erinnert. Johann Hari erläutert das Experiment sehr ausführlich in dem Huffpost-Artikel.
Es gibt eine Alternative. Es kann ein System aufgebaut werden, dass Drogenabhängigen hilft,
wieder eine Verbindung zur Welt aufzubauen und so ihre Sucht hinter sich zu lassen.
Das ist nicht bloß graue Theorie. Dieser Ansatz wird umgesetzt und ich habe es mit eigenen
Augen gesehen. Vor fast fünfzehn Jahren hatte Portugal eines der schwersten Drogenprobleme
in Europa - ein Prozent der Bevölkerung war heroinsüchtig. Sie hatten es mit einem Krieg
gegen die Drogen versucht, doch das Problem verschlimmerte sich nur weiter.
Daher wurde beschlossen, einen radikal anderen Ansatz zu testen. Es wurde beschlossen,
alle Drogen zu entkriminalisieren und die Gelder, die bisher für die Verhaftung und die Haft
von Drogensüchtigen verwendet wurden, darein zu investieren, sie wieder mit ihren eigenen
Gefühlen und der Gesellschaft in Kontakt zu bringen.
Der wichtigste Schritt hierbei war, ihnen eine sichere Unterkunft und subventionierte Jobs zu
verschaffen - um ihrem Leben einen Sinn und ihnen einen Grund zu geben, morgens
aufzustehen. Ich beobachtete, wie ihnen in warmen und freundlichen Kliniken geholfen wurde,
wieder einen Zugang zu ihren Gefühlen zu bekommen, nach jahrelangen Traumata und dem
Versuch, diese mit Drogen zum Schweigen zu bringen.
Ein Beispiel, das ich sah, waren ein paar Süchtige, denen ein Kredit gewährt wurde, um eine
Spedition zu gründen. Sie waren plötzlich eine Gruppe und gehörten zusammen, sie wurden
ein Teil der Gesellschaft und waren füreinander verantwortlich.
Die Ergebnisse dieses Versuchs sind jetzt da. Eine unabhängige Studie des britischen Journal
of Criminology fand heraus, dass seit der Entkriminalisierung,
die Zahl der Süchtigen und der
Konsum von injizierbaren Drogen um 50 Prozent abgenommen haben. Ich wiederhole: Der
Konsum von injizierbaren Drogen hat um 50 Prozent abgenommen. siehe auch hierDie Entkriminalisierung war so ein durchschlagender Erfolg, dass nur sehr wenige Menschen
zum alten System zurückkehren wollen. Der stärkste Gegner der Entkriminalisierung im Jahr
2000 war João Figueira - der führende Drogenfahnder des Landes. Er hatte all die düsteren
Warnungen parat, die man vom Daily Mail oder Fox News erwarten würde.
Aber als ich mich mit ihm in Lissabon traf, erzählte er mir, dass seine Vorhersagen nicht
eingetroffen seien - und dass er nun hoffe, dass die ganze Welt dem Beispiel Portugals folgen
würde.
Mir ist nicht bekannt, dass diese Erkenntnisse auf deutschen Suchtkongressen diskutiert
werden oder wurden. Prof. Bruce Alexander wurde wahrscheinlich nie eingeladen.
Auch Dr. João Goulão, der Initiator der erfolgreichen Entkriminalisierung von Drogen in
Portugal wäre sicher gerne gekommen, hätte man ihn eingeladen. Stattdessen wächst die Zahl
der Propagandisten und finanzkräftigen Sponsoren im Foyer und in den Nebenräumen der
Kongresse in's Uferlose. Vielleicht macht mal irgendjemand, irgendwann, zu diesen Themen
ein passendes Poster ...