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Re: In der Spur: Lisa

Samstag 4. Januar 2014, 12:35

Warum sollte er mit seinem Schicksal hadern, er hat schließlich beschlossen,
sich zu Tode zu saufen. Welche äusseren Anzeichen hast Du vermisst?
Elisabeth Shue (Sera) war nie besser, Prostituierte tragen ihre Haut auf den Markt,
aber niemals ihr Gesicht.

Der Film verspricht keine Art Rettung. Er zeigt die Raserei und die Delirien, er zeigt das Schmatzen, das Gurgeln, das Zittern, das Würgen, das Sabbern, das Kotzen.
Also ich teile den Eindruck Deines Partners, es ist einer der Filme, bei dem sogar mir die
Tränen kommen.

LG Federico

Re: In der Spur: Lisa

Samstag 4. Januar 2014, 13:21

@federico

Das soll kein Totschlag-Argument sein: Ich sehe das Bild meiner Mutter auf ihrem Sterbebett, das sie seit einem halben Jahr nicht mehr verlassen hatte, Endstation Zirrhose. Sie hatte sich längst aufgegeben und den Tod herbeigewünscht, verweigerte jegliche Behandlung. Trank, wenn sie noch in der Lage war dazu. Mein Vater machte mit, ermöglichte ihr, zuhause zu bleiben. 12 Stunden vor ihrem Tod, als die Nieren versagten, brachte er sie ins Spital. Wir waren traumatisiert und gleichzeitig erleichtert.

Von dieser Abgründigkeit finde ich in diesem Film kaum etwas. Aber das ist sehr persönlich, ebenso wie dein Berührtsein.

lg
Lisa

Re: In der Spur: Lisa

Samstag 4. Januar 2014, 14:07

Sorry, Glatteis, Themawechsel. Das tut mir nicht gut.
lg
Lisa

Re: In der Spur: Lisa

Samstag 4. Januar 2014, 14:15

@Lisa,

im Film und in Deiner berührenden Beschreibung finde ich „Hingabe“.
Dieses Wort scheint aus dieser Welt verschwunden zu sein.
Man gibt sich heute lieber der weit entfernten Gehirnberichterstattung
eines gestürzten Rennfahrers hin, die nähere Umgebung kann verschwinden.

LG Federico

Re: In der Spur: Lisa

Samstag 4. Januar 2014, 17:11

Heute hat mich ein E-Mail-Neujahrsgruss eines befreundeten Psychologen erreicht, den ich unbedingt teilen muss - kuni's Worte (wo steckst du überhaupt?), bloss die High Heels fehlen:

2014.pdf
(34.17 KiB) 335-mal heruntergeladen

Re: In der Spur: Lisa

Montag 6. Januar 2014, 00:35

Gestern Nachmittag war meine erste Notfalldosis fällig. Anlass dazu gab eine höchst unfaire virtuelle E-Mail-Ohrfeige, wohlverpackt in gönnerhafte Worte von einer Person in meinem familiären Umfeld. Übergriffig, und das nicht zum ersten Mal.

Die "innere Distanz zu andrängenden Gefühlen" baute einen Kurzschluss, im Bauch verhärtete sich alles vor Wut und in der Brust brannte ein Schamgefühl, wie ich es nur noch ganz, ganz selten erlebe. Alles tiefe Atmen half nichts, ich war dem ausgeliefert, klebte gedanklich förmlich fest.

Als erstes beschloss ich, auf gar keinen Fall zu reagieren. Dann realisierte ich, dass ich mit dieser Wut im Bauch auf der Stelle zwei, drei Mass Bier vernichten könnte. Danach stand ich auf und schenkte mir ein grosses Glas alkholfreien Apfelwein ein, mit dem ich die zerkaute Notfalldosis runterspülte. Den ganzen Abend über hatte ich einen nicht nachlassenden Durst. Nicht nach Bier, sondern danach, mir den Schlund zu füllen, zu schlucken, was rein geht. Wäre ich allein gewesen und Bier im Haus... ich weiss dann nicht...

Es besteht ein Riesenunterschied zwischen sich selbst für etwas schämen und gezielt beschämt zu werden. Das viele Schlucken scheint mir symptomatisch: Die Wut muss noch raus und irgendwann in den nächsten Tagen werde ich im einsamen Wald stehen und :Mad: "Du blöde huere Totsch! Du dummi Chue!" :motz: schreien, bis es genug ist. Mit einer grossen Flasche Apfelsprudel im Rucksack.

Das war gestern noch vor Fondue und Weisswein und musste noch gesagt werden.

LG
Lisa

Re: In der Spur: Lisa

Montag 6. Januar 2014, 00:55

@Lisa,

ein bedeutender Schritt, diese Abfolge so zu schildern.
In ähnlicher Form kommt mir das sehr bekannt vor.
Mein Problemlösungsansatz: nicht zuviel auflaufen lassen, schnell Stop sagen.
Lieber mal vorschnell Paroli bieten als zu viel schlucken wollen.

Nüchtern kann man einen Wutausbruch zelebrieren ...
sehr reinigend für Leib und Seele.

LG Federico

Re: In der Spur: Lisa

Montag 6. Januar 2014, 01:05

High Heels, Bier und Schuldgefühle, ja

Du bist nicht ohne, Fräulein,

nun ja, es ist das blöde @crawing, wenn das mal jemand erklären könnte,
warum, weshalb, trinken, schlucken, wanken, rein, seltsam,
man merkt, hab getrunken, Reaktion lässt nach, und trotzdem wieder rein, schmeckt,
versteh es nicht, immer wieder rein, komisch, sonst tickt man den ganzen Tag normal und dann
kommt dieser animalische Trinkdruck, der alles kaputt macht ???

jetzt derzeit geht es, ja, aber vor einem, zwei Jahren gab es kein Gegenmittel,
das war Trinken pur, immer rein, reine Sucht, danke @baclofen

@sabine

Re: In der Spur: Lisa

Montag 6. Januar 2014, 23:47

Lieber mal vorschnell Paroli bieten als zu viel schlucken wollen.

Zu dem Thema meinte meine Therapeutin, es gäbe eine Psychologen-Erfahrung: Die Schwägerinnen tragen oft unter einem Deckmantel oder auf Nebenschauplätzen die Konflikte aus, die die Brüder untereinander und/oder mit den Eltern vermeiden.

Deshalb steig' ich erst gar nicht mehr ein, sondern versuche, mit meiner Wut was Gescheites anzufangen.

Gute Nacht!
lg Lisa

ps: @sabine: Schuldgefühle sind da keine.

Re: In der Spur: Lisa

Dienstag 7. Januar 2014, 00:43

lisa64 hat geschrieben:Schuldgefühle sind da keine.

@Lisa,
was ja schon mal das Wichtigste ist.

Mit dem „nicht Schlucken“ habe ich mühevoll gelernt,
rechtzeitig, berechtigt und nachvollziehbar da nüchtern,
den Deckel vom Kochtopf zu ziehen.

Und bei Bedarf rechtzeitig auch mal loszubrüllen!

Das nimmt den Druck bei mir, sorgt für Verblüffung beim Gegenüber
und reinigt die Luft, bevor sie zu brennen anfängt.

LG Federico
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