Samstag 29. März 2014, 20:13
Hallo Lisa,
das Thema Narzissmus ist komplex und ich nur ein Laie, aber das Bild, das ich mir von diesem Thema gemacht habe, ist folgendes:
Die oberste Stufe der Leiter ist die von Dir benannte
narzisstische Persönlichkeitsstörung.
Die möchte wohl kaum jemand aus freien Stücken erklimmen und wer das Pech hat sie erklimmen zu "müssen" ist wohl meist ein zutiefst zerissener, unglücklicher Mensch.
Ich habe so einen in meinem Verwandtenkreis, als ich jünger war, hatte ich ihn sogar noch bewundert, später, als ich auch beruflich kurz mit ihm zu tun hatte, hat sich das Bild ganz schnell rapide gewandelt - ich weiß, dass der Mensch zutiefst mit seinem gesamten Schicksal hadert und nie wirklich zufrieden sein kann. Trauriges Schicksal - aber höchst anstrengend und zum Teil zerstörerisch für alle, die mit ihm zu tun haben und sich ihm nicht entziehen können.
Was die neun Punkte anbelangt: Ich finde mich
sehr gemäßigt in einigen Punkten wieder und da kommen wir dann auch zu dem ....
Narzissmus als Persönlichkeits- oder Charaktereigenschaft (nicht! pathologisch).
Da könnte man u.a. viele Künstler, Schauspieler, Sänger, erfolgreiche Geschäftsleute einstufen, und wir wissen doch alle, das können ganz wundervolle Menschen sein.
Ich glaube, wenn man die 9 Punkte ein wenig entschärft und den ein oder anderen vielleicht auch ganz auslässt, kommt man dieser "Spezies" schon recht nahe. Geht ein wenig in diese Richtung...
http://de.wikipedia.org/wiki/NarzissmusIm alltäglichen Sprachgebrauch wird Narzissmus mit Egoismus, Arroganz sowie einer ausgeprägten Selbstsüchtigkeit in Verbindung gebracht.
Aber eben auch mit Durchsetzungsfähigkeit, Kreativität, Offenheit, Begabung, einem natürlichen Drang zur Selbstdarstellung
"In der weiteren Entwicklung des Begriffes kam es jedoch zu einer weiteren Differenzierung der Bedeutung. Narzissmus wurde etwa von Heinz Kohut als wichtiges Element der Persönlichkeit angesehen, nicht nur als Phase, die jeder Mensch durchläuft, sondern auch als wichtige Funktion im Erwachsenenalter, um das Selbst als psychische Struktur zu stabilisieren. Alice Miller sieht den Begriff als positive Eigenschaft, wie sie unter anderem in Das Drama des begabten Kindes erläutert. Narzisstisch zu sein ist für sie etwas Normales, Gesundes und bezeichnet jemanden, der seine Interessen verfolgen kann. Eine narzisstische Störung entsteht laut Miller, wenn ein Kind seine eigenen Gefühle und Interessen nicht artikulieren durfte und später dafür ein „Ventil“ braucht. Das äußert sich meistens in Depression und/oder Gefühlen der Großartigkeit, die aber nur zwei Seiten derselben Medaille darstellen.
Die wissenschaftliche Verwendbarkeit des Begriffs wird aufgrund seiner Vagheit gelegentlich in Frage gestellt.[4]"
Und dann gibt es wohl noch einzelne
narzistische Persönlichkeitsanteile, die man in sich tragen kann, die durch die
ständige Beschäftigung mit sich selbst vielleicht erst so richtig zum Leben erwachen können. Das muss ja auch nicht unbedingt schlecht sein!
Aber das war das, was ich meinte, als ich schrieb, die ständige Beschäftigung mit sich selbst könnte einen zum
"Narzissten" machen.
