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Re: Baclofen für meinen Bruder

Montag 17. Februar 2014, 15:19

hallo betina,

also um es gleich zu sagen, ich fühle mich absolut nicht in der gosse, auch wenn meine erste ehe gescheitert ist und ich auch so manchen job verloren habe, so war ich nie obdachlos, oder konnte mich nicht selbst versorgen, sicherlich nicht immer so, wie die gesellschaft es normal findet, aber eben auch nicht so, dass man mich als penner hätte bezeichnen können. heute glaube ich meine erste ehe wäre auch ohne alkohol in die hose gegangen, aber das ist egal, ich bin froh, dass es vorbei ist. jetzt lebe ich in einer glücklichen beziehung, habe zwar keinen job im eigentlichen sinne, aber mein tag ist voll ausgebucht. meine partnerin ist behindert und ich pflege sie. das heisst eben auch den haushalt schmeissen, behördengänge, arztbesuche und all so leckere sachen.in meinen gelernten berufen zu arbeiten ist eher unmöglich, ist meist mit montage verbunden und das geht nicht und ich will auch nicht. auch weil ich schiss habe, dann wieder anzufangen zu trinken und das ist es einfach nicht wert. ich habe angefangen mein abitur nachzumachen, musste aber auch damit aufhören, weil ich es zeitlich einfach nicht geschafft habe, es lag echt nicht daran, dass ich mittlerweile zu doof bin, grins. jetzt mache ich einen fernlehrgang zum suchtberater und mal sehen was das leben noch so bereithält für mich.
ich denke auch, dass du ganz besonders hier viele facetten der alkoholkrankheit treffen kannst, von ganz weit unten und aufgestanden, oder dabei aufzustehen bis zu leuten, die ihr leben noch "voll im griff" haben. man kann diese lebensgeschichten und die suchtgeschichten einfach nicht vergleichen. ich persönlich finde diese ansicht, dass man erst ganz unten sein muss um etwas ändern zu können, einfach pervers, ist wieder so eine aussage von leuten, die die weisheit mit dem löffel gefressen haben.

lg neckenek

Re: Baclofen für meinen Bruder

Montag 17. Februar 2014, 16:04

@praxx

das dieses Bild nicht auf jeden passt, ist klar. das meinte ich auch nicht. sorry!
ich meine damit den alkoholiker, den ich auf der strasse sehe. den, der bettelt, der nichts mehr hat, mit
schlafsack in kalten hauseingängen am boden schläft….eben den, der ganz unten angekommen ist und ich frage mich, ob diese menschen jemanden haben, der ihnen hilft. und ob diese menschen schon alles mögliche probiert haben, um nicht dort zu landen. nun, ob es hier jemanden gibt, der es "geschafft" hat.

ich denke allerdings, dass diese menschen chancenlos sind. sie können sich noch nicht einmal informieren…

ich habe auch nur mal so drüber nachgedacht…

gruss
betina

Re: Baclofen für meinen Bruder

Montag 17. Februar 2014, 19:34

Liebe Betina

Deine Frage ist berechtigt. Du siehst uns mit einem Glas Saft hinter den Rechnern sitzen und liest von erfolgreichen Ausstiegen aus der Sucht (nicht nur). Klar würde ich auch beginnen zu vergleichen.

Vielleicht findest du hier, was du suchst: http://www.alkohol-und-baclofen-forum.de/viewtopic.php?f=16&t=2617&hilit=erfahrungsbericht

LG
Lisa

Re: Baclofen für meinen Bruder

Montag 17. Februar 2014, 22:34

Hallo Betina !

um eben mal die Frage zu beantworten :

....ich meine damit den alkoholiker, den ich auf der strasse sehe. den, der bettelt, der nichts mehr hat, mit
schlafsack in kalten hauseingängen am boden schläft….eben den, der ganz unten angekommen ist
....

