Baclofen Forum vs Alkoholismus

Informationen zu Baclofen bei Angststörungen, substanzinduzierten Störungen und Depressionen. Informationen und offenes Diskussionsforum zu Selincro (Nalmefen) sowie alle progressiven Therapieoptionen im Kontext mit Alkoholismus
alkohol-und-baclofen-forum

 
Aktuelle Zeit: Samstag 24. Mai 2025, 16:13

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]



Schliessung des Forums: Das Forum wurde mangels Beteiligung zum 31.12.2019 eingefroren und dient künftig als Nachschlagewerk.
Für aktuelle Informationen besuchen Sie bitte unser Nachbarforum.

Das Forumsteam

P.S. In liebevoller Erinnerung an den verstorbenen Gründer des Forums Friedrich Kreuzeder (Federico), hier noch ein Video.





Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 6 Beiträge ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Auf und Abs nach knapp 3 Monaten Baclofen-Einnahme
BeitragVerfasst: Donnerstag 6. Mai 2010, 14:22 
Offline
Moderator
Benutzeravatar

Registriert: Montag 15. Februar 2010, 17:23
Beiträge: 209
Wohnort: Berlin
Wer bist du? Wie würdest du dein Trinkverhalten beschreiben?

Hallo, mein Name ist Anke, ich bin Alkoholikerin. :smt002 Ich bin 28, trinke seit meinem 14. Lebensjahr, seit 5 bis 6 Jahren würde ich mich als alkoholabhängig bezeichnen. Aufgefallen ist mir mein Alkoholismus seit der Jahreswende. Ich trank damals zwischen 1 bis 2 Flaschen Wein (bei einer Größe von 1,70m und einem Körpergewicht von 45 bis 50 kg nicht gerade wenig). Ich würde mich als eine Mischung aus Spiegel- und Problemtrinkerin bezeichnen. Spiegeltrinkerin, weil ich immer Abends meinen Spiegel brauchte, um einschlafen zu können. Problemtrinkerin, weil ich seit meiner Kindheit an vielen, vielen irrationalen Ängsten leide, die teilweise bis ins Psychotische gingen.

Wie hast du von Baclofen erfahren?

Von Baclofen habe ich das erste Mal im Februar 2010 gehört. Damals, als mir meine Alkoholkonsum aufgefallen ist, bin ich durch verschiedene Einrichtungen gegangen, die mir allesamt eine jahrelange Langzeittherapie empfohlen haben. Die Vorstellung, jahrelang und im Grunde von der Gesellschaft ausgesperrt verwahrt zu werden, war mir ein Horror. Durch die einfache Google-Anfrage "Medikament gegen Alkoholismus" stieß ich auf Baclofen.

Wann hast du Baclofen eingenommen und wie würdest du die Wirkung danach beschreiben?

Mitte Februar (nach der wirklich sehr guten und zahlreichen Unterstützung hier im Forum) begann ich mit dem Experiment. Ich entgiftete dreitägig und nahm danach die erste Baclofen-Tablette ein.
Die Wirkung gegen das Craving war vom ersten Tag an zu spüren. Die Wirkung gegen meine Ängste schon nach drei bis vier Tagen. Seit Jahren leide ich an Schlafstörungen. Die einschläfernde Wirkung von Baclofen trat bei mir nicht ein. Ich nehme gegenwärtig 30 bis 40 mg täglich ein.

Gibt es Nebenwirkungen?

Konzentrationsschwierigkeiten, Schwindel, Wortfindungsstörungen, Müdigkeit, jedoch nichts Dramatisches. Die Nebenwirkungen, bis auf die dann nur noch abendliche Müdigkeit, verschwinden, sobald sich der Körper an das Medikament gewöhnt hat.

Hast du während der Einnahme Alkohol konsumiert?

Leider war der Frust über die verbliebenen Schlafstörungen zu groß und dadurch dass ich meine Ängste so schnell verlor, wurde ich überheblich. Ich trank schon in der zweiten Woche, in der Hoffnung, Baclofen hätte mir den Alkoholismus aus dem Leib gejagt.
Fehlschluss, denn es ging darauf hinaus, dass ich den versäumten Alkoholkonsum im Grunde nachholte, den ich aus der Abstinenz "erlitten" hatte und das Suchtmonster war letztendlich auch so gewaltig, dass ich die Einnahme von Baclofen weg ließ und mich ganz dem "Suff" hingab.
Mit Mühe und Not rappelte ich mich wieder auf. Ich nahm Baclofen wieder ein und hatte plötzlich das, was Dr. Ameisen in seinem Buch als "Schlafen wie ein Baby" bezeichnet hat. Ich entgiftete mit Baclofen und habe seit diesem Moment, vor ziemlich genau zwei Monaten keinen Alkohol mehr getrunken.

Bist du von deiner Sucht geheilt?

