Baclofen Forum vs Alkoholismus

Informationen zu Baclofen bei Angststörungen, substanzinduzierten Störungen und Depressionen. Informationen und offenes Diskussionsforum zu Selincro (Nalmefen) sowie alle progressiven Therapieoptionen im Kontext mit Alkoholismus
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 Betreff des Beitrags: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Donnerstag 19. Juli 2012, 00:24 
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Registriert: Sonntag 8. April 2012, 22:16
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@all
mir schwirren die gedanken!!!
Ich habe gestern den gedanken geäußert, meiner neuen, auch potentiellen, Lebensgefährtin mein Problem zu gestehen!
Ich habe ein neues Thema eröffnet, weil mich die Grundfrage - "Warum sind wir hier?" - nicht los lässt! Ich bin in dem Prozess, den Baclofen mir ermöglicht, noch nicht so weit vorgedrungen die Ursache zumindest für mich befriedigend KLAR ZU STELLEN!?!????
Ich hoffe, dass ihr an meiner Schreibweise erkennt, dass ich das von mir gesagte immer auf mich beziehe!
Ich möchte an EUCH Fragen stellen:

A) Erkennt Ihr Willensschwäche als A-Prolemursache?
B) Sind familiäre, auch erbliche, Hintergründe bei euch erkennbar?
C) Ich bin im A-Konum von meinen Eltern und Großeltern nicht sozialisiert worden.
Trotzdem ist es passiert!!!??? Wie war es bei euch?
D) Im familiären Kreis wissen alle, dass ich Alkoholiker bin! Warum schweigen alle?
Warum deutet man nur an?
E) Ist ein sog. Coming-out, i.S. eines allseitigen Bekenntnisses, bei A-Problemen
sinnvoll, hilfreich und befreiend?!?!?

Ich bin für alle Antworten dankbar!
Nett wäre, wenn ihr eure Antworten nach meiner Gliederung ausrichten könntet! Das ist aber keine Bedingung!


Danke allen? ^:)^

Gute nach!

Aspino

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»Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns / Vor uns liegen die Mühen der Ebenen« (Brecht)


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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Donnerstag 19. Juli 2012, 08:42 
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Beiträge: 8253
Wohnort: München
Guten morgen Aspino,

Zitat:
„Wie oft sind es erst die Ruinen, die den Blick freigeben auf den Himmel.“
Viktor Frankl


Oft aber nicht zwingend notwendig, muss erst das Dach weggeflogen sein um den Himmel sehen zu können. Man könnte auch vor die Tür gehen und sehen welche Möglichkeiten offenstehen.

Du verfügst über gute Ressourcen, soziale Bindungen und bist beruflich engagiert. Eine neue Liebe scheint möglich, die Chancen sind da und sie sind gut. Meine Antwort zu E) kennst Du, allerdings nicht unbedingt allseitig sondern innerhalb des Settings dem Du vertrauen kannst.

Alle anderen Fragen sind nicht lösungsorientiert und deshalb quälend. Du wirst damit nicht ein Problem des Heute lösen können und auch keine zukünftigen. Versuch lieber eine TherapeutIn mit dem Schwerpunkt „Lösungsorientierte Kurztherapie“ zu finden. Unter diesem Label findest Du bei WIKIPEDIA zwar wieder keine Antworten auf deine Fragen aber vielleicht „lösungsorientierte Ansätze“, für viele Deiner quälenden Probleme.

Ich hoffe, damit konnte ich Dir ein wenig helfen, hier noch ein Buchtipp zum einlesen: Kurzzeittherapie bei Alkoholproblemen

