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Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Mittwoch 11. Juni 2014, 21:05

Das ALITA-Projekt hat sich 2008 erledigt. Abgesehen von der fehlenden Bereitschaft
der Kostenübernahme, ist das Projekt ethisch-moralisch zweifelhaft.

Das einzige Beispiel (Deutschland) aus dem Vortrag kann man hier nachlesen.
Nach dem Jahr 2006 ist es still um ALITA geworden, Frau Heidenreich hat sich die
Wortmarke eintragen lassen. Hier Ein Nachruf.

Nachtrag: auf kein anderes Medikament ist die Bezeichnung „Pille statt Pulle“ zutreffender.

LG Federico

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Mittwoch 11. Juni 2014, 23:49

@Sebastian
Antabus implementiert sozusagen ein „böses Über-Ich“. Eine wirkliche seelische Gesundung und Reifung kann auf diesem Weg nicht gelingen.

Das fasst im Rückblick so ziemlich zusammen, was ich damit erlebt habe. Und wovon ich mich Tag für Tag wieder befreie. Was mir mit Baclofen endlich möglich ist. Wenn ich so streng und unbarmherzig mit mir sein muss, wie viel an mir ist dann womöglich sonst noch falsch? Was lauert da noch tief unten in mir? Und damit rutsche ich ab in tiefste Zweifel an mir selbst und meiner psychischen Gesundheit, suche und finde Fehlentwicklungen und Charakterfehler, vergrössere meine Ängste und überantworte mich den Fachleuten.

Nicht nur ich, auch mein Partner sagt mir heute mit Überzeugung: Mit Antabus bist du stehen geblieben, ausgebremst. Heute fühle ich mich stark und psychisch gesund, hege keinerlei Zweifel an meinem Charakter - und behaupte impertinent:

:- Das wäre ich eigentlich die ganze Zeit über gewesen, wäre mein Neurotransmitterhaushalt im Gleichgewicht gewesen.

Mir persönlich zeigt sich an diesem zweifelhaften Revival die Hilflosigkeit der behandelnden Ärzte und Therapeuten - die dann auf den Patienten projiziert wird. Im schlechtesten, leider aber häufigen Fall interpretiert der Patient: Du weisst ja gar nicht, WIE krank du bist.

Eigentlich ist Antabus gar nicht soviele Worte wert. Und die Visite-Sendung gar keine.

lg
Lisa

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Donnerstag 12. Juni 2014, 00:03

lisa64 hat geschrieben:Wenn ich so streng und unbarmherzig mit mir sein muss, wie viel an mir ist dann womöglich sonst noch falsch? Was lauert da noch tief unten in mir? Und damit rutsche ich ab in tiefste Zweifel an mir selbst und meiner psychischen Gesundheit, suche und finde Fehlentwicklungen und Charakterfehler, vergrössere meine Ängste und überantworte mich den Fachleuten.


Wenn Nietzsche damit recht hat, dass Beschämung tötet,
dann ist jeder ehrliche Versuch, das eigene Leben zu beschreiben,
ein Akt der Selbstzerstörung.


– Albert Camus –

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Donnerstag 12. Juni 2014, 10:07

Vor Scham sterben / in den Boden versinken / sich in Grund und Boden schämen

Das findet sich in allen möglichen Sprachen: Redewendungen, die Scham verbinden mit "nicht wert zu sein, zu leben".

Eines möchte ich dennoch anfügen: Dass Antabus mir trotz allem ermöglichte, über längere Phasen eine Abstinenz aufrecht zu erhalten und damit das Erleben, dass ein Leben ohne den Stoff kein Jammertal sein muss: Ein Ansatz von Perspektivenwechsel. Aber langfristig: um welchen Preis...

lg
Lisa

PS: Sehe ich das richtig, dass Antabus nun off-label verschrieben werden muss, seit die Zulassung abgelaufen ist? ;)

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Donnerstag 12. Juni 2014, 11:32

Mich stört ein bisschen die Wirkungs-Beschreibung. Trinkt ein Patient gegen Antabus
an, wird die einsetzende Vergiftung durch Alkohol, abschwächend als Nebenwirkung beschrieben.
Fakt ist jedoch, das Vergiftungssymptom ist die gewollte Arzneimittel-Wirkung.


Bevor das Interview aus der Mediathek verschwindet, habe ich die wesentlichen Aussagen
in schriftliche Form umgewandelt. Mir ist dabei aufgefallen, dass die Aussage zu Baclofen
gar nicht hoch genug bewertet werden kann.

Dr. Klaus Behrendt, Psychiater an der Asklepios Klinik Nord, Hamburg im Interview
mit Vera Cordes, Moderatorin der Sendung Visite/NDR – 10.06.2014, 20:15 Uhr


Dr. Behrendt: Die Antabus-Behandlung zeigt überdurchschnittliche Erfolge und
verweist auf eine Studie, derzufolge eine 50% Chance auf Trockenheit besteht.
Bei intensivster psychosozialer Betreuung und im Bereich von 20 Monaten wurden sogar
70% Behandlungserfolge (Trockenheit) festgestellt.


Auf die Frage welche anderen Medikamente es gibt, antwortet Dr. Behrendt:
Das eine ist das bekannte Acamprosat und die beiden anderen blockieren die Opiatrezeptoren.
Gemeint sind Naltrexon und Nalmefene, die aber nicht so Erfolg versprechend sind.

Dann kommt die Frage nach Baclofen und Nalmefen, das auf dem Markt erwartet wird.
Dr. Behrendt: Dieses Nalmefene ist der 2. Opiat-Agonist, wie vorhin erwähnt.
Er unterscheidet sich nicht sonderlich in der Wirkung von Naltrexon. Das Baclofen ist ein
in der Neurologie und Behandlung von sogen. Spastiken seit 40, 50 Jahren bekanntes
Medikament – eigentlich kenne ich Baclofen schon immer.

Es wurde in hoher Dosierung von einem Arzt der selbst schwer betroffen war,
angewendet und propagiert. Nach den Informationen, die jetzt nicht durch Studien unterlegt
sind, muss man Baclofen etwa so einschätzen, dass 30 bis 50% der Menschen davon auch
profitieren können – und wer heilt, hat Recht.


LG Federico

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Donnerstag 12. Juni 2014, 12:01

"Und wer heilt hat Recht !!!!!"

LG, Werner

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Samstag 14. Juni 2014, 00:06

So isses !!!
LG, Greta

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Samstag 14. Juni 2014, 21:23

Aber nur dann, wenn der, der behauptet, geheilt zu haben, das auch beweisen kann...
Bei Baclofen mach ich mir da keine Sorgen, dass dieser Beweis nicht gelingen könnte.

LG

Praxx

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Samstag 14. Juni 2014, 22:07

Guckst Du: Baclofen in Frankreich

LG Federico

Re: 10.6.14 Visite bei NDR 3 - Medikamente gegen Alkoholsuch

Samstag 14. Juni 2014, 22:21

Lieber Federico,

das ist eine sehr, sehr gute Nachricht.
ich werde sie an meinen Hausarzt und meinen Neurologen weiterleiten
(beide verschreiben mir Baclofen. Ob sie voll davon überzeugt sind, weiß ich nicht.)

Jetzt muss es doch auch in Deutschland langsam vorangehen.
Vielleicht sollte man Soyka nochmals einen netten Brief schreiben ???

Optimistische Grüße
Werner
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