Mittwoch 8. Januar 2014, 20:34
Vorweg: Hier gibt es keinerlei Bezug zum Thema Alkoholismus und ich hoffe, dass es doch recht ist, dass ich mich hier vorstelle, ohne einen direkten Draht zum Alkohol zu haben. Ich als Partner einer Alkoholikerin habe die gleichen Probleme, wie alle anderen Partner von Alkoholikern. Ich will dennoch (m)eine eigene Geschichte hier in den Vordergrund rücken.Hallo,
für mich ist es bezeichnend, dass ich mich hier wiederfinde. Als die erste Episode mit meiner alkoholkranken Freundin, durch ihren Aufenthalt auf der Intensivstation (Alkohol, Amphetamin, Kokain; Freundin im Winter im Wald aufgefunden), eine Pause fand, konnte ich mich besinnen. Die ersten Gedanken kreisten darum, dass es für mich nahezu vorbestimmt war, dass ich an eine süchtige Person geraten sollte. So wenig ich dem Wort für mich Bedeutung zusprechen will, so war es doch abermals schicksalsträchtig.
Nach dem Vorfall habe ich meine Freundin für gut ein halbes Jahr nicht gesehen. Nach kurzweiligem aktiven distanzieren von allen Geschehnissen (erledigen des Tagesgeschäfts), sollte ich doch bald in eine ugsprl. Lethargie fallen, die sich durch das Verhalten äußerte, dass ich nur zu gut kannte. Wie ein Stück treibendes Holz ließ ich die Verantwortung treiben, beschäftigte mich mit Computerspielen, Rauchen und ein paar Spielfilmen und Serien - als Alternative. Das lief zuvor schon für etliche Jahre auf diesem Niveau. Vereinzelt rissen mich Situationen aus diesem Loch, die mich weniger vegetieren als zweifeln ließen. Kurzweilige rein intellektuelle Reize ließen mich Bücher lesen, die mich betreffen, Informationen sammeln und letztlich erkennen, dass es keinen Wert hat. Keinen Wert ohne greifbares, dass man eben nicht im Rationalen, sondern in bewegenden Emotionen sucht. Sucht.
In meinen Aufenthalten in stationären und teilstationären Einrichtungen zeigte ich keine Besserung. Das Übel war, dass all die therapeutischen Maßnahmen zu den gestellten Diagnosen bloß reine Theorie blieben und ich zurück in den alten Trott entlassen wurde. Hier gilt es noch kurz zu erwähnen, dass auch in diese Einrichtungen mehr als Treibgut geflossen bin, als aus eigenem Interesse. Man sagte immer, ich solle für mich Verantwortung übernehmen, leben und so weiter, worauf ich entgegnen musste, dass ich nicht wüsste wofür das alles. In diesem Satz soll sich 10 Jahre später zeigen, dass man auch in totaler Teilnahmslosigkeit kein Idiot ist. Die Therapeuten jedoch verzweifelten.
Nach dem Vorfall (Intensivstation) kündigte ich meine Wohnung, der sie zuvor lediglich beiwohnte. Meine Hoffnung, Träume kreisten darum, dass ich ans Meer ziehen werde. Diese Idee stand jedoch mehr als Strohhalm zur Verfügung, um mich aus der Situation zu ziehen, die keinen reellen Halt bot. Ich sehne mir in derartigen Tagträumen oft eine bessere Welt zusammen, die doch meist an meinem anderen Verhalten gemessen ist). Eine Notbremse aus zwei Zauberbohnen. Zum Zeitpunkt der Schlüsselübergabe hatte ich noch immer keine neue Wohnung und zog vorrübergehend zu meiner Mutter und ihren Ehegatten nach Bayern (aus NRW). Dort scheiterte die Ehe, wir brauchten einen schnellen Ausweg und zogen in das Haus der Mutter meiner "Freundin". Sie sah schlimmer aus als je zuvor, aufgequollen, übergewichtig, überfordert. Ich werde nicht zu viele Worte über sie verlieren, da die Geschichte typisch untypisch ist. Viel mehr beitragen kann ich wohl zu der anderen Seite, der des Partners oder Angehörigen.
