Ein Baum, der fällt, erregt mehr Aufsehen,
als ein Wald, der wächst.
Tibetische Weisheit
Website mit umfangreichen Informationen über Recovery Wer sich informieren möchte, sollte einige Stunden investieren.
Die psychiatrische Versorgung ist traditionellerweise darauf ausgerichtet, Probleme,
Krankheiten und Defizite zu erfassen und sie dann – wenn möglich – zu behandeln.
Menschen zu helfen, ist im Grundsatz eine sinnvolle und ehrbare Sache, jedoch wurden
Hilfestellungen in der Geschichte der Psychiatrie
(und der Medizin im Allgemeinen) oftmals
über die Köpfe der betroffenen Personen hinweg geplant und durchgeführt.
Im Unterschied dazu wird heute die Sichtweise Betroffener stärker beachtet,
und mit Recovery hat ein Ansatz an Einfluss gewonnen, der weitgehend auf den Erfahrungen
psychiatrieerfahrener Menschen beruht und von diesen selbst konzeptualisiert wurde.
Darüber hinaus werden Modelle
der Partizipation auf breiter Ebene diskutiert und zunehmend
umgesetzt. So ist etwa das Modell der gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen
Fachpersonen und Betroffenen (Shared Decision Making; Adhärenz) aus der medizinischen
Versorgung nicht mehr wegzudenken.
Wie eine psychiatrische Versorgung unter konsequenter Einbeziehung der Betroffenen
aussehen kann, lässt sich in angelsächsischen Ländern beobachten, wo sich der
personenzentrierte Recovery-Ansatz etabliert hat und vielerorts die Planung und Gestaltung
der psychiatrischen Versorgung bestimmt
(wie zum Beispiel in Irland, Neuseeland sowie
mehreren US-Bundesstaaten); eine weitgehende Partizipation Betroffener wird dabei teilweise
(wie im Fall des Vereinigten Königreichs) gesetzlich eingefordert.
Auch in den deutschsprachigen Ländern existieren zahlreiche Initiativen zur Umsetzung des
Recovery-Ansatzes, so konnten beispielsweise in Deutschland und der Schweiz Studiengänge
für Menschen mit Erfahrungen eingerichtet werden
EX-IN, Expertinnen und Experten durch Erfahrung.
In den Ausführungen (auch EX-IN) taucht das Wort Alkohol oder Alkoholismus nicht auf.
Allenfalls ist von psychotropen Substanzen die Rede. Einige unter uns, haben ohne es zu
ahnen, bereits ihr persönliches Recovery-Programm mit Hilfe von Baclofen und Unterstützung
durch die Foren und/oder einen verständigen Partner gestartet.
Mindestens ein Mitglied des Forums befindet sich derzeit in der EX-IN-Ausbildung.
Anlässlich eines Infoabends hatte ich Gelegenheit mit den Initiatoren zu sprechen und
habe erfahren, dass ca. 60% der EX-IN Absolventen über Erfahrungen mit psychotropen
Substanzen verfügen. Noch gehört es in den meisten Entgiftungs- und Entwöhnungseinrichtungen
zum Pflichtprogramm, eine konventionelle Selbsthilfegruppe (AA) zu besuchen.
In einigen Fällen werden bei Weigerung Sanktionen wie z. B. Ausgangssperre angedroht.
Allmählich aber dreht sich der Wind und aus dem erhobenen Zeigefinger wird die offene Hand
der Achtsamkeit. Es wird noch einige Zeit dauern bis sich Recovery in der Breite durchsetzt,
bis dahin gilt:
Wenn wir alles unterließen,
was wir nicht vollenden können,
hätte die Menschheit wenig vorzuweisen.LG Federico