Mittwoch 10. Dezember 2014, 00:01
Mensch Patrick,
Du hast recht, eine so lange Abstinenzphase muss wirklich schon Jahrzehnte her sein! Lass mich nachdenken... Ja, jetzt bin ich mir ganz sicher: Das war, bevor etwa ein Jahr vor dem Abi diese Skatrunden anfingen. Abi habe ich 1987 gemacht, also '86, oder wohl eher '85. Holla, das sind bald 30 Jahre! Ich blicke also aktuell auf die längste Abstinenzphase seit annähernd 30 Jahren zurück, das ist doch was. Und doch ist es nur eine Fußnote. Denn das Ziel lautet ja nicht, eine Zeitspanne zu übertrumpfen, sondern die jetzige Abstinenz-Zeitspanne einfach nicht mehr enden zu lassen. Und es geht mir gut dabei!
Liebe Freunde,
die eine oder andere alte Phobie geht gleich mit über Bord. Etwa diese ganz tiefe Angst, nicht mehr gemocht, nicht mehr geliebt, sondern abgelehnt und zurückgewiesen zu werden, wenn ich die Erwartungen nicht erfülle. Eine Ur-Angst. Ich weiß nicht, woher sie kommt. Möchte es aber rausfinden. Oder eine andere, banalere Angst, die sich speziell heute wie in Luft auflöste, ist die Angst beim Zahnarzt. Heute saß ich dreieinhalb Stunden auf dem Stuhl, drei Zähne wurden bis aufs Fundament geschliffen und dann überkront, früher hätte ich vorher und währenddessen schiere Panik empfunden. Heute war es mir weitgehend egal, sogar das fiese Schleifgeräusch war ganz gut zu ertragen, und einmal wäre ich fast eingeschlafen.
Frei von Sucht, frei von Angst, so einfach scheint es fast zu sein.
Übrigens, Patrick und alle, dieser Alkoholnachweis noch nach Monaten funktioniert über den Ethylglucuronid-Nachweis. ETG ist ein Nebenprodukt beim Abbau von Alkohol und verbleibt noch Tage im Urin und sogar mehrere Monate in den Haaren, und das Stichhaltige ist, dass ETG ausschließlich beim Alkoholabbau entsteht. Wird die Substanz nachgewiesen, hat man keine Ausrede. Daher spielt es mittlerweile auch eine große Rolle in der MPU-Vorbereitung. Wer sagt, er lebe seit Monaten abstinent und sei somit reif für den Wiedererwerb der Fahrerlaubnis, muss es über eine Haarprobe beweisen.
Und wir in der Gruppe, die ich nun seit einem Monat donnerstags besuche, tun nichts anderes, indem wir uns zu ETG-Stichproben bereiterklären, das schärft die Zielsetzung und lässt keinen Ausrutscher zu, denn ein positiver Befund würde viel Vertrauen zerstören.
Die Gruppe übrigens: Letzten Donnerstag sollten wir uns eine Sache überlegen, die uns emotional sehr aufwühlt oder aufregt. Dann haben sich Zweiergruppen gebildet und jede Zweiergruppe ist in einem eigenen Raum verschwunden. Dort hat der eine angefangen, über das emotional Belastende dem anderen, der geduldig zuhörte, zu erzählen. Aber nur zwei Minuten, dann sollte der Erzähler urplötzlich zwei Minuten sachlich über ein Bild an der Wand oder eine Skulptur auf dem Tisch oder Ähnliches berichten. Dann wieder zwei Minuten über das emotionale Erlebnis. Dann wieder zwei Minuten über das Bild. Dann beides nochmals, so dass man insgesamt 12 Minuten lang im Wechsel über völlig verschiedene Dinge monologisierte. Dann wechselte die Erzähler- und Zuhörerrolle und der andere war dran. Na ja, der Effekt ist, dass man das Gefühlsmoment immer sachlicher beschreiben kann, eben so wie ein Bild oder eine Skulptur. Eine interessante Erfahrung. Bei der abschließenden geführten Entspannungsreise wäre ich wieder fast eingeschlafen.
Heute in der Einzeltherapiestunde (direkt nach dem Zahnarzt) war es mit dem fast Einschlafen wieder so: Ich sollte mir einen Ort der totalen Geborgenheit und des Wohlgefühls vergegenwärtigen und mir ausmahlen, wie es da aussieht und wie es mir dort geht. Ziel der Übung war, diesen Ort von überallher aufrufen und verinnerlichen zu können, um immer und überall innere Geborgenheit zu empfinden. Nun, der von mir gewählte Ort, der sich vor meinem geistigen Auge sofort aufdrängte, war mein Bett.
Ich bin oft müde zur Zeit, eine angenehme Müdigkeit. Zeit, ins Bett zu gehen.
Dieter grüßt herzlich, mit 135