Egozentrisch wäre vielleicht passender gewesen. Aber was
meine narzisstischen Persönlichkeitsanteile anbelangt, die ich zweifellos auch habe (unterschiedlich in der Ausprägung, je nach Situation, Kontext und der Sucht-Phase in der ich mich gerade befinde)....
Ich setze z.B. sehr viel Hoffnung in sie, sind es zum Teil doch eben diese, die mich vor grösseren Aufgaben nicht zurückschrecken lassen, sie waren es auch, die mir in meinen schlimmsten Zeiten
"Du bist gut, nicht aufgeben" eingeflüstert haben, sie unterstützen mich in meinem Ehrgeiz, alles nochmal von vorne anzugehen und geben mir die Chance es nochmal zu packen, also alles gar nicht so schlecht, wie oben ja auch schon in dem Zitat beschrieben.
Was aber wohl ein Problem sein kann, ist, wenn wie bei mir
von mir vermutet, meine
narzistischen Persönlichkeitsanteile auf den
Sozialphobie-Schisser in mir treffen.
Wie soll ich das erklären? Also, wenn auf einer Party ein Narzist auf einen Schüchternen oder einen Sozialphobiker trifft, wer hat dann wohl den lustigeren Abend? Richtig, höchstwahrscheinlich der "Narzisst" (Narzisst jetzt in der
nicht krankhaften Form gemeint).
Wenn in meinem Kopf diese beiden Persönlichkeitsanteile aufeinandertreffen, dann gewinnt ziemlich oft der Angsthase in mir, das schüchterne Kind, der, der sich doch nicht traut, alles ewig abwägt und lieber zu Hause bleibt. Es sei denn der "Narzisst" in mir war so clever die anderen Anteile in mir mit reichlich Alkohol oder anderen Substanzen ausser gefecht zu setzen. Dann konnte die Party beginnen! Entweder ausserhaus (früher) oder Zuhause, entweder mit anderen (früher) oder mehr und mehr alleine. Ich glaube, bezogen auf meine Sucht hat diese Diskrepanz zwischen meinen Persönlichkeitsanteilen (denn ich wollte ja schon ganz gerne ein "cooler Typ" sein, war es in Ansätzen auch immer wieder mal) den wohl größten Anteil, neben einigen anderen Gründen.
Und im Grunde sind wir da auch schon wieder bei dem Thema Ameisens: Angst! Denn was anderes ist Schüchternheit, Scham oder soziale Phobie als Angst, in einer ihrer speziellen Formen?
Das ist das, was ich mir aufgrund meiner Überlegungen zum Thema über die Jahre zurechtgebastelt habe, so erscheint es mir
derzeit. Bin jederzeit für Anregungen offen.
Was meine "Sozialphobie" anbelangt: ich war seit etlichen Jahren auf keinen Geburtstag mehr, gerade so kleine Dinge gingen nicht, größere Sachen, Job, Sport, normale Erledigungen -alles kein großes Problem. Aber da wo andere ganz einfach "locker" sein konnten, da konnte ich das nicht. Auch Redeangst vor Gruppen war ein Riesenthema, nee, nicht nur einfach etwas Aufregung, regelrecht Angst, Blackouts. Hat sich in den letzten Jahren aufgrund von Lernerfahrungen und positiven Rückmeldungen alles deutlich gelegt und gebessert, aber ganz durch bin ich damit
noch nicht.
Gäbe noch viel zu dem Thema zu sagen, aber jetzt habe ich schon wieder soviel von mir gesprochen, nicht dass ich noch narzisstisch werde.
Ich halte mich einfach jetzt mal an die Worte eines Mitpatienten aus dem UKE, den ich nur
"den Philosophen" nannte, der zum Thema Narzissmus sagte:
"Ach, die sollen mich doch mit dieser ganzen Narzissmus - Scheisse in Ruhe lassen. Ich kanns nicht mehr hören!"Ich würde das Thema auch am liebsten abschließen, aber muss es vorher nochmal für mich abklären.
LG Nordlicht