Bild ... und worüber wir uns sonst noch aufregen
Antwort erstellen

Sucht genetisch bedingt?

Freitag 31. August 2012, 10:36

Ich weiss nicht wohin damit, wenn hier falsch, bitte verschieben.

Auch wenn ich diesem Script wenig vertrauenserweckendes entnehmen kann:
http://www.eurekalert.org/pub_releases_ ... 082912.php

Gibts eigentlich so genau typisierte Studien zu Alkoholsucht, wo man alles auf ein paar Gene runterbrechen kann?

Rico
Zuletzt geändert von Federico am Freitag 31. August 2012, 12:23, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Tippfehler

Re: Sucht genetisch bedingt?

Freitag 31. August 2012, 13:09

@Rico,

gibt es seit über 20 Jahren. Alle enden in der Diskussion mit dem Satz: Es seien noch Studien mit mehr Probanden erforderlich ...

Bei Alkohol ist der letzte Stand der Dinge, man hat dieses Genom für Sucht nicht gefunden aber die Biomarker zeigen eindeutig, dass nach einem Jahr Abstinenz die Biomarker von ehemals trinkenden und immer schon abstinenten Probanden nicht mehr zu unterscheiden sind. Soll heißen, es gibt genetische Veränderungen die jedoch durch Abstinenz schon nach kurzer Zeit reversibel sind. Stichwort Epigenetik.

Nicht vergessen sollte man das monetäre Interesse an solchen Forschungsaufgaben. EU-Töpfe, nationale Fördermillionen und großzüge Unterstützung durch die Pharmakonzerne sind natürlich ein Anreiz.

LG Federico

Re: Sucht genetisch bedingt?

Freitag 31. August 2012, 18:57

Lieber rico,

es gibt eine unendliche Anzahl von genetischen Veränderungen, "Allelvarianten" und vieles mehr (viel Spass beim googeln), die Suchtentstehung begünstigen sollen; selbst eine gewisse Prädisposition ist aber allein kein Grund und vor allem keine hinreichende Erklärung für die Suchtentstehung.
Es gibt also keine genetische "Schuld" in diesem Sinne; andere - alkoholbedingte - Veränderungen sind tatsächlich reversibel (Stichwort: Methylierung); wir bleiben also in der Selbstverantwortung, ist doch eigentlich beruhigend.

LG jivaro

Re: Sucht genetisch bedingt?

Freitag 31. August 2012, 19:59

Wie sieht es denn eigentlich mit Nachweisen aus, dass ja angeblich nachweisbar, Akoholiker-Eltern Akloholiker-Kinder hervorbringen?

Da gibts ja auch zu beruecksichtigen, dass eine evtl. Verwahrlosung eher die Ursache war.

Raetsel ueber Raetsel....

Meine Eltern haben in ihrem Leben weinger Alkohol getrunken, als ich manchmal pro Woche.

Rico

Re: Sucht genetisch bedingt?

Freitag 31. August 2012, 21:04

@Rico,

vor ungefähr 20 Jahren habe ich mich intensiv mit Thomas Szasz einem New Yorker Psychiater beschäftigt. In einem Buch mit dem Titel „Das Ritual der Drogen“ findet man als kulturhistorische Betrachtung alle Drogen seit Anbeginn der Menschheit beschrieben. Nehme ich nur Alkohol als Droge mit ca. 4000-jähriger Geschichte und vermute genetische Ursachen, die sich demnach auch vererben müssten, wären wir aufgrund dieser Annahme was? Na klar, ausgestorben oder zumindest müssten wir deutlich mehr als 10% alkoholabhängige Menschen unter uns ermitteln können.

Prof. Dr. med. Dr. phil. Heinz Schott Medizinhistorisches Institut Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn beschreibt in dieser Arbeit die neuere Geschichte des Alkoholmissbrauchs (ab dem 16. Jahrhundert) und die 3 herausragenden Alkohol-Epidemien der Neuzeit (ja das gab es tatsächlich). Epidemien wie Pest, Cholera udgl. wurden eingedämmt durch die Entdeckung der Hygiene und später durch Impfstoffe. Im Falle Alkoholismus hat man in Amerika zumindest die Prohibition für kurze Zeit entdeckt. Ist irgendwie aber auch schiefgegangen, bzw. es wurde mehr gesoffen als jemals zuvor.

In Deutschland wurde zur Jahrhundertwende der Alkoholiker als quasi Geisteskranker identifiziert: Die Alkoholiker wurden im Kontext von (Sozial-) Darwinismus und Rassenhygiene gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Minderwertig stigmatisiert. Die erbbiologische Betrachtung beherrschte das Feld, die schließlich im NS- Staat auch zur Zwangssterilisation von Alkoholikern gemäß dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ führte. Der Alkoholismus erschien als Analogon der Geisteskrankheit und wurde deshalb vor allem zum Gegenstand der Psychiatrie, schreibt Heinz Schrott in dieser Veröffentlichung. Thomas Szasz beschreibt es in seinem Hauptwerk „Geisteskrankheit – ein moderner Mythos“ in ähnlicher Weise, Stigmatisierung war schon damals deshalb für mich ein Reizthema.

Vielleicht kann ich es deshalb nicht mehr hören, wie immer noch oder immer wieder nach dieser genetischen Veranlagung für Sucht, respektive Alkoholismus gefahndet wird.

LG Federico
PS was kümmert's mich eigentlich? Ich repariere seit 3 Jahren meine neurobiologischen Prädispositionen sehr erfolgreich mit Baclofen. „It' works“, würde Jivaro sagen.
Antwort erstellen