Sunni hat geschrieben:
Auch von mir ein herzliches Willkommen!
Und gleich mal eine Frage an Dich und Wild Child: Wir äußert sich denn ADHS bei Erwachsenen? Und wie wird es diagnostiziert und anschließend behandelt?
Liebe Grüße,
Sunni
Liebe Sunni
Habe ich erst jetzt gelesen, aber natürlich will ich sehr gerne darauf antworten.
Also ich fange einfach mal damit an, dass ich zwei Kinder habe, natürlich jetzt schon erwachsen, 33 und 35 Jahre alt.
Eine Tochter, einen Sohn.
Bei meinem Sohn stellte ich Auffälligkeiten fest, er hatte ein sehr emotionale und
hochsensible Ader.
Aber ihm fiel alles sehr schwer, er hat alles verdreht, die Schuhe verkehrt angezogen,
aber konnte im Detail eine Blume beschreiben, wann die Tulpe sich geöffnet hat,
wann wieder geschlossen. Saß in einem Raum bei Musik und weint, weil er
die Musik so traurig fand.
Er war ständig abwesend, verlegte alles, hatte keine Frustrationstoleranz,
lief in die falsche Richtung, hielt sich die Ohren zu, bezüglich
der Reizüberflutung, denn man nimmt jedes Geräusch, auch das Uhren ticken
z.B. genau so laut wahr, sprich man kann nicht filtern, alle Geräusche
kommen gleichzeitig laut an, so auch die wahrnehmenden Dinge, entweder
man sieht alles, läuft hin und her, weil alles auf einen einstürzt,
oder eben man sieht diese Blume, und alles Andere tritt in den Hintergrund.
ER sollte dann in ein Behindertenheim, weil er eben Anders war, aber trotz allem
mit einer hoch ausgestatteten emotionalen und sozialen Intelligenz.
Wie dem auch sei, habe ich in den 80-er Jahren ein Buch gelesen:
Afois heißt Sofia.
Also genau umgedreht, in diesem Buch ging es um ein Leben mit einem
besonderen Kind.
Es fiel mir wie Schuppen von den Augen, das ist mein Sohn.
Wie helfen, damals gab es nur einen Arzt in Berlin, der dies Ernst nahm
und helfen wollte. Er diagnostiziert das ADHS bei meinem Sohn und er bekam
drei Jahre lang Ritalin.
Das hat sein Leben geprägt, die Lehrerin sagte, sie haben wohl einen Zwilliingsbruder
geschickt, das ist doch gar nicht der Junge, so strukturiert und aufmerksam ist
er geworden.
Nun aber zu mir:
Das ich die Trägerin gen-mäßig war, habe ich nie überdacht.
Das ich aber schon anfing zu kompensieren, ob Essstörungen, Alkohol, Depressionen, Schlafstörungen usw. weil ich immer wieder abgelehnt wurde, insbesondere im
Berufsleben, weil ich unstrukturiert war.
Ich habe Sekretärin gelernt, Gift für einen ADHS`ler.
So wurde ich ständig weggelobt, weil ich ja nett war, aber alles durcheinander
brachte und vergaß.
So war es auch im privaten Leben, ich musste ohne Ende Sport treiben, kompensieren, Alkohol etc. damit dieses verdammte Chaos, diesen Zerissen sein, jeden Tag aufs Neue,
jeden Tag aufs Neue Mißerfolge, Niederlagen zu spüren, ohne aber wirklich zu
wissen, warum eigentlich.
Dann bezieht man es auf sich, ja das bedeutet dann Selbstwert sinkt, nicht
mehr vorhanden usw.
Und landete aufgrund mehrerer psychsomatischen Erkrankungen immer wieder
in stationärer Psychsomtik etc.
Dort wurde Verhaltentstherapeutisch gearbeitet, aber geholfen hat es nie
wirklich.
Dann in einer Klinik, die auch zusätzlich eine Abteilung für ADHS für Erwachsene
hatten.
Dort fel ich auf...
Und man nachte einen ausführlichen Test, so Anfang 50 Jahre alt war ich da.
Die Diagnose war schnell gestellt, überhaupt keine Frage sagte man dann,
sie haben mehr als ausgeprägtes ADHS, ein nicht behandeltest ADHS
in der Kindheit trägt zu vielen Zusatzerkrankungen bei.
Es wurde dann auch zur Diagnostik mein Grundschulzeugnis angefordert,
wo man eindeutig aufgrund der Beurteilung der Lehrer keine Zweifel mehr hatte.
Dann kam ich endlich auf die Station ADHS für Erwachsene.
Endlich zu Hause dort angekommen, alle hatten dieselben Probleme,
alle verlegten was, alle rannten die falsche Richtung, alles, jedenfalls
viele waren Nachtaktiv, und sabbelten den ganzen Tag hyperaktiv
vor sich her, waren kreativ und spontan und ein Engeriepuliverfaß,
ohne Impulisvitätskontrolle.
Für jeden Nicht ADHS`ler der die Abteilung betrat, ein kleines liebevolles
Irrenhaus, mit vielen kreativen chaotischen Köpfen...
Nun wollte man mich erst nicht mit Ritalin behandeln, und zwar weil
ich derzeitig noch unter Essstörungen (Magersucht) litt, und normalerweise
sich durch die Medikation der Appetit verringert.
Ich sagte, ich habe nichts mehr zu verlieren, dann haben sie es ausprobiert,
und siehe da, es war weg, die Esstörungen, ich konnte dieses ewige Konrollieren
dadurch aufgeben und war ein wissenschaftiches Phänomen.
Und es ist natürlich sehr schwierig herauszufinden, welche Medikation,
welche Höhe, wie lange, mit Pausen, oder ohne, ist schon sehr umfangreich
und sensibel.
Aber seit dem konnte ich strukturiert arbeiten, habe eine Ausbildung gemacht usw.
überhaupt kein Problem. Und ich wusste ich war es nicht alleine, es hatte einen
Grund warum in meinem Leben alles schief lief und ich immer ständig kompensieren
musste.
Dadurch war ich ja auch 5 Jahre trocken.
Dann von einem Tag auf den Anderen bekam ich massive Depressionen
und wurde diesbezüglich auch auf eine Akutstation Psychiatrie wegen
Depressioen eingewiesen.
Die Depressionen sind geblieben und damit der Rückfall Alkohol.
Der Kopf sagt immer Nein, der Suchtdruck sagt ja, Du hälst es
sonst nicht aus.
Deswegen wage ich hier auch zu hoffen, und dies für mich auszuprobieren.
LG Arkastelle