Mittwoch 12. Juli 2017, 17:07
Hallo zusammen!
Mittlerweile freue ich mich richtig nach Hause zu kommen und zu lesen, was sich hier Neues getan hat. Danke erstmal euch allen für Zuspruch und Ermunterung. Ich denke auch, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Es scheint zu funktionieren. Gestern war der zweite alkoholfreie Tag, den ich in den kritischen Abendstunden mit Sauna verbracht habe. Danach habe ich MEGAGUT geschlafen. Mehr als einen trockenen Tag, habe ich übrigens in diesem Jahr noch nicht hinbekommen und das auch nur, wenn ich am Tag davor mehr als eine Flasche WW hatte. Die Dosis (5mg) vertrage ich bisher gut. Morgens und abends ohne irgendwelche Nebenwirkungen, mittags allerdings (ich nehme sie, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme gegen 14 Uhr) werde ich dermaßen müde, dass ich mich erst mal zu einem kleinen Nickerchen auf die Coach lege. Das ist SO ungewohnt. Passiert mir sonst nie. Ich powere normalerweise durch, bis zum Abend.
Mit den alternativen Kochzutaten mache ich mich mal vertraut. Habe gerade weißen und roten Johannisbeersaft aus meinen Beeren gemacht, könnte auch schmecken. Wo kaufst du dieses Bio-Schicki-Micki-Rotweinessig-Zeugs, Kunor? Hört sich gut an

Gestern war ich im Getränkemarkt und habe Probeflaschen von allem gekauft was alkoholfrei ist und sich lecker anhörte. Von BioZisch gibt es eine Rosenlimonade, die ist der Hammer. Sieht auch total edel aus im Sektglas. Wie Rosésekt. Kostet auch ähnlich viel... Davon durfte auch eine Flasche mit zu mir nach Hause...
Zu einigen Gedanken möchte ich noch ausführlicher antworten.
Bine hat geschrieben: Welche Scham und Schuldgefühle meinst du?
Schuldgefühle ? Wem gegenüber ? Dir gegenüber ? Nein, muẞt du nicht haben.
Das ist so leicht gesagt.
Ich könnte in Schuldgefühlen BADEN...Schuldgefühle habe ich mir gegenüber, meinem Körper gegenüber. Schon lange. Dafür was ich "ihm und seinen Organen" angetan habe. Dadurch sind Ängste