Montag 7. Dezember 2009, 16:25
@Tigerfee,
ich weiß nicht woher dieser Begriff „Wunderpille“ kommt. Eigentlich kenne ich ihn nur aus den Alkoholiker-Foren aus denen ich „entfernt“ wurde und da wurde er ausschließlich von den Baclofen-Gegnern gebraucht. Schon deshalb werde ich hier nicht erneut ausführen, warum Baclofen von mir und ich denke auch von allen anderen Foris, nicht irrtümlich als „Wunderpille“ gesehen wird.
Zur sogenannten ärztlichen Kontrolle im Entzug könnte ich hier ein Buch schreiben. Nur soviel: bei meinen überwachten klinischen Entzügen, fand so gut wie keine ärztliche Kontrolle statt. Trotz „Überwachung“ erlebte ich mehrere Delierien und diverse Krampfanfälle von Mitpatienten. Ich selbst wurde von derartigen Zwischenfällen nicht heimgesucht aber die Erinnerung an den Umgang des Pflegepersonals (kein Arzt anwesend) lässt mich noch heute erschauern (Grusel).
Wenn man die Berichte aus den überwachten Studien über Baclofen aufmerksam liest, stellt man fest, daß ein Teil der Personen trotz Baclofen weiter Alkohol zu sich nahm. Allerdings in weitaus geringerem Maß als zuvor. In der Placebo-Gruppe war dieser Effekt nahezu bei Null. In diesem Zusammenhang würden mich die Berichte Deines Arztes schon sehr interessieren. Sollte sich ein Hinweis auf die von Dir beschriebene Gefährlichkeit finden, würde ich dringend vor einem Entzug mit Baclofen bei gleichzeitiger Alkoholreduktion warnen.
Die Methode „geplantes Reduzieren von Alkohol (ausschleichen -20-30% tägl.)“ bei gleichzeitigem „Einschleichen von Baclofen“ ist sicher umstritten, birgt aber definitiv kein größeres Risiko als der abrupte Totalentzug in der Klinik, mit geschätzten P-mal-Daumen-Dosierungen von Benzodiazepam, Distraneurin oder anderen Beruhigungsmitteln. Zur Gefährlichkeit von Diazepanen hier ein Link:
http://www.thefirststep-berlin.de/htm/iframe_substanz.htm
Wenn Du diese Warnhinweise mit den möglichen Nebenwirkungen von Baclofen vergleichst, wird schnell klar wo die Unterschiede liegen. Ich habe übrigens in der Klinik die Bekanntschaft mit einer großen Zahl von Alkis gemacht, die gleichzeitig seit Jahren Benzoabhängig waren. Seitdem bin ich von Entzugskliniken geheilt und finde es völlig verantwortungslos, diese Therapie-Art nach wie vor als die einzig richtige Methode zu propagieren. Wie schnell das Zeug bereits nach nur 1-wöchiger Einnahme abhängig macht, konnte ich am eigenen Leib nachvollziehen. Ein befreundeter Arzt, der früher in einer Entzugsklinik tätig war, meinte man würde mit diesen Methoden den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Im Kollegenkreis mache man sich darüber lustig und meinte dazu, so hätten die jüngeren Kollegen immer genug Nachwuchs denn der Benzoentzug ist fast unmöglich, die kommen immer wieder.
Wie kommst Du eigentlich mit Deiner Dosis langfristig zurecht? Erlebst Du Unterschiede zu früheren Therapien und hast Du Angst vor Rückfällen? Ich bin derzeit bei 3x12,5mg tägl. und habe im Gegensatz nicht die geringste Angst vor Rückfällen, ganz im Gegensatz zu früher. Beeinträchtigungen im Alltag bisher keine, nach 6 Monaten plane ich eine allmähliche Dosisreduktion auf 3x5mg/tägl.
Selbsthilfegruppe besuche ich seit 2 Monaten. Allerdings eine spezielle Gruppe in Sachen Angststörung. Mit den einschlägigen SHGs bin ich durch, mir war das immer zu oberflächlich und ausschließlich symptombezogen. Grundsätzlich mag es für einige eine hilfreiche Möglichkeit sein, mich hat es immer nur runtergezogen.
LG
Federico