Dienstag 4. März 2014, 19:55
Du klingst gut, Andreas! Mir gefällt seeehr gut, wie gut du dich selbst behandelst.
Zwei Punkte fallen mir spontan ein:
Rückblicke auf schwere Zeiten können runterziehen, da gehe ich einig mit dir, der bedauernde Rückblick geht aber mit einer Standortbestimmung einher: Hier bin und stehe ich jetzt, hinter mir liegen schwierige Zeiten und was vor mir liegt, bleibt zwangsläufig noch vage umrissen. So wie es war, kann es nicht weitergehen. Also jetzt, hier, mache ich mal einen Punkt und bleibe stehen, halte aus. Dieser Moment war mir manchmal zu wenig wichtig, oft habe ich ihn zu schnell übergangen, weil er schlecht auszuhalten ist. Nicht nur für mich, auch meine Umwelt drängte manchmal auf zu schnelle Veränderung. Ich habe das kürzlich hier gut beschrieben gefunden:
http://www.alkohol-und-baclofen-forum.de/viewtopic.php?p=28276#p28276.
Im übrigen ist ja auch auszuhalten, dass gemischte Gefühle im Spiel sind. Dachte ich jedenfalls immer, bis ich in einem Artikel über Neuropsychologie darauf stiess, dass positive und negative Affekte unterschiedlichen Hirnregionen entspringen und man sie nicht miteinander "verrechnen" sollte. Der Versuch dazu lautet: Eine Affektbilanz machen, das heisst, eine rein gefühls- und nicht verstandesmässige Beurteilung, die sowohl positive als auch negative Gefühle berücksichtigt. Und zwar getrennt. Eben weil aus neurophysiologischen Gründen sinnvoll, denn positive Affekte sendet die Hirnregion Nucleus accumbens, negative die Amygdala. Beide verdienen es, für sich berücksichtigt zu werden. (Auf einer Skala von 1 bis 10, wie gross ist Ihre Freude / Ihre Trauer... würde der Therapeut fragen
)
Seit ich das weiss und mit zwei Diagrammsäulen, fein säuberlich getrennt
durchs Leben gehe, ist mir vieles klarer, was ich zuvor innerlich als Zwiespalt empfand (als Zaudern, als Entschlussunfähigkeit, als Wankelmut). Man sollte sich die positiven Gefühle nicht von den negativen versauen (das wäre Entwertung), und die negativen nicht von den positiven schönreden lassen (das wäre rosa Brille).
Und meine heutige Skala sieht morgen schon wieder ganz anders aus. Und das ist normal.
lg
Lisa
Zwei Diagrammsäulen, fein säuberlich getrennt