Es geht mir so gut wie seit langem nicht mehr. Schon nach der dritten Versuchswoche hatte ich den magischen Tag, an dem ich in keinem einzigen Moment an Alkohol dachte. Das war früher undenkbar.
Ich denke, vorsichtig ausgedrückt, dass ich von meinem Alkoholismus mittlerweile geheilt bin. Ich koche oft und gerne und benutze auch gerne Wein und Bier zum Kochen. In jeder Selbsthilfegruppe wird dir gesagt, dass man derartiges nicht darf, dass man nicht einmal mehr Parfüm, das Alkohol enthält benutzen darf. Es darf zudem auch kein Alkohol im Kühlschrank stehen (in meiner WG absolut unmöglich).Ich halte mich an keinerlei der Richtlinien und habe auch kein Problem damit, dass mein Mitbewohner trinkt.
Ich bin auch gerne auf Partys und fühle nicht einmal Craving (manchmal vergesse ich auch die prophylaktische Notfalldosis). In Berlin wird häufig Club Mate getrunken. Ich liebe es. Die Flasche sieht aus wie eine Bierflasche, das Getränk sieht aus wie Bier und es schmeckt ähnlich herb. Normale Alkis würden ausrasten, wenn sie derartiges sehen würden, ich nicht. Ich muss weder darauf achten, dass in irgendeinem Lebensmittel Alkohol drin ist. Ängste vor der Berührung mit Alkohol habe ich keine, ich bin gut gelaunt, treffe mich gelegentlich mit alten "Suffkumpanen" und es fällt mir leicht, Ihnen beim Trinken zuzusehen.
Bevor es andere falsch verstehen: Ich bin mir absolut sicher und Freunde und Bekannte haben es mir bestätigt, dass ich eine Alkoholikerin bin. Ich habe zu keiner Zeit "nur" Alkoholmissbrauch betrieben, sondern haben den Alkohol physisch gebraucht.

Welche anderne positiven Wirkungen hast du seit der Einnahme beobachten können?

Ich bin essgestört. Ich hab jahrelang auf Essen verzichtet, um mich für irgendetwas zu bestrafen. Mir ist aufgefallen, dass ich seit der Abstinenz häufiger einkaufe (damals bin ich maximal 1 x wöchentlich einkaufen gegangen). Baclofen hilft mir normal zu essen.
Ich bin auch kaufsüchtig. Beim Wein trinken habe ich ständig unnützen Schrott im Internet bestellt und habe ich Tage später darüber gewundert, warum ich es gekauft habe, u.a. Kosmetika für mehrere 100 Euro, obwohl das gesamte Badezimmer voll davon ist.
Ich bin ein Hypochonder. Sonst bin ich immer mindestens 2 x monatlich zum Arzt gegangen (mit Folgeuntersuchungen mindestens 3 x monatlich). Seit der Abstinenz, und weil ich mich kerngesund fühle, bin ich nur einmal beim Arzt gewesen.
Natürlich sind Alkis latent suizidgefährdet. Ich hatte während meiner Alkohol"karriere" den ständigen Drang, dass "mickrige wenig Leben" in mir zu beenden. Das sind Suchtgedanken. Es ist mehr die Abstinenz als das Baclofen, dass antidepressiv wirkt. Ich kann morgens in den Spiegel schauen, ohne mich zu verachten.
Die Liste könnte ich noch weiter fortsetzen. Ich glaube, aber dass alles biologische Ursachen hat, die Baclofen wirksam bekämpft und bekämpfen kann.


Hast du Tipps bei der Einnahme von Baclofen?

Vorneweg: Entgiftet, bevor ihr Baclofen einnehmt! Ich weiß aus persönlich Erfahrung, dass die Entgiftung mit Hilfe von Baclofen zwar klappt, aber viel viel schwieriger ist, aber die positiven Wirkungen der Einnahme nicht rasch in so schnell eintreten. Alkoholiker sind ungeduldige Menschen, deswegen würden sie eine derartige Ausdauer meist nicht haben. Außerdem sind die Wechselwirkungen zwischen Alkohol und Baclofen nicht einschätzbar.
Ihr solltet also sehr viel Geduld haben, evtl. sogar wochenlange. Aber was ist schon Wochen im Vergleich zu Jahren quälenden Alkoholismus?
Außerdem immer eine Notfalldosis in der Tasche habe.
Innerhalb der ersten drei Monate würde ich generell von einem Experiment mit Alkohol abraten.
Es ist auch falsch zu denken, man bräuchte keine Willenskraft, wenn man Baclofen einnimmt. Man braucht nur weniger Willenskraft. Gibt es keinen Wunsch aufzuhören, braucht man auch mit Balcofen gar nicht erst anzufangen.
Ach ja, denkt überhaupt nicht daran, dass euch Baclofen gegen eure Nikotinsucht hilft. Das führt nur zu falschen Illusionen.

Würdest du Baclofen weiter empfehlen?

