Baclofen Forum vs Alkoholismus

Hallo!

Bin neu hier, dies ist mein erster Eintrag. Ich (Alter <60) nehme seit 3 Wochen Baclofen zurzeit
04:00 12,5
11:00 12,5
16:00 25
vor dem Schlafengehen (ca. 23:00 Uhr) 12,5
also insgesamt 62,5.

Ergebnisse: kein Craving, kaum Gedanken an Alk
Nebenwirkungen tolerabel: mitunter Tagesmüdigkeit (wird gerade besser), verschlechterte sexuelle Potenz: schwächere Erektion & vor allem, die sexuellen Reize sind zwar nach wie vor da, wirken aber etwas vom BAC überlagert; kurz vor Höhepunkt fällt mitunter alles an Erregung in sich zusammen - und dann ist Schluss.- Aber das geht vielleicht noch weg? Nehme es ja erst 3 Wochen.

MEINE HAUPT-FRAGE: Ich hatte es mir eigentlich so vorgestelt: ab und zu mal am Wochenende etwas trinken können, gerne auch mal NICHT moderat, aber wirklich nur selten (= alle 2 Monate oder im Weihnachtsurlaub ...) Geht sowas mit Baclofen indem man es ein oder zwei Tage vorher weglässt bzw. stark reduziert?

Konkretes Beispiel, wie ich es mir vorstelle: Ich möchte am Freitag 16:00 zum Stammtisch, am Samstagabend nochmal zu Hause ein paar Pils und 3-4 Obstler, also 2 Tage saufen wie früher, ab Sonntag wieder BAC nach Schema siehe oben - und dann wieder kein Alk und Schluss mit Craving. Das wäre kein moderates Trinken, eher ein medikamentös beherrschtes, insofern kontrolliertes Trinken.

Hat sowas jemand schon probiert und kann mir Erfahrungen mitteilen? Oder herrscht auch unter BAC das übliche Nie-wieder-Postulat? Würde ein Vorgehen, wie ich es mir vorstelle, die zurzeit tolle BAC-Wirkung vermindern?

Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.

@warzo,

deine Wunschvorstellung klingt für mich wie: ich wäre gerne 2 Monate gesund, aber dann 2 Tage mal wieder krank. Sorry, so funktioniert Genesung prinzipiell nicht.

LG Federico

Danke Federico, über Deine Antwort habe ich mich sehr gefreut. Ich will Dich nicht ärgern, aber ich kann es mir realistisch einfach nicht vorstellen, z.B. auf Pub-Besuche in England oder Kneuipe in Havanna tutti completti und bis zum Ende meiner Tage zu verzichten. Das hat ja auch was - fast schon Kulturelles - und Soziales (social drinking). Da wäre doch so ein switch (wie ein Antibiotikum gegen eine gelegentliche bakterielle Krankheit) eine feine Sache. Natürlich nur, wenn man es nicht übertreibt bzw. ständig herausfordert. Aber ist nicht so das Leben? Mal was Gutes und gelegentlich auch eine Sünde? LG Warzo

PS Es liegt mir wirklich fern, die Alkoholkrankheit (und erst recht nicht die Kommunikation hier) zu bagatellisieren bzw. geringzuschätzen, dafür habe ich schon genug mitgemacht, auch wenn sich außer der berühmten nutritiv-toxischen Fettleber noch keine irreversiblen gesundheitlichen Folgen eingestellt haben. Aber gerade wenn die Krankheit Alkoholismus lebenslang bleibt, müsste man dann nicht mit ihr umgehen können wie mit einem Bandscheibenproblem, das lange Ruhe gibt, sich irgendwann plötzlich meldet, und dann nimmt man halt mal ein Voltaren oder so ...? Und dann ist es ganz lange wieder weg.

Und noch was, jetzt mal ohne Alk-Träume: Ich habe schon längere Karenz-Zeiten ohne Craving und ohne BAC sehr gut bis gut gelebt, einmal 2 Jahre, zuletzt immerhin 4 Monate. Aber irgendwann kommt das Craving, meist erst wenn die ganzen Vorteile des Alk-freien Lebens in den Hintergrund treten. Und dann wird's gefährlich. Wäre es dann nicht ein Muss, BAC einzuschleichen, einige Zeit (4 Wochen oder länger) zu nutzen und es dann wieder auszuschleichen? Lebenslang Baclofen ich weiß nicht ...

Wozu so weitläufige Perspektiven betrachten? Ich zumindest lese mir das von Willo aufgeführte Zitat täglich durch und dies ist in etwa ein Zustand, den zu erreichen ich sehr spannend finde.

