Dienstag 1. Oktober 2013, 10:46
Lieber Bennter,
mein Eindruck ist -ohne Dir in irgendeiner Weise zu Nahe treten zu wollen, dass Du Dich auf die "Ursache" Narzissmus regelrecht eingeschossen hast. Nun bin ich weder Therapeut noch weiß ich darüber genug, dass ich mich nur annähernd fundiert äußern könnte. Es ist halt nur dieser Eindruck.
Jetzt hab ich nun ein wenig Wikipedia studiert (ich kenne die Meinungen über Wikipedia) und dies dazu gefunden:
In der weiteren Entwicklung des Begriffes kam es jedoch zu einer weiteren Differenzierung der Bedeutung. Narzissmus wurde etwa von Heinz Kohut als wichtiges Element der Persönlichkeit angesehen, nicht nur als Phase, die jeder Mensch durchläuft, sondern auch als wichtige Funktion im Erwachsenenalter, um das Selbst als psychische Struktur zu stabilisieren. Alice Miller sieht den Begriff als positive Eigenschaft, wie sie unter anderem in Das Drama des begabten Kindes erläutert. Narzisstisch zu sein ist für sie etwas Normales, Gesundes und bezeichnet jemanden, der seine Interessen verfolgen kann. Eine narzisstische Störung entsteht laut Miller, wenn ein Kind seine eigenen Gefühle und Interessen nicht artikulieren durfte und später dafür ein „Ventil“ braucht. Das äußert sich meistens in Depression und/oder Gefühlen der Großartigkeit, die aber nur zwei Seiten derselben Medaille darstellen.
Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/NarzissmusMit dem fettmarkiertem Teil bin ich wieder bei der bei Dir vorhandenen Elternproblematik.
Ja, die Sache mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung meinerseits.
Als Kopfmensch durch O.Kernberg etc. geackert, verschiedenste Therapeuten "verschlissen" ( redet doch was ihr wollt-ich mach eh das, was ich für richtig halte). Der übliche Weg eines Narzissten halt.( gesunder Narzissmus ist anders!).
Ich halte mich nun nicht für eine Narzisstin, aber dieses Prinzip "redet doch, ich mache eh, was ich will, bei mir ist sowieso alles ganz anders...." ist bei mir genauso vorhanden. Schließlich kenne ich mich doch am besten!
Allerdings bin ich bereit, mir etwas anzuhören und es auch anzunehmen, wenn es für mich logisch ist (Kopfmensch).
Hier darfst Du aber nicht vergessen, dass die Sucht auch eine Rolle spielt. Und da gilt das Motto: Es war doch nicht alles schlecht... Ich komme irgendwie in einen inneren Rechtfertigungszwang.
Anderes Beispiel, mein Hund. Ich wollte einen kleinen Mischling, höchstens 40cm; bekommen habe ich Dr. Dorftrottel, 58cm hoch, Mischung aus Kangal und Schäferhund. Mit diesem Kerl bin ich hoffnungslos überfordert, was ich auch weiß. Also suche ich eine Hundeschule, die zu uns paßt. Ich will ja lernen und es besser machen.
Der Hundetrainer läßt natürlich kein gutes Haar an mir und erzählt mir, was ich alles falsch mache. Ich bin also -automatisch- in einer Rechtfertigungsposition, die mit einer Abwehrposition wechselt bis hin zum Trotz und einem: "aber ich liebe den Hund doch!". Fast vergaß ich, warum ich in der Hundeschule bin und natürlich kann ich nicht akzeptieren, dass ich fast alles falsch gemacht habe. Ich hab es ja gut gemeint und aus meiner Sicht gut gesorgt.
Dank Baclofen kann ich dies am nächsten Tag gut analysieren. Und es kommt hinzu, dass ich hartnäckig etwas weiter verfolge, wenn ich mich dazu innerlich entschieden habe.
Sicher hinkt das Beispiel, aber machen das nicht alle? Wenn also der Therapeut sagt, dass Alkohol Mist ist, dann kommt automatisch bei mir, dass ich die letzten Jahre wohl auch gelebt habe und nicht alles schlecht war. Ich weiß nicht, ob klar wird, was ich sagen will? Man/ich wechsel die Position - in den Rechtfertigungsmodus, Trotzmodus, LMAA-Modus...
Und tatsächlich ist es ja auch so: Mit Alkohol hab ich auch gelebt, Kinder, Haushalt, Job gemanagt...die negativen Seiten, also der Ekel, die Enttäuschung, der Scham...die werden dabei verdrängt. Und wenn dann der Therapeut noch nie ein Alkoholproblem hatte, dann ist er sowieso unten durch....wie soll der denn mitreden.
Langsam stellt sich da auch der Schalter bei mir um, Betonung liegt auf langsam. Dass er nicht an die "guten Seiten" ran will, sondern nur an die "schlechten Seiten"...stark vereinfacht.
Hier daheim beim Reflektieren entscheide ich dann, was ich für mich rausziehen kann und frage dann nach.
Und auch das gelingt bei echten Narzissten selten.Manipulativ, keine Empathie ( nicht für sich selbst-nicht für andere).Aufgesetzte Gefühle natürlich jede Menge! Quasi:ein leerer Mensch.
Naja, mein lieber Bennter, hiernach bist Du aber gar kein "echter Narziss", denn ich kann Dich in den Narzisstentypen nicht einordnen. Meinst Du, ein echter Narziss würde dies erkennen? Diese Erkenntnis bedeutet doch schon, am eigenen Sockel zu kratzen.
Und Manipulation bedeut ein Höchstmaß an Empathie! Dafür muss ich mich in den anderen Reinfühlen, wissen, wie er tickt.
... Mir steht es nicht zu, Dich zu belehren, dafür weiß ich zu wenig, ich will es auch gar nicht. Ich kann mich nur Rog anschließen: Laß doch mal den Narzissmus außen vor. Und dann schau einfach nach dem inneren Kind.
Ich bin 40 und mit dem Eltern-Kind-Dingens beschäftigt, die 10 Jahre machen das Kraut nun nicht fett. Vom Kopf her eine Thematik, die ich streng ablehne. Jeder ist seines Glückes Schmied (ich bleibe bei den volkstümlichen Vergleichen), ich hab mich daraus gelöst, den Kontakt abgebrochen...dieses ganze Gedöns von schlechter Kindheit soll der Knasti für eine mildere Strafe benutzen, aber ich doch nicht.
Dies mag auch alles richtig sein. Nur: Von meinen Verhaltensmustern habe ich mich durch den Bruch nicht befreit! Ich komme in einen Raum und weiß, wie die Leute ticken. Zu tief ist verankert, dass ich nach Hause kam und erst mal feststellen musste, ob die Eltern gute oder schlechte Laune haben. Auf diese Situation stelle ich mich dann sofort ein; manchmal ganz hilfreich, aber wo bleibe ich dann? Was ist eigentlich mein "Ich".
Weitere Beispiele kann ich genügend bringen. Von einer Lösung bin ich noch weit entfernt, aber vor jedem Schild mit der Aufschrift Ziel stand immer eines mit der Aufschrift Start.
(
und so manches Mal frage ich mich, ob ich das alles auch über mich wissen will, weil es mich vielleicht kleiner macht, als ich es mir in meiner Vorstellung von mir denke....)Liebe Grüße
Kuni