LG Federico

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„Es gibt keine Alternative zum Optimismus,
Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Donnerstag 19. Juli 2012, 10:07 
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Registriert: Dienstag 10. Juli 2012, 14:00
Beiträge: 23
Wohnort: Koblenz
hallo Aspino 71,
du wirst nach dem klassischen Ursachen-Wirkung-Prinzip keine eindeutigen Antworten finden! Es werden viele Faktoren eine Rolle spielen, die im Zusammenspiel deine Problematik kennzeichnen. Es wird dir nicht gelingen sie auseinanderzudividieren ohne dass du schlafende Geister weckst. Ameisens Ansatz, dass erst Angst (Depression, affektives Unwohlsein, o.ä.) Auslöser von Süchten ist, ist für mich ausschlaggebend.
Trotzdem:
zu a.: Wie kann eine Krankheit ein Zeichen von Willensschwäche sein? Bist du willensschwach wenn dich ein Schnupfen erwischt hat?
zu b.und c.: Man unterscheidet in der Entwicklungs-und Verhaltenswissenschaft nicht nach erblich, genetisch vorbedingten Faktoren und durch die Lernumwelt beeinflusste Verhaltensmuster. Ist eine Interaktion, dementsprechend findest du Menschen mit alkoholkranken Eltern die nicht trinken und umgekehrt. Mein Vater war Alkoholiker und ich habe es übernommen, mein Bruder trinkt nicht!
zu d.: In unserer mit Alkohol durchsetzten Gesellschaft ist eine gewisse Perversion erkennbar. Überall wird propagiert, dass Alkohl zum Feiern, zum gut Draufsein und zu besonderen Anlässen ein Muss ist, aber wenn es zur Sucht kommt (und unsere Gesellschaft führt uns ja geradewegs mit hinein) werden die Betroffenen stigmatisiert und werden zu nicht tolerierten Außenseiter! Ließ mal das Buch von Borowiak "Alk", da ist es gut beschrieben.
zu e.: Ist nicht allgemeingültig zu beantworten. Ich habe mit meiner Ehefrau offen gesprochen und werde meinem Arzt die ganze Wahrheit berichten. Sonst geht es in meinem Fall niemanden etwas an (außer euch)!
Insgasamt muss ich federico recht geben, die Fragen mit denen du dich rumquälst bringen dich nicht weiter, du solltest versuchen das Gedankenkarussell zum Stehen zu bringen. Konzentriere dich auf das Jetzt und Hier, sei achtsam mit deinem jetzigen Augenblick und schaue nach vorn. ich wünsch dir Kraft! LG DAlantai

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Erfolg ist kein großer Schritt in der Zukunft, sondern ein kleiner Schritt heute.
Wend dein Gesicht der Sonne zu, und du lässt die Schatten hinter dir. (Buddhistische Weisheit)


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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Donnerstag 19. Juli 2012, 11:48 
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Registriert: Dienstag 13. September 2011, 20:00
Beiträge: 114
Wohnort: Regensburg
Mit Willensschwäche hat das eher nichts zu tun, ich bin viel mehr davon überzeugt das dem ganzen in vielen Fällen irgendeine psychische Erkrankungen zugrunde liegt. Oftmals wahrscheinlich Angststörung, Depression oder auch wie bei mir ADHS (was wiederum eine menge anderer lustiger Dinge mit sich bringen kann).

Sich einzugestehen das man schlichtweg Krank ist, dürfte für viele der erste Weg in die richtige Richtung sein.

Lg


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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Donnerstag 19. Juli 2012, 15:32 
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Registriert: Sonntag 1. April 2012, 14:23
Beiträge: 174
Hallo Aspino,

zu A)
Alkoholabhängigkeit ist keine Willensschwäche sondern u.a. eine Stoffwechselerkrankung des Gehirns. Genausowenig wie ein Diabetiker seiner Bauchspeicheldrüse kraft seines Willens befehlen kann, mehr Insulin zu produzieren, kann ein Alkoholiker seinem Gehirn den Befehl geben, kein craving mehr zu empfinden.
Ich z.B. habe lange versucht über den Willen meine Sucht zu überwinden und habe es nicht geschafft. Das habe ich nie verstanden, weil es mir in sonstigen Lebensbereichen recht gut gelingt, meinen Willen, oder besser meine Ziele durchzusetzen. Ich habe mich daher mehr und mehr als Versagerin gefühlt und habe um dieses miese Gefühl zu überdecken, noch mehr getrunken. Erst seitdem ich gelernt habe, durch das Buch von Dr. Ameisen und das Forum hier, dass meine Sucht biochemische Ursachen hat und auf diesem Weg mit Baclofen auch behandelt werden kann, gibt es für mich einen Ausweg aus der Suchtspirale. Und siehe da, seitdem Baclofen angefangen hat, das chemische Ungleichgewicht in meinem Gehirn zu reparieren, funktioniert auch mein Wille wieder, und ich kann sagen, danke, ich trinke nichts, ich will und ich werde mit Hilfe von Baclofen aus der Sucht aussteigen.

