Sonntag 8. Mai 2011, 07:11
Das ZI und seine leitenden Kapazitäten sind erst im September 2010 in diesem Forum euphorisch und übermäßig optimistisch eingeschätzt worden:
Was nichts anderes bedeutet: der hier im Forum postulierte Paradigmenwechsel von der Abstinenz hin zur Freiheit von Craving hat auch bei den beiden Hardlinern der Abstinenzforderung bereits stattgefunden.
Selbst als langfristiges Ziel erscheint die Abstinenzforderung als relativ untergeordnetes Ziel. (Invorio, Vortrag Kiefer/Mann beim Suchtkongress in Tübingen 9/2010, 24 Sep 2010 6:30)
Diese Einschätzung hat mich schon überrascht, als ich hier zu lesen begann. Ich empfand sie von Anfang an als völlig verblendet. Für "die beiden Hardliner" hat der Paradigmenwechsl nicht stattgefunden. Die Abstinenzforderung ist für sie zu keiner Zeit untergeordnetes Ziel gewesen. Tatsächlich wird man mit solch blauäugiger Begeisterung dem ZI ebenso wenig gerecht wie mit der Ablehnung der Therapieeinrichtung "an sich":
Die Therapieeinrichtung "an sich", fand ich für mich wenig passend; ich hätte es ganz schlicht: dort nicht ausgehalten.
Da es die Therapieeinrichtung "an sich" eigentlich gar nicht gibt, sollte jemand, der das ZI über subjektive Eindrücke hinaus differenzierter einschätzen will, wohl drei Faktoren auseinanderhalten:
1. den Standpunkt seiner Eminenzen gegenüber Baclofen
2. das ZI-Angebot im Rahmen einer neuen Baclofen-basierten qualifizierten Psychotherapie
3. das ZI-Angebot im Rahmen einer qualifizierten, multimodalen Suchttherapie im nationalen und internationalen Kontext und im Rahmen evidenzbasierter Medizin
zu 1:
Meine Frage bezüglich einer mir bekannten wissenschaftlichen "Beschäftigung" mit Baclofen wurde vom Oberarzt sehr strikt verneint, so etwas sei "nicht bekannt", es gäbe ja viele solcher "Wundermittel, die genau so schnell vom Markt verschwinden, wie sie favorisiert werden".
Die Einschätzung Baclofens durch den Oberarzt ist unverändert kritisch:
obskures Wundermittel, ähnlich wie die Fettpille "Für immer schlank in drei Wochen", mag in Einzelfällen geholfen haben, aber die Nutzer wollen ja "nur" Kontrolliertes Trinken, und Ameisen trinkt ja auch schon wieder. Gegenüber Naltrexon hat Baclofen keine messbaren Vorteile zu bieten. Vermutlich teilt Prof. Karl Mann (ZI-Boss mit Reputation als führender Alk-Forscher und Buchautor, Lehrhaupt des einflussreichen Baden-Württembergischen Forschungsverbundes)
http://www.zi-mannheim.de/suchtfors_verb.html diese Einschätzung.
Zu 2:
Dementsprechend ist das Angebot für eine baclofenbasierte Psychotherapie sicherlich kein guter Kandidat bzw. überhaupt keiner. Offen ist, welche pekuniären Motive dahinterstehen, doch stimmt es wohl:
, "unsere" Baclofenerhebung (ist) ... wenig lukrativ.
Zu 3:
Das ZI ruht auf seinem Ansehen als Klinik und Forschungsinstitut, gesundheits- und forschungspolitisch ist es optimal aufgestellt.
Wenn ich mir die Liste der derzeit aktuellen Projekte anschaue (offizielle Home-page des ZI), kann ich mir vorstellen, dass "unsere" Baclofenerhebung wirklich nur von äusserst untergeordneter Bedeutung ist....
Das ist richtig. Die Lager driften auseinander:
Das Angebot des ZI bei Suchterkrankungen gehört zur Maximalversorgung. Sich profilierende Alternativangebote ("Augsburger Schule", Prof. Joachim Körkel, Ibogain-Bewegung, ...) sind für das ZI gewiss nicht zielführend und werden bestenfalls wahrgenommen, wohl kaum gefördert, woran auch eine hier sehr beliebte einzelne Präsentation (s.o.) nichts ändert.
Das ist auch das Problem der gemeinsamen Studie. Zwar hat sie Potential im Hinblick auf die PR-Strategie der Betreiber dieses Forums, doch ist das Ergebnis inhaltlich eher kontraproduktiv und muss nun mühsam und zeitraubend umgestrickt und umgedeutet werden. Mich wundert das nicht.
LG
warzo
PS
Was die gute alte Psychotherapie im Rahmen der Entwöhnungsindustrie angeht, ist das ZI aus meiner Sicht der Mercedes Benz unter den Therapieeinrichtungen. Den Ungeist der Großpsychiatrien hat es noch nie geatmet.