-mein sportlicher Body :)) hat zwar noch nicht draussen im kalten Hauseingang gelegen...
(aber wer weiß,-kann schneller kommen, als einem lieb ist ...),
- wohl aber meine psychische Verfassung !

ich hatte über ein paar Jahre einen kleinen Strassenbau / Pflaster -Betrieb versucht, ( Saison- Geschäft... Wintermonate, hab´aber irgendwann Insolvenz angemeldet ;

da ich über 5 Jahre nichts in die Arbeitslosen vers. eingezahlt hatte ...- Hz4 : 120,00 €/mon. , - da meine Frau gut verdient ... - da habe ich meinen Suff teilweise aus dem Geldbeutel meiner Frau finanziert ...- sie hat gearbeitet, - ich gesoffen ... #:-s

da bin ich mir echt wie -" ganz unten angekommen" - vorgekommen ...
- ich habe was nebenher verdient, na klar, aber in den Wintermonaten war nix...- nur die Geldbörse meiner Frau ...
da waren keine sozialen Kontakte ... - aufstehen, saufen, wieder schlafen ...

- das nur so nebenbei ...; -da Du ja auch ein Geschäft führst ... ;

ich höre so ein wenig heraus... - das es dem Bruder evtl. erst mal "noch " schlechter gehen müsse... -oder täusche ich mich ???

Ich hatte am WE einige Videos gesehen... hier : die Probleme der Angehörigen ; manches eher Ehepartner ..., aber

- vielleicht sind in diesem hier auch ein,zwei Gedanken dabei, die Dir gut tun ...

http://www.billrothhaus.at/index.php?op ... ectedCat=1

liebe Grüße, Ralf.

Re: Baclofen für meinen Bruder

Montag 17. Februar 2014, 22:39

@betina:
und ob diese menschen schon alles mögliche probiert haben, um nicht dort zu landen. nun, ob es hier jemanden gibt, der es "geschafft" hat.
ich denke allerdings, dass diese menschen chancenlos sind. sie können sich noch nicht einmal informieren…

Eben gelesen*, aus systemischer Sicht sinngemäss: Da Lebensumstände kontinuierlich variieren, ergeben sich ständig wieder Chancen zum Suchtausstieg. Mit deiner Unterstützung hast du eine neue Variation eingeführt. Ob sie Anlass ist, eine Veränderung herbei zu führen, wird von sehr vielen verschiedenen Faktoren/Systemen mitbestimmt, und niemand kann auf die Gesamtwirkung umfassend Einfluss nehmen. Dein Bruder wird aber die Variation erkennen.

Hierzu ein Bild, das sich mir vor Jahren "auf meinem Weg" eingeprägt hat (frei zusammenzitiert):

Die griechische Mythik kennt zwei Götter der Zeit: Chronos, den Vater der Zeit mit seiner unbarmherzigen Sichel. Chronos meint eine bestimmte Qualität von Zeit. Nämlich die messbare Zeit, die in einem gleichbleibendem Rhythmus abläuft; heute sagen wir, die dem Takt der Uhr verhaftet ist. Die fressende Kraft der Zeit, in unserer Gesellschaft heute die zunehmende Geschwindigkeit, die zu dicht eingeteilte Zeit, die die kosmischen und persönlichen Rhythmen, das unterschiedliche Tempo von Mensch zu Mensch, mit einem vorgegebenen Tempo überlagert.

Bei den Griechen gab es noch die „andere Zeit“, den Kairos. Etwas banal übersetzt: „der günstige Augenblick“. Den Gott Kairos stellte man sich als jungen Menschen vor, mit Stirnlocke und kurz geschorenem Hinterkopf. So huscht er an den Menschen vorbei, aber manchen ist es möglich, ihn an dem Schopf zu packen. Das geht aber nur, wenn man ihn kommen sieht. Ist er nur mehr von hinten zu sehen, kann man ihn nicht mehr packen. Er ist der Gott des rechten Augenblicks, der Zeitwende.