Besser kann ich es nicht erklären, weil ich leider in Biologie und Chemie immer schon eine Niete war (und in der Schule noch nicht mal den Willen hatte, in diesen Fächern was zu lernen, ich hatte meine guten Noten immer in den Laberfächern ;) )

Ich fand die Informationen auf dieser Seite sehr hilfreich

http://www.alkoholismus-hilfe.de/alkoho ... tml#psyche

Vielleicht findest du dort auch etwas zu deinen Fragen B) und C)

Ich glaube, dass bei den familiären Gründen häufig Themen von Kindesmißbrauch, Mißhandlungen oder Kindesvernachlässigung eine Rolle spielen. Oft so subtil, dass man nicht gleich drauf kommt. Bei mir z.B. war es so, dass meine Eltern aufgrund eigener Traumata (Krieg, Flucht) uns Kindern nicht die liebevolle Stabilität geben konnten, die Kinder brauchen. Ich musste schon als Kind oft für meine Eltern sorgen, weil sie nicht mehr konnten. Gleichzeitig wurde ich für alles kritisiert und hatte kein Recht auf eigene Wünsche. Das hat mir frühzeitig die Kraft für ein eigenes Leben geraubt. Obwohl ich viele Talente habe, geht bis heute mein Selbstwertgefühl gegen Null. Damit habe ich auch konsequent die Menschen, die mich eigentlich lieben, vergrault. Bei mir hat das Trinken etwas mit Selbstzerstörung zu tun, weil ich tief drin, nicht glaube, dass ich das Recht habe, zu leben.

Ich habe jetzt eine Therapie begonnen und werde nach und nach diesen Dingen auf den Grund gehen. Das kann ich jedoch erst, seitdem ich durch Baclofen vom Suchtdruck befreit bin. Allerdings denke ich auch, der Blick nach hinten bringt nicht so wahnsinnig viel, was nützt es mir, wenn ich weiss, warum alles so gekommen ist. Schuld ist eh niemand, meine Eltern taten das, was sie konnten. Ich möchte lieber nach vorne schauen, möchte nach und nach meine Talente und meine liebenswerten Seiten wieder ausgraben und mich in Selbstliebe und Selbstannahme üben.

zu D) und E)
Angehörige und Freunde schweigen m.E. weil sie das,was sie eigentlich sagen wollen, nämlich "Du bist ein willenloses und charakterloses Stück Dreck" nicht sagen dürfen, weil sich das nicht gehört. Also schweigen sie und sind irritiert und beschämt, auch weil sie instinktiv wissen, dass sie schlicht und einfach Glück hatten, dass sie nicht betroffen sind. Was man nicht kennt und nicht versteht, das macht Angst, das grenzt man aus und wertet es ab. Schau doch mal, mit welchem Hass z.B. über Flüchtlinge und Migranten gesprochen wird, dabei hat man einfach nur unverschämtes Glück gehabt, hier und nicht dort geboren worden zu sein.

Zum Thema Outing: ich erzähle es nur Menschen, von denen ich absolut weiss, dass sie mit der vielschichtigen Problematik umgehen können und die zu wirklicher, echter, tiefer Empathie fähig sind. Das sind nicht viele. Am ehesten finde ich diese Menschen zur Zeit in diesem Forum, deshalb lese und schreibe ich auch gerne hier. Am wenigsten - für mich total erstaunlich - habe ich diese Menschen im Bereich der Suchtberatung gefunden. Auf meiner Suche nach Therapie und eventuell SHG bin ich auch da gelandet und muss sagen, ich bin noch nie so abschätzig behandelt worden wie da. Die müssen leider ohne mich auskommen.

Oh je, das ist jetzt ein ganzer Roman geworden. Danke an jeden, der sich da druchgekämpft hat. Selbsthilfe-Forum heisst jetzt gerade für mich, ich helfe mir selber, indem ich mir alles von der Seele schreibe. Danke an @aspino, dass er mich durch seine Fragen zum Nachdenken angeregt hat.

