Insoo Kim Berg, Scott D. Miller: Kurzzeittherapie bei Alkoholproblemen - ein lösungsorientierter Ansatz.
Heidelberg: Carl-Auer Verlag GmbH, 7. Auflage 2009.
ISBN 3-8967-0581-4, 24,95 €
Insoo Kim Berg und Scott D. Miller lernten sich bei einer internationalen Konferenz kennen, auf dem Miller sein Konzept einer Kurzzeittherapie bei sogenannten Problemtrinkern in ambulanter sowie stationärer Therapie vorstellte. Beide Psychotherapeuten verband die Anwendung von lösungsorientierten Ansätzen in der Behandlung von Suchterkrankten.
Insoo Kim Berg hatte es bei ihrer Arbeit mit Vietnam-Veteranen vornehmlich mit Menschen zu tun, die ihre traumatisierenden Erfahrungen, aufgrund fehlender konstruktiver Möglichkeiten, auf dysfunktionale Weise mit Alkohol- und Drogenmissbrauch zu kompensieren versuchten. Dennoch erstaunte Insoo Kim Berg, die Ehefrau von Steve de Shazer, die oftmals erlebte Geistesstärke der ehemaligen Soldaten unter Berücksichtigung der gemachten Erfahrungen. Scott D. Miller hingegen engagierte sich in Projekten für Obdachlose sowie arme Familien.
In dem vorliegenden Buch, das als Produkt einer konstruktiven Zusammenarbeit entstand und das als therapeutische Weiterentwicklung der Arbeit mit abhängigkeitserkrankten Menschen verstanden werden kann, werden lösungsorientierte Ansätze bezogen auf die therapeutische Arbeit mit Suchterkrankten vorgestellt und anschaulich beschrieben. Kurzzeittherapeutische Interventionen werden als effektive und konstruktive Alternative zu traditionellen Behandlungskonzepten der Suchttherapie angeboten.
Transkribierte Fallbeispiele, die von Erläuterungen der Autoren unterbrochen sind, bieten einen interessanten und lehrreichen Einblick in das therapeutische Prozessgeschehen. „Die sieben Eigenschaften wohlgestalteter Ziele“ (S. 53f.) sind ebenso verständlich und nachvollziehbar dargestellt und mit Beispielen aus therapeutischen Gesprächen belegt wie die „fünf nützlichen Fragen“ (S. 84f.) im Sinne des lösungsorientierten Vorgehens.
Die beschriebenen Methoden dienen dem Ziel, das mangelnde Selbstbewusstsein der Klienten zu stärken, was entsprechend den Erfahrungen der Autoren häufig als grundlegende Ursache der Suchterkrankung verstanden werden muss.
Das praxisorientierte Buch lädt zum Umdenken ein und beschreibt die Entwicklungsfähigkeit des lösungsorientierten Therapieansatzes. Diejenigen, die einen langen stationären Aufenthalt bei Alkoholproblemen für unabdingbar halten, werden durch die Lektüre dieses Buches sicherlich herausgefordert und zum Nachdenken eingeladen.
Das klingt alles so einleuchtend und das ist es m.E. auch. Der lösungsorientierte Ansatz geht von der Annahme aus, dass jeder Mensch genügend eigene Ressourcen besitzt um Probleme lösen zu können. Das Buch beschreibt Methoden, wie diese schlummernden Ressourcen aktiviert werden können (Hilfe zur Selbsthilfe). Leider geht wie so oft unter, dass es sich in den Fallbeschreibungen um langfristige Prozesse handelt, nichts geht von jetzt auf gleich, alles dauert seine Zeit. Besonders interessant ist die Beschreibung wohlgestalteter Ziele, im Grunde nichts anderes als Ziele, die realistisch erreichbar erscheinen. Abstinenz ist definitiv nie ein realistisches Ziel gewesen – vielleicht gerade deshalb mit dieser Methode ungewöhnlich oft erreicht worden.
Federico
_________________ „Es gibt keine Alternative zum Optimismus, Pessimismus ist Lebensfeigheit.“ Richard David Precht
|