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Neues Mitglied stellt sich vor!

Mittwoch 2. August 2017, 20:25

Hallo liebe Leidensgenossen & -Genossinnen,

meine Sucht begleitet mich schon seit ich denken kann (ich bin jetzt 41):
es fing mit einer Alkoholvergiftung beim ersten Alkoholkonsum mit 13 an - danach konnte ich lange Jahre keinen Alkohol riechen und begann mit Anfang 14 täglich zu kiffen.
Ab 16 folgte dann zusätzlicher Konsum von LSD, MDMA (Extasy), Amphetaminen und Kokain an den Wochenenden.
Im Studium (ich weiß bis heute nicht, wie ich das geschafft habe) ab dem 20. Lebensjahr habe ich dann keine illegalen Drogen mehr zu mir genommen; es begann das regelmäßige Komasaufen (2-3 Mal pro Woche) und im ersten gutbezahlten Job ab 24 dann massiver Kokainmissbrauch - später drei Tage durchfeiern (erst nur am Wochenende, später öfter), dann drei Tage erholen - was dann natürlich im Chaos endete (Jobverlust, Arbeitslosigkeit bis Hartz 4 kam usw.).
Immer dabei: mein "Freund" Alkohol in rauhen Mengen.
Mit 28 dann die erste Therapie: endlich wieder Arbeit und eine Frau kennengelernt & geheiratet.
Als alles gut lief, schlich sich ein ähnliches Schema ein: einen Abend saufen (zum, Schluss 10 halbe Liter Bier und dann gerne eine Flasche Rotwein zum einschlafen), dann drei Tage erholen und es ging wieder von vorne los.
Habe ich 7 Jahre so betrieben, dank Home Office Job möglich aber SEHR anstrengend! Meine Frau hat erstaunlicherweise (bis heute) zu mir gehalten.
Vor drei Jahren dann nach einer Nacht in der Ausnüchterungszelle der Entschluss, es muss (wieder mal) aufhören:
Therapie, Selbsthilfegruppen usw., bis ich meinen Führerschein wieder und einen neuen neuen Job gefunden hatte.
Dann hat sich der Alkohol wieder eingeschlichen, wenn auch in geringerer Frequenz (1-4 mal pro Monat) - aber immer, wenn ich mir eingeredet habe "ein Bierchen geht doch", der totale Absturz: 10 Bier + Flasche Rotwein (vom "Hartsprit" habe ich mich weitestgehend ferngehalten, den habe ich nur bei Alkohol + Kokain vertragen, sonst werde ich ausfällig - hatte/habe oft Angst vor mir selber und meinen Aktionen, weil ich mich danach meist an nichts erinnern kann; plus der Effekt auf das Selbstvertrauen; man glaubt sich ja selber nichts mehr).

Ich leide seit ich denken kann an einer Angststörung und nehme, je nach Situation, seit ca. 4 Jahren 50 bis 200 mg Opipramoldihydrochlorid (Opipram) pro Tag, aber die Angst wird nur kurzweilig unterdrückt; auch eine tiefenpsychologische Therapie konnte keine großen Verbesserungen erwirken.

Vor kurzem hat mir ein befreundeter Kollege den Tipp mit Baclofen gegeben und ich habe das Buch von Ameisen wissbegierig verschlungen.

Zur Zeit bin ich seit zweieinhalb Wochen trocken, hatte nach meinem letzten "Ausrutscher" massive körperliche Entzugserscheinungen (einen leichten Tremens, Nierenschmerzen und starkes Schwitzen habe ich noch immer) und hatte das Gefühl, dass ich mal wieder eine Stufe tiefer in meine Krankheit gerutscht bin.
Nach Feierabend geht es derzeit einigermaßen (habe ja einige Werkzeuge bei Suchtdruck aus der Therapie und den Selbsthilfegruppen mitnehmen können), aber am Wochenende ist es richtig hart.

ICH WILL UND KANN NICHT MEHR, weiß aber auch, dass alles wieder beim alten sein wird, sobald es mir wieder gut geht - daher bin ich in diesem Forum auf der Suche nach Hinweisen zu Ärzten in Hamburg (gerne im Norden), die Baclofen verschreiben und möchte euch dann von meinen Erfahrungen berichten.

