jivaro hat geschrieben:
Ich kann alle Ärzte verstehen, die die off-label-Verschreibung von Baclofen ablehnen.
Ich nicht. Eine 8-fach erhöhte Suizidrate ist evidentes Merkmal der Alkoholstörung und völlig unabhängig von Methodik und Therapie einer Entwöhnung. Im Gegenteil: ein Arzt der seinem hoffnungsvollen Patienten Baclofen verweigert, kann u. U. der letzte Auslöser für eine Verzweiflungstat sein.
„Wie wird sich dieser Mensch in Zukunft verhalten?“ ist lt. David Eagleman (
Inkognito) zentrale Frage neurobiologischer Forschung. Derzeit ist es nicht möglich, eine annähernd zuverlässige Prognose zu erstellen. Fluch oder Segen? Wir können (noch) nicht in das Gehirn unseres Gegenüber hineinsehen. „Que saisje?“ (Michel de Montaigne 1532 – 1592), „was weiß ich“ ist deshalb eine gute Frage.
Ich erinnere mich an ein Mitglied unseres Forums, das 2010 in einem persönlichen Gespräch über drei Suizide während einer 12-wöchigen Entwöhnungstherapie in der Tönissteinklinik berichtete. Ein Mitpatient mit dem sie kurz zuvor noch gesprochen hatte, raste plötzlich an ihr vorbei durch ihr Zimmer und sprang vor ihren Augen aus dem Fenster. Kein Arzt, kein Psychologe wollte mit der Patientin anschließend über dieses traumatische Erlebnis sprechen. Viktor Frankl würde sich angesichts dieses unachtsamen Verhaltens von Ärzten im Grab umdrehen.
Hippokrates hat geschrieben:
Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden.
Das nicht Anwenden eines Medikaments, dass sich über viele Jahre und tausendfach als ausserordentlich hilfreich erwiesen hat, verstößt m. E. gegen den Eid des Hippokrates. Der langjährige Präsident und heutige Ehrenpräsident des nationalen Ethikcomités Frankreichs (Pr Didier Sicard), würde sich wohl kaum für eine Petition pro Baclofen als Schirmherr zur Verfügung stellen, wenn er nicht dieser Ansicht wäre.
LG Federico
Stark bleiben!