LG an alle, Betty


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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Donnerstag 19. Juli 2012, 19:39 
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Beiträge: 200
@ bettyblue: ich bin tief beeindruckt von deinen worten und finde mich in vielem wieder, vor allem in diesem gefühl, sich selbst zerstören zu müssen, weil man eigentlich kein recht auf (ein gutes) leben hat....

so wie es aussieht, bin ich jetzt auch wieder mit im boot, hab mich endlich mal wieder selber am kragen gepackt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Donnerstag 19. Juli 2012, 19:45 
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Beiträge: 390
Danke, an alle die bisher geantwortet haben! ^:)^
Heute Morgen hätte ich den Beitrag am liebsten gelöscht!
Aber eure Antworten zeigen mir doch wieder, dass für mich aus jeder Antwort Nektar zu saugen ist.

@Betty - Ich bin im Vollsuff einmal in ein Kreiskrankenhaus gewankt und habe um Hilfe gebeten. Das Pech war, die Kreisstadt hatte ein psychatrisches Krankenhaus. Prompt bin statt in der Ausnüchterung auf der Entzugsstation gelandet. Das war ein Erlebnis! :freeze: Rauschausschlafen unter Kamerabeobachtung! Da wurden einem Tablettencocktails serviert - wenn man nachfragte was das ist - keine Antwort - habe mich dann schon vor dem Mittagessen selbst entlassen (hatte vom Vorabend sowieso wenig Appetit) - wesentlicher Therapiemittelpunkt, war das Putzen der Station (zentrales Motto: Lernen, das leben wieder in den Griff zu kriegen!!!) - Ich lach mich tot!!! ablach Selbst in meinem schlimmsten Phasen konnte man bei mir zu Hause nicht vom Boden essen - man hat nichts gefunden! ;-) Die müssen echt denken: Jeder der säuft ist total verasselt!?! Ich hatte auch den Eindruck, die Einzigen die voll einen an der Klatsche hatten, waren die Ärzte und das Personal!!!! Die haben einen behandelt als wäre man weniger als Sch...
Fazit: Der Erlebnisvorrat hat nur 5 Tage gereicht dem Alkohol aus dem Weg zu gehen...?!? :-?

Ich lass mal diese Woche etwas früher los und verabschiede mich in ein verlängertes WE!
Hoffe auf besseres Wetter!

LG an alle

Aspino

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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Freitag 20. Juli 2012, 11:02 
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Beiträge: 8253
Wohnort: München
@betty,

vielen Dank für den Link, eine sehr gute Seite. Bis auf die Geschichte mit der genetischen Prädisposition für Sucht. Nach dem Suchtgen sucht die Wissenschaft seit 30 Jahren vergeblich.
Die Epigenetik dagegen ist ein zielführender Ansatz und kann vieles erklären. Vor allem hat sich erwiesen, dass Suchtstrukturen reversibel sind und sich zurückentwickeln können.

Ein guter Einstieg zum Thema ist dieser Spiegel-Artikel.

LG Federico

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Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Samstag 21. Juli 2012, 02:42 
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Beiträge: 35
Hallo Aspino,

ich habe mir Deine Fragen lange durch den Kopf gehen lassen. Tausend Antworten schossen mir durch den Kopf, Erklärungen, Versuche das Unbegreifliche in eine starre Form zu bringen. Es ist mir nicht gelungen. I

m Grundsatz glaube ich für mich, dass es unterschiedliche Dispositionen gibt, die Menschen vielleicht genetisch mit sich bringen. In meiner Familie gibt es eine klare Disposition zum Alkohol. Bei einer Freundin gibt es eine klare Disposition zum Essen. Sie kämpft nicht mit den Promillen sondern mit den Schaumküssen. Die Mechanismen sind hier gleich. Man könnte ja nur einen essen und nicht die ganze Packung. Sie isst vor, wenn es zu einem Event geht, genau wie Alkoholiker "vortrinken" um in Gesellschaft gemächlich zu einem Rausch zu kommen.