Ich freue mich auf eure Antworten (Arzthinweise bitte per PN.)!

Liebe Grüße.

Re: Neues Mitglied stellt sich vor!

Mittwoch 2. August 2017, 20:42

Lieber Privat,

willkommen im Forum. Schön, dass du uns gefunden hast!

Danke für deine eindrückliche Vorstellung. Bitte lese dir
die beiden folgenden Links vor dem Start mit Baclofen
sehr gründlich durch.

All you need

Königsweg

Lies dich mittlerweile auch mal im Forum ein, und du wirst hier einige
sehr brauchbare Erfahrungsberichte finden.

Privat hat geschrieben:weiß aber auch, dass alles wieder beim alten sein wird, sobald es mir wieder gut geht
Klingt sehr bekannt, ich habe das Problem 30 Jahre lang erleben dürfen. Die gute Nachricht dazu ist:
Dieses Verhalten ist sehr gut korrigierbar. Zusätzlich zur Baclofen-Therapie wirst du
auch die Gelegenheit haben, hier wertvolle Tipps zu sammeln bezüglich
psychotherapeutischer Massnahmen. Natürlich sind wir auch jederzeit für dich da,
wenn du Fragen hast oder Unterstützung brauchst.

Mittlerweile suche ich dir eine Arztadresse und schick anschliessend eine PN.

Alles Gute, lieber Privat und "GGG" (viel Geduld)

LG

Patrick

Re: Neues Mitglied stellt sich vor!

Mittwoch 2. August 2017, 21:02

Hallo Patrick,

vielen Dank für die schnelle Antwort!

Momentan drücke ich mich noch vor dem Gedanken, wieder eine Selbsthilfegruppe zu besuchen und eine neue Therapie zu beginnen, weiß aber, dass es unumgänglich ist - immer dieser kleine Zweifler im Hinterkopf der sagt, dass doch alles nicht so schlimm ist...IST ES ABER!
Kontrolliertes Trinken usw. kommt für mich nicht in Frage, alles schon probiert.
An dieser Stelle möchte ich mich nochmal für die schnelle Reaktion bedanken und werde mir dein "GGG" zu Herzen nehmen!
Lieben Gruß
V

Re: Neues Mitglied stellt sich vor!

Mittwoch 2. August 2017, 21:34

Lieber V

Selbsthilfegruppen, Therapierunden ... der Nutzen für Alkoholkranke mit deinem
Profil ist gering.

Denn letztendlich passiert bei dir alles im Kopf drin, nicht ausserhalb. Du selber bist
derjenige, der dir selber das Glas aus der Hand schlagen kann. Das wird niemand
anders für dich können, auch keine Wundermittel, geschweige denn Baclofen.
Ich kenne das Szenario: man will aufhören mit Trinken, und nach dem letzten Absturz
gelingt einem das vorerst auch, man ist motiviert, kann wochen- oder monatelang
ohne, weil man nicht mehr will.
Dann aber ist irgendwann die Motivation weg, und will man etwas trinken: Du sagst es
selber: "wenn ich mir eingeredet habe "ein Bierchen geht doch"". Solange es
diese Kurve, dieses Auf und Ab gibt, gibt's keine Lösung.
Mittels hier im Forum häufig dokumentierten Massnahmen kann man diese
Motivationsverluste entgegenwirken. Baclofen kann dabei sehr behilflich sein.

Ich kann dir ein Buch empfehlen, das mir und ein paar anderen Mitgliedern dieses
Forums auf dem Weg geholfen hat: Endlich ohne Alkohol, von Allen Carr. Lies es,
lies es sogar 2,3 oder 4 Male, bis der Inhalt sitzt. Es wird nicht schaden.

Zusätzlich hast du aber eine Angststörung. Mit dieser Materie bin ich nicht so vertraut,
aber es gibt hier im Forum sehr kompetente Therapeuten und Ärzte, die dich gut
beraten können.

Ich lade dich ein, hier so oft wie du willst zu berichten, über was in dir vorgeht,
was dich zum Alkoholkonsum triggert, und was du denkst, dagegen unternehmen
zu können.

LG

Patrick

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