Liebes Forum,
ich würde gerne noch was erklären, was so vielleicht gar nicht verständlich ist, was ich meine mit "Wahrhaftigkeit" und warum mir das so wichtig ist...
Wild-Child hat geschrieben:
Der eine Wolf steht für den Rausch.
-verlogen, hinterhältig und zerstörerisch-
Der andere Wolf steht für die Wahrhaftigkeit
-ehrlich, wohlwollend und ermutigend-
Wild Child
Als ich 15 Jahre alt war habe ich zum ersten Mal Menschen getroffen, die ich als wahrhaftig empfunden habe:
Ein Paar, das lange in indischen Ashrams gelebt hatte. Sie verdienten ihren Lebensunterhalt mit Yogaunterricht.
Wenn sie gemeinsam in Kursen waren, habe ich erst auf den einen Sohn und dann viel später dann auch noch mal auf den zweiten Sohn aufgepasst.
Da war auch nicht alles gut. Sie hatten Spannungen und Fehler und Schwächen und Probleme wie alle anderen auch.
Aber sie waren genau das, was ich oben geschrieben habe: ehrlich, wohlwollend und ermutigend.
Und irrsinnig präsent. Anders als die meisten anderen Menschen.
Sie haben einen tiefen Eindruck in mir hinterlassen.
Immer im Bewusstsein, dass ich so nie werde sein können.
Da habe ich schon getrunken und geraucht und bald auch noch gekifft - das alles nahm parallel seinen Lauf.
Ich habe schon sehr früh in meiner Kindheit darunter gelitten, dass Menschen nicht ehrlich sind.
Mein erstes und sehr ergiebiges Studienobjekt war meine Mutter.
Sie hat so oft Dinge von mir verlangt, die sie selbst nicht gelebt hat.
Sie ist Leuten "scheißfreundlich" gegenübergetreten, über die sie dann hinten herum gelästert hat.
Sie war unter Fremden immer so lieb und lustig. Aber bei uns dann ganz anders.
Hass und Verachtung beruhten bei uns auf Gegenseitigkeit.
Heute weiß ich, dass die meisten Menschen so sind - dass das normal ist.
Ich trage selbst auch meine Masken. Aber das macht es nicht besser.
Ich mag Menschen, die ehrlich sind. Und eben wahrhaftig. Und die sind äußerst selten.
Wann immer ich solchen Menschen begegnet bin, haben sie mich angezogen. Und sie waren immer freundlich und zugewandt.
Meistens auch in einer Religion fest verankert.
Wahrhaftigkeit ist nicht "schön" oder "gut" per se, denn es heißt ja auch alles Fiese, Eklige und Hässliche als Teil des Lebens anzunehmen.
Wir leben nun einmal in einer Welt der Dualität.
Aber ich glaube, dass Wahrhaftigkeit nur mit einer freundlichen Grundhaltung geht. Das gelingt nur Menschen, die für sich einen Sinn in diesen Widersprüchen sehen und wissen und annehmen, dass es die dunklen Seiten immer und überall in dieser Welt hier gibt. Den Menschen, die an etwas Höheres glauben und darauf vertrauen.
Deshalb ist der Begriff Wahrhaftigkeit so positiv besetzt.
Und bin immer noch in dem Bewusstsein, dass ich das niemals erreichen kann.
Liebe Grüße
Wild Child