Die Frage die sich mir hier stellt ist: "Was suche ich, wenn ich meiner Sucht fröhne". Leider habe ich im Moment darauf keine Antwort. Es gibt so viele Faktoren, die die Mechanismen des Suchtmittels herausfordern. Im Grundsatz denke ich, kann jeder einer Sucht erliegen, egal ob diese Alkohol, Essen, chemische Drogen oder auch die Verweigerung von Essen ist. Manche haben diese Disposition in den Genen vielleicht schon eher mitgegeben. Andere, die dies weniger haben, erliegen nach lang andauerndem Gebrauch dann doch noch (aufgrund der Masse des Konsums).

Vielleicht liegt es auch daran, dass manche Menschen einfach intensiver erleben als Andere. Ich mache derzeit eine Therapie, von der ich noch nicht einmal weiß, um was es wirklich geht. Was nicht so ganz stimmt. Wir arbeiten an Gefühlen. Klingt banal, ist aber sehr intensiv. Da gibt es so etwas wie ein "schwarzes Loch", unbestimmbar, energetisch, etwas, was das Leben in sich aufsaugt und versucht zu unterwandern. Woher es kommt, haben wir bisher nicht rausfinden können. Dieses Bedürfnis sich selbst dem Exodus frei zu geben. Die Sehnsucht, sich selbst zu eliminieren. Ich hadere mit dem Bedürniss nach Leben und der Befreiung des Todes. So würde ich es mal versuchen zu beschreiben. Die äußeren Bedingungen zwingen mich dazu, meiner Verantwortung gerecht zu werden und meinen Verpflichtungen nach zu kommen. Mein Inneres schreit nach Ruhe und Frieden, der Belastung zu entfliehen und endlich meinen Frieden zu finden.

Ich habe vor Jahrzehnten mal in einem Theaterstück mitgespielt "Das Gespenst von Canterville". An sich eine banale Posse, wenn man es mal genau nimmt. Unterhaltsam vor allem in der schwarz-weiß Ausführung von Anno-Zwieback (irgendwie so pur ohne Special Effects). Dieses Gespenst kann (aus welchen Gründen auch immer) nicht zu seiner verdienten Ruhe finden und muss allen, die in der Depandance verweilen, seine Aufwartung machen. Das Gespenst erklärt sich irgendwann (ich erinnere mich nicht, wem gegenüber). Es sagt: "In der schönen braunen Erde zu liegen unter einem Baum". Und dieses Bild trage ich schon so lange in meinem Herzen. Mein Bild ist: Ein lockerer, brauner Boden. Erde, die ganz intensiv duftet, unter einer Trauerweide. Ruhe und Frieden, Leichtigkeit. Dieses Bild, diesen Duft trage ich schon so lange in meinem Herzen. Und ich bin nicht (das muss ich hier vielleicht schon mal klar stellen) Suizid gefährdet. Zumindest nicht im klassischen Sinne.

Ich für mich nehme in Anspruch, dass dies mein ganz persönlicher Weg ist, mit einer Disposition behaftet, die mich quält und die ich in weiten Strecken hasse. Ich bin nach Jahren der Abstinenz rückfällig und der Weg hieraus ist ein sehr steiniger. Ich weiß nicht, ob ich ihn schaffen werde oder ob ich untergehe. Baclofen ist eine Option. Aber ich bin noch nicht bereit (so würde ich es mal beschreiben). Weil ich für mich noch nicht klären konnte, ob ich leben will oder ob ich sterben möchte. Klingt hart, ist aber so.

Was ich an diesem Forum schätze ist, dass es mir die Würde lässt, mit der für mich entscheidenden Disposition umgehen zu dürfen. Ich habe bisher noch nie eine Entgiftung gemacht. Meinen ersten Absprung vor dem Tod habe ich mit AA geschafft. Dies griff diesmal nicht mehr. Ich habe mit Baclofen in Panik angefangen und kann für mich sagen, es kappt die Wirkung von Alkohol sehr. Zumindest bei mir. Ich würde mich freuen, könnte ich Ergebnisse wie Fallada oder Bettyblue vorweisen, dies kann ich aber nicht (wir sind relativ zeitnah in diesem Forum aufgeschlagen). Ich kann mich für mich damit anfreunden, den Beiden Ihren Erfolg zu gönnen und meinen Fehlschlag zu akzeptieren. Dies liegt nicht an Baclofen sondern an mir und meinem Leidensdruck. Nichts desto trotz, werde ich es weiter versuchen.