Es "trieb" mich zurück zu ihr. Das sollte aus heutiger Sicht weniger ein Fehler sein, als der notwendige Weg, um aus der Situation, die mir "bevorstehen musste" herauszubrechen. Ich litt unter der Situation, leistete jedoch auch das Nötige (Wohnung suchen, Möbel kaufen, Renovieren, Kochen, Putzen, Organisieren und bespaßen), ließ vieles schleifen, was mich selbst betraf und steh noch heute besser zu zweit, als allein da (ich mach es halt nicht für mich). Es ist für mich ganz klar, dass ich zwar meine Situation nicht angehe, ihre nicht begünstige (von wegen Coabhängigkeit), aber beide Personen in der Konstillation viel viel viel gewinnen können. Ich will es nicht schönreden, was hier abläuft, will mich keiner Illusion hingeben, aber will betonen, dass es vorgeschrieben scheint. Man will in derartigen Beziehungen wohl nicht nur nicht allein sein, sondern auch versuchen nach vorn zu schauen. Irgendwie ist das in uns drin, auch wenn wir vorher vollkommen entgegengelegene Wege eingeschlagen haben und alleine nicht in der Lage dazu sind.
Ich selbst bin einfach noch nicht soweit. Sonst wäre ich weg. Ganz klar. Man kann in solchen Verhältnissen auch nicht von Liebe sprechen. Dazu gilt es noch immer auch sich selbst zu lieben. In dem Moment, in dem ich mir selbst mehr geben kann als ihr, meine Ideen umsetzen will und ins Leben aufbreche, werde ich sie auch zurücklassen. Nur ist das noch nicht in dem Maße gegeben. Es kündigt sich aber bereits an. Durch die anstehende Baclofen Therapie ist zwarviel Hoffnung aufgekommen, die einen mittlerweile über den Tag rettet, diese Beziehung wird aber nur ihre beiderseits willentliche Auflösung retten.
Damals wusste ich nicht, wofür ich "antreten" sollte und kann heute sagen, dass die Crux im Vermeiden dessen liegt, was mich am "Leben" teilhaben lässt. Ewige Ängste und Unsicherheiten ließen mich so weit rennen, dass ich gar nicht mehr weiss, wo ich herkomme. Seit ich denken kann habe ich kein Vertrauen zu niemanden, am wenigsten zu mir selbst. Ich hatte unermessliche Angst vor den eigenen Emotionen und Affekten und unterdrückte alles. So weit, dass ich selbst Tests weit überdurchschnittlich abschloss. Ich war bei einem Experten für Hochbegabte, der mich zu überzeugen suchte, mich meinem intellektuellen Wesen hinzugeben. Ich konnte mich damit nie anfreunden; entwickelte eher narzisstische Züge.
Die Entwicklung zum Schulversager, arbeitslosen, der sich nur durch Glück und Begabung einen höheren Lebensstandard leisten kann trat ein. Das war alles aber nicht so schlimm wie die Angst. Ich arrangierte mich zuhause für mich und war mit Ablenkung und Zigaretten (die mir die Gesundheit rauben) zufriedengestellt, auch wenn es einige Anläufe gab mich auszugraben. Ich konnte da bislang nicht herantreten. Ich wünsche mir so oft, träume willentlich von einem anderen Ich, dass es schon bezeichnend für die Missstände in mir ist. Offener, selbstverständlicher Umgang mit mir und anderen wünsche ich mir. Genau das Gegenteil lebt. Ich weiss immer noch nicht was ich will. Der erste Antrieb, hervorgebracht aus motivierender Freude, die sich aus glücklichen Situationen ergab, erstickt, alsbald der erste Widerstand den Strom unterbricht. Mir fehlt etwas, von dem man sich offensichtlich, auch mit größter Mühe nicht freisprechen kann:
- Im Falle des Machtmotivs sind es Epinephrin und Norepinephrin,
- im Falle des Zugehörigkeitsmotivs ist das Dopamin,
- bei Anregung des Leistungsmotivs werden Vasopressin und Arginin ausgeschüttet
- Dateianhänge
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- Grundmotive nach McClelland