. Nippen am Nachbarglas ist ebenso befriedigend (sorry, diesen Schluck noch für mich :D ).

Wir kamen so weit, dass mein Mann mich fragt, ob ich auch ein Glas möchte. Absolut unvorstellbar bis dahin, dass diese Frage einhergeht mit einem zuversichtlichen Lächeln: "Deine Entscheidung: Na? Wie lautet sie heute?" Niemand braucht sich Sorgen zu machen um herumstehende Wodkaflaschen und Bierbüchsen im Mega-Kühlschrank, am wenigsten ich selbst. Ich beobachte Gewohnheitstrinker oder -kiffer und bin schlicht und ergreifend froh, so ganz und gar angenehm bei Sinnen und bei mir zu sein. Durst löscht sich einiges besser mit tausend anderen Getränken.

Fühlt sich das gut an, einen weiteren Schluck zu nehmen? - Das Nein kommt stets postwendend und überzeugt, meist schon vor der Frage. Ich will keine Wirkung mehr. Ohne das je beabsichtigt zu haben, ohne das je zuvor erlebt zu haben: Nun ist genug, ich bin zufrieden.

Baclofen* hält bei mir bislang definitiv, was es verspricht.
Und mehr als ich je erreichen wollte.
Mit gebührender Achtsamkeit: to be continued.

Ich entschuldige mich gleich bei allen, die gerade kämpfen und ringen oder am Anfang der Behandlung stehen. Aber auch solche Beiträge sollen Mut machen und ihren Forenplatz einnehmen dürfen. Es lohnt, sich möglichst auf einige Monate Abstinenz hin zu orientieren, Eigenhirn und Bewusstsein zu investieren. Wie auch immer es herauskommen mag und wieviele Anläufe auch noch folgen mögen, ob mit Abstinenzziel oder ohne: absolut lohnend.

lg
Lisa

*aktuell 62.5 mg/d

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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Freitag 8. August 2014, 08:58 
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49
Beiträge: 2608
Wohnort: Schweiz
Liebe Lisa

Mit "Genuss" lese ich Deine Zeilen. Du hast die Gabe, in prägnanten Sätzen Californien zu beschreiben, bringst selbst mich Oldie noch auf krumme Gedanken
lisa64 hat geschrieben:
Von Freiwilligen gepresster frischer Hanfsaft für arthritisgeplagte Senioren am Samstag Morgen.
:D :-

und schreibst in erfrischender Weise über Deine Bac-Therapie, welche, so erscheint es mir, von einem Erfolg ohne zwanghaftem Dasein geprägt ist.
Gratuliere.

Wenn es so weiterläuft und diesen Rahmen nicht sprengt, dann sehe ich eine zukunftsgerichtete Lisa.

LG
moonriver

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„Geh nicht nur glatte Straßen, geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt, und nicht nur Staub!“
(Antoine de Saint-Exupéry)


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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Freitag 8. August 2014, 10:09 
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Registriert: Sonntag 2. Juni 2013, 21:10
Beiträge: 1683
Hi Lisa

Wow, herrliche Beschreibung von Kalifornien... du solltest Reiseführer schreiben :D
lisa64 hat geschrieben:
Ich entschuldige mich gleich bei allen, die gerade kämpfen und ringen oder am Anfang der Behandlung stehen. Aber auch solche Beiträge sollen Mut machen und ihren Forenplatz einnehmen dürfen
Finde ich auch.
lisa64 hat geschrieben:
Mit gebührender Achtsamkeit: to be continued.
Mit gebührender Achtsamkeit, Wachsamkeit und Bravoure hast du die Urlaubsfalle bestanden, allerdings besser als ich. Gratuliere & mach so wiiiter.

LG

Patrick


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 Betreff des Beitrags: Re: In der Spur: Lisa
BeitragVerfasst: Freitag 8. August 2014, 10:15 
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Registriert: Freitag 30. Juli 2010, 13:11
Beiträge: 381
Wohnort: Moers
Liebe Lisa,

sehr schöne, fast poesievolle Beschreibung Deiner Reise. Ja, wir jammern hier in D (und CH) oft und wissen gar nicht, wir gut es uns eigentlich geht.

Deine Entscheidung, kurz in die Dose der Pandora hereinzublinzeln ist ein Teil Deiner Therapie. Unser Hirn muss wirklich (trotz Baclofen) davon überzeugt werden, dass Alkohol nur „Ersatz“ für alles Mögliche war. Wirklich schmecken tut er nicht (Was alle bestätigen, die noch nie Alkohol getrunken haben und dann den ersten Schluck nehmen).

Wünsche Dir, dass Dein Biorhythmus bald wieder nach MEZ tickt.

Liebe Grüße und ein schönes, entspanntes WE

Volker

_________________
„Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.“
George Bernard Shaw


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