Ich hatte das Glück, ihn immer wieder packen zu können, an seiner Locke. Eine Armada von Kairossen unter Brücken und in Obdachlosenheime zu schicken, kann nicht falsch sein.

lg
Lisa

(*Suchtmagazin 4/2013 zum Thema Selbsthilfe)

Re: Baclofen für meinen Bruder

Montag 17. Februar 2014, 23:24

vielen dank für Eure ausführungen und vor allem Eure offenheit!

ich werde mir die links noch in ruhe durchlesen.

@ralf. Du täuschst Dich, meinem bruder ging es schon schlecht genug. ich bin auch nicht der meinung, dass suchthilfe so funktioniert, dass jemand erst einmal ganz unten ankommen muss um daraus wieder aufzustehen. und das ganz auf sich selbst gestellt. das verdient ja auch in keinster weise die bezeichnung hilfe.
bei allem, was ich erlebt habe, kann ich mir keinen noch schlimmeren zustand vorstellen.
daraus bin ich ja auch gedanklich aufgewacht und habe herkömmliche therapieformen hinterfragt und bin letztendlich hier gelandet…
danke vielmals für die einblicke in Dein leben.


@lisa
mir gefallen die kairosse. sind mir auch schon oft begegnet :o)

mein bruder war heute nüchtern. wir haben gute gespräche geführt.
und er nimmt an, dass es ihm in der letzten woche auch so elend ging (schwindel, übelkeit), weil er wahrscheinlich die dosis nicht regelmässig eingenommen hat! nun, er hatte halt viel getrunken und obwohl ich immer zu den jeweiligen uhrzeiten versucht habe anzurufen und sms geschrieben habe, habe ich ihn nur selten erreichen können. ich habe ihm heute gesagt, dass er das selber im griff haben muss, da eine schwankende einnahme mit heftigen nebenwirkungen verbunden ist.

derzeitige einnahme:

12,5 - 12,5 - 12,5 - 25

eine gute nacht Euch allen
betina

Re: Baclofen für meinen Bruder

Dienstag 18. Februar 2014, 00:01

Liebe betina,

ich war einige Tage verreist und lese mich nun erst wieder ins Forum ein.
Es wurde schon sehr viel Schönes, Richtiges, Empathisches geschrieben.
Mit meinen Worten will ich nur hinzufügen :
a) Der Rückfall deines Bruders war nicht zwingend, aber auch nicht ungewöhnlich, denn er gehört zu unserem Krankheitsbild.
b) Dass er sich nun mies fühlt und antriebslos ist,auch das ist normal (ich spreche aus Erfahrung...)

Oft möchte man nach einem Rückfall einfach eine Zeitlang in Ruhe gelassen werden.
Dass diese Phase nicht zu lange dauert, dass dein Bruder weiterhin an Baclofen glaubt und dass dessen segensreiche Wirkung sich immer mehr einstellt, das wünsche ich euch beiden von Herzen !

Alles Gute, sei lieb gedrückt, werner

Re: Baclofen für meinen Bruder

Dienstag 18. Februar 2014, 00:28

hallo, Betina, nochmal ...
na, das beruhigt mich ja sehr :

a) das ich mich getäuscht hab´, und Deine gute Einstellung ! und b) das es schon wieder besser geht !

ab ca. 14:00 min/sec. geht es in dem Vid. um :Veränderung braucht Zeit !

noch ein Einblick in mein Leben : Sehr oft hat meine Frau bitter geweint und mir klar gesagt : wenn es so weiter geht, - müssen wir uns trennen ...-

weiter eine schöne Woche wünsche ich Dir ! , Ralf.

Re: Baclofen für meinen Bruder

Dienstag 18. Februar 2014, 08:48

@betina,

na das hört sich doch schon wieder besser, er war nüchtern, also auf auf ein neues, ich bin nach wie vor überzeugt, dass ihr es schafft.

glg neckenek

Re: Baclofen für meinen Bruder

Dienstag 18. Februar 2014, 11:39

Liebe Betina

Die neue Hoffnung freut mich...
Auch die 2. Chance ist nicht die letzte!

LG moonriver
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