Was das "Outing" anbetrifft. Ich rede nur mit sehr ausgewählten Menschen von meinem Dilemma. Die wenigsten wollen sich damit befassen. Sie haben mit ihren alltäglichlichen Problemen schon genug zu tun. Die Wenigsten könnten hier auch nur annähernd eine Untestützung bieten. Und letztendlich wollte ich dies auch gar nicht. Ich für mich, möchte meinen pesönlichen Weg erarbeiten. Die Allgemeinplätze der Suchtmedizin sind mir so fern. Und sollte ich es nicht schaffen, so möchte ich dies bitte mit Würde und selbstbestimmt tun dürfen.

In diesem Sinne

alles Liebe
missfit


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 Betreff des Beitrags: Re: Warum ist man ALKOHOLIKER!
BeitragVerfasst: Donnerstag 2. August 2012, 10:47 
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Beiträge: 8253
Wohnort: München
Zitat:
Die Frage die sich mir hier stellt ist: "Was suche ich, wenn ich meiner Sucht fröhne".

@Missfit,

eine Antwort könnte sein, Erlösung von der ewigen Suche nach dem Sinn Deines Lebens. Ich sage „könnte“ ganz bewusst. Das Theaterstück vom Gespenst fasziniert Dich, hat mich auch immer in den Bann gezogen. Das Gespenst hatte schwere Schuld auf sich geladen, es hatte seine Frau vor 300 Jahren umgebracht. Die kleine Tochter (Virginia) der schrecklich ignoranten Familie hatte als einzige Mitleid mit diesem Wesen und hat ihm zugehört und schlussendlich durch seine Unschuld und Empathie zur ewigen Ruhe verholfen.

Zurück ins wirkliche Leben, ich glaube Du benötigst dringend ein für Dich passendes stimmungsaufhellendes Medikament. Bitte gehe zu einem Neurologen und zeige ihm dieses Posting.

Schau bitte ganz nach oben in das Bild (Header). Da ist ein Satz, der nicht ohne tieferen Grund seit 2 Jahren da rechts oben so steht: „Damit ein Wunder geschehen kann, musst Du daran glauben, dass es möglich ist“. Dein Glaube an die Disposition ist fatal. Wenn Du diesem fatalistischen Glauben anhängst, beraubst Du dich aller Möglichkeiten das Ruder herum zu reissen. Du glaubst an das Gegenteil eines Wunders, an sich selbst erfüllende Prophezeihung. Hast Du nicht schon mehr als einmal kleine Wunder erlebt?

Ich könnte schreien, wenn ich Disposition, Suchtgen, Vorbelastung und dergleichen höre, lese. Die endlose Suche nach einer genetischen Disposition für Sucht ist eine Hypothese der Pharmaindustrie, nichts weiter. Die Hoffnung dahinter ist, hat mein ein defektes Gen entdeckt, kann man schnell ein neues Medikament entwickeln, dass den Defekt repariert. Die ewige Suche der Biotechlabors nach dem nächsten Blockbuster ist nichts weiter als ein Milliarden-Geschäft.

Die Entstehung von sogen. Suchtfamilien ist weitgehend durch die Epigenetik erforscht. Sucht wird durch die Umgebung in frühester Kindheit erlernt. Die gute Nachricht kommt ebenfalls aus der Epigenetik-Forschung, man kann das Erlernte auch wieder VERLERNEN, das ist molekularbiologisch nachgewiesen. Daran musst Du nicht einmal glauben, es ist ein Fakt.

Ich weiß nicht in welcher Therapie Du gerade bist, habe aber so ein Gefühl dass es nicht die richtige Methode für Dich ist. Deine Schilderung liest sich für mich so, als wärst Du dabei Dich in negative Gefühle einzugraben. Gibt es einen Therapie-Plan wie Du zu einer positiven Entwicklung findest?

LG Federico

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„Es gibt keine Alternative zum Optimismus,
Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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