Freitag 20. Juli 2012, 07:34
Liebe Gemeinde,
vielleicht ist es mal Zeit für einen neuen Statusbericht. Er fällt leider nicht so positiv aus, wie ich es gerne hätte. Die Rückfälle wurden mit Baclofen zwar kürzer, aber auch häufiger. Da habe ich mich gefragt, wie ehrlich ich in diesem Forum eigentlich sein soll. Aber es soll ja Schluß sein mit dem Lügen: hier sind wir unter uns.
Ungefähr die letzten drei Wochen lang war ich bei jeweils 75 mg täglich, und die Nebenwirkungen sind nicht von Pappe: Schwindel, Kreislaufstörungen, Bewußtseinstrübungen, Schlafstörungen, ein metallischer Geschmack im Mund, Planlosigkeit. Bei mir wirkt das Baclofen in irgendeiner Form psychoaktiv, wobei es mir schwerfällt, die Veränderung zu beschreiben. Ich habe leider keine Lebenspartnerin, die mir einen Spiegel vorhalten könnte. Es ist weder eine Veränderung zum Depressiven noch zum Euphorischen, ich fühle mich nur einfach -- etwas verschoben.
Erhöhte Traumaktivität wäre noch zu nennen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich einfach soviel träume wie immer, mein Schlaf aber oberflächlicher ist und ich mich hinterher einfach besser erinnern kann. Von Alpträumen, wie ich sie unter Alkoholabbau kenne, kann ich nicht berichten, eher von ganz absurden, eigentlich witzigen, manchmal auch erotischen Träumen, die ich fast mal aufschreiben sollte. Dagegen sähen Kafka und Murakami wie Anfänger aus.

Spaß muß auchmal sein ...
Tatsache ist leider, daß ich die letzten beiden Rückfälle ohne Baclofen wohl nicht gehabt hätte. Ich fühlte mich merkwürdig und unwohl, habe dann, um wieder "normal" zu werden, zwei, drei Bier getrunken, durfte die volle Wechselwirkung von Alkohol und Baclofen "genießen", war verzweifelt, trank schließlich noch mehr, um irgendwie diesem Strudel zu entkommen. Ich kann nur davon abraten, Alkohol und Baclofen zu mischen, das kann gewaltig nach hinten losgehen.
Das alles klingt jetzt vielleicht dramatischer, als es wirklich ist. Die Nebenwirkungen von Baclofen ohne Alkohol sind für mich erträglich, jeder Rausch und anschließender Hangover mit entsprechendem Weltschmerz ist bedeutend schlimmer. Ein Spaziergang ist diese Therapie für mich aber nicht. Inzwischen haben die Nebenwirkungen nachgelassen, und ich habe den Mut gefaßt, langsam weiter hochzudosieren. Es kann offenbar ganz schön schwierig sein, die richtige Dosis zu finden, ich frage mich: Soll ich runter oder hoch mit der täglichen Menge?
Nun, niedriger dosiert war ich schon, ohne merkliche Veränderung, ich denke, ich wage jetzt mal die 100 mg und bleibe dann für einige Wochen dabei. Voraussetzung muß aber sein, wirklich, wirklich nichts zu trinken, um dem Baclofen eine Chance zu geben.
Wie schrieb hier mal jemand: "Baclofen schlägt dir natürlich nicht das Glas aus der Hand." Eigeninitiative und der echte Willen, sein Leben zu ändern, müssen wohl schon vorhanden sein.
Grüße
S.