Deine Denkweise kann ich aber vollkommen nachvollziehen, denn genau so habe ich immer gedacht, bis ich von Baclofen erfahren habe. Es wurde immer und überall geprädigt, dass man nur mit vollkommener Abstinenz eine Veränderung des Lebens bewirken kann. Das bedeutete für mich als lebenslange Perspektive ein ständiges Leiden, sich kontrollieren (wichtiger noch: von den Umstehenden ständig kontrolliert/skeptisch beäugt zu werden) und vor dem "Versagen" fürchten. Da war mir der Kosten/Nutzen-Faktor einfach zu niedrig und der ganzen Mühe nicht wert.

Mein mittelfristiges Ziel ist es den im Zitat beschriebenen Zustand zu erreichen und dann selbstbestimmt entscheiden zu können, ob ich mal "mittrinke" und wie oft. Dazu muss ich auf die bisherigen Erfahrungen Anderer aufbauen und diese zeigen, dass man sich für solche Gedanken mindestens 3-6 Monate Zeit lassen soll.

Also Geduld aufbringen und nicht den Räuschen nachtrauern

Ich sage mir immer, wir haben Spass für 10 "normale" Leben bereits gehabt, also so schlecht sind wir nicht weggekommen

Danke Willo!

Ich fühle mich von Dir sehr gut verstanden. Ich habe das Gefühl, dass Deine Antwort mir sehr hilft.

Nach meinen bisherigen BAC-Erfahrungen schwindet der Craving massiv, und vor allem das frühere permanente Denken an den bevorstehenden, alkoholgeschwängerten Abend (und das immer wiederkehrende Elend danach); das ist bereits weg.

So kann ich mir gut vorstellen, dass ich nach einigen Monaten sogar meine o.g. Fragen nicht mehr so ganz nachvollziehe, und dann wären sie ja beantwortet. Dann wäre BAC - so kommt es mir heute schon mitunter vor - echt ein Wundermittel. Es gibt in der Medizin ja echte, kurative Heilmittel - zum Glück!

Ich gönne Dir dein Feierabend-Pils von Herzen. Irgendwann probiere ich es auch mal - oder auch nicht. Jetzt - gerade mal 4 Wochen nach BAC-Beginn - wäre es mir zu heikel. Mal sehen, wie sich das entwickelt ... Jedenfalls war ich lange nicht so optimistisch, und Ihr habt mir etwas von meinen Zweifeln genommen.

LG
warzo

Danke auch an Ardok (gerade gekommen). Dies ist ein Power-Forum. Das hilft.

Wichtig finde ich auch, dass Du die Libido/Potenz so offen ansprichst, denn gerade die Männer achten wohl sehr stark auf solch mögliche Nebenwirkungen

Das ist zB. einer der Gründe, warum ich die Medikation mit den anderen Medikamenten bis jetzt abgelehnt habe, da dort doch recht oft von dieser Nebenwirkung berichtet wurde. Ich will mir schliesslich nicht jeden Spaß am Leben nehmen lassen und ab jetzt als Einsiedler mit komplettem Verzicht auf jeden Genuss leben

Dazu kann ich Dir aus eigener Erfahrung schreiben, dass ich Ähnliches beobachtet habe, allerdings stelle ich da definitiv keinen Bezug zur Baclofen-Medikation auf, sondern zur Abstinenz allgemein. Denn diesen Effekt habe ich bereits bei früheren Entgiftungen beobachtet, einhergehend mit einem Blutdruckabfall. Ob das zusammenhängt werde ich meinen Hausarzt fragen und es weiter beobachten, ob eine Normalisierung eintritt.

Danke Ardok, dass Du auch auf diesen heiklen Punkt Bezug nimmst!

Es gibt sicher viele Gründe, Blutdruckabfall ist ganz sicher einer, sich mal ein bisschen hängen zu lassen.

Aber ich habe es mehrfach bei mir erlebt, dass eigentlich alles ganz gut geklappt hat, aber kurz vor dem Höhepunkt kam dann so eine Art "Sättigungsgefühl aus dem Gehirn". Das könnte dem High gleichen, das ich früher bei Hochprozentigem empfand; das wird ja jetzt abgedämpft, ist ja Sinn der Übung. Und ebenso das sexuelle High ...? Bei mir scheint das zurzeit öfter so zu funktionieren; ist natürlich eine sehr persönliche, gewiss nicht übertragbare Erfahrung.

Andererseits sehe ich, schon nach 3 Wochen, erste, wenn auch zaghafte Anzeichen einer Besserung.

Und wenn auch der Sex mal eine Zeit lang nicht ganz so prickelnd ist wie im Alter von 25 , dann fiele das immer noch sehr wenig ins Gewicht im Vergleich zur extremen abendlichen Alkoholsucht, der ich noch vor knapp 4 Wochen richtig verfallen war. Darf ich nicht vergessen: Da ging abends GAR NICHTS mehr.

Und jetzt schon kann ich diese enorme Abhängigkeit unter einer für mich wohl passenden Dosis BAC kaum noch begreifen ... ist doch toll!

LG
warzo