Definitiv ja. Es ist nie zu spät seine alte Würde wieder zu erlangen, die einem durch die Sucht geraubt wurde. Baclofen hat, wie schon gesagt, kaum negative Nebenwirkungen. Es wird euch weder töten, noch macht es abhängig. Selbstverständlich gibt es auch den Weg, trocken zu werden, ohne Einnahme von Baclofen. Aber was ist die Folge? Es ist ein lebenslanger Kampf gegen seine eigene Sucht. Alkohol lauert überall. Dieser Kampf ist vollkommen unnötig. Ein lebenslanger Kampf gegen die Gier nach Alkohol ist in meinen Augen auch kein lebenswertes Leben mehr.
Ihr werdet vollkommen neue Menschen sein. Erfahrungsgemäß weiß ich, es gibt nur einen Moment im Leben eines Alkoholiker, in dem er eins mit sich ist. Das ist der tragische Moment, in dem er die Flasche öffnet. Man könnte jetzt argumentieren, warum überhaupt aufhören? Ganz einfach: Alkoholismus ist eine tödliche Krankheit.
Baclofen gibt euch die Möglichkeit wieder Herr eurer Lage zu sein.


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: Donnerstag 6. Mai 2010, 15:46 
Offline
Gründer †
Benutzeravatar

Registriert: Freitag 27. November 2009, 17:11
Beiträge: 8253
Wohnort: München
@Anke,

das ist doch mal ein Posting.

Könntest Du aus Deiner Rückfallerfahrung und der positiven Entwicklung einen Satz für „first aid“ komprimieren?

LG Federico

_________________
„Es gibt keine Alternative zum Optimismus,
Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: Donnerstag 6. Mai 2010, 21:21 
Offline
Moderator
Benutzeravatar

Registriert: Montag 15. Februar 2010, 17:23
Beiträge: 209
Wohnort: Berlin
Ich weiß nicht, inwiefern es für First Aid sinnvoll ist, eine solche Erfahrung hinzuzufügen. Es würde darauf hinauslaufen, zu sagen, lasst es sein und macht eher eine Therapie. Oder wartet ab und ihr könnt irgendwann mal wieder Alkohol probieren, aber wie lange kann ich auch nicht beantworten. Ich weiß nur, dass ich zur Zeit überhaupt kein Verlangen nach Alkohol habe und auch keinen Sinn darin sehe, es überhaupt zu versuchen.


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: Freitag 7. Mai 2010, 07:31 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mittwoch 3. Februar 2010, 21:29
Beiträge: 195
Hallo Anke!BildBild

Alles was du da schreibst kann ich Unterschreiben,nur das ich noch keinen Rückfall hatte!


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: Sonntag 9. Mai 2010, 02:41 
Offline
Moderator
Benutzeravatar

Registriert: Montag 15. Februar 2010, 17:23
Beiträge: 209
Wohnort: Berlin
Ich fand die Rückfallerfahrung wichtig für mich, weil ich sonst niemals gemerkt hätte, dass es mir abstinent viel besser geht. Ich brauch ja nur meinen eigenen damaligen Erfahrungsbericht hier im Forum zu lesen, um mir wieder in Erinnerung zu rufen, wie besch... es mir da erging.

Gestern hat mein WG-Mitbewohner eine leere Packung Baclofen im Mülleimer gefunden. Seine Freundin hat im Internet recherchiert. Als ich dann nach Hause kam, hat er mich zunächst fest in den Arm genommen und dann auf Multiples Sklerose angesprochen. Ich wusste zunächst nicht, was er von mir wollte, bis mir dann eingefallen ist, dass Bac gegen MS eingesetzt wird.
Bei einer Flasche Bier wollte er das die gesamte Angelegenheit und den Schweregrad der Erkrankung bei mir in Erfahrung bringen. Als ich ihm dann erklärt habe, dass ich nicht krank bin, beließ er es dabei.
Heute fragte er mich wieder, ob ich mich auf ein Bierchen mit ihm zusammen sitzen möchte. Als ich wieder verneinte, antworte er, dass es ja auch besser wäre, keinen Alkohol zu trinken, wenn man krank ist.
Auf das allabendliche Kiffen im Wohnzimmer hat er dann gestern und heute mir zuliebe (ich hasse den Geruch) verzichtet.
Wenn er weiterhin auf das Kiffen verzichtet, dann bin ich gerne MS-krank für ihn. Andererseits würde ich das auch als positive Nebenwirkung von Baclofen verbuchen. :smt002
Ich werde sowieso demnächst ausziehen.


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: Samstag 31. Juli 2010, 17:35 
Offline

Registriert: Donnerstag 29. Juli 2010, 22:17
Beiträge: 55
Wohnort: Leipzig
ich bin neu hier und habe das jetzt erst gelesen und sage mal das war ein interesanter beitrag. ich freue mich immer mehr auf den tag, was nachste woche sein wird, wenn meine bac. eintreffen.

Ein lebenslanger Kampf gegen die Gier nach Alkohol ist in meinen Augen auch kein lebenswertes Leben mehr.

das sind meine gedanken, und ich denke wohl auch nicht nur meine gedanken sondern die von allen hier.

mich würde interessieren ob du noch immer trocken bist?

lg daniel[/i]


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 6 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  



YouTube facebook_button

Powered by phpBB® Forum Software © phpBB Group
© 2009-2015 Alkohol und Baclofen Forum.de
Template made by DEVPPL - Deutsche Übersetzung durch phpBB.de

 StopForumSpam 



@MEMBER OF PROJECT HONEY POT
Spam Harvester Protection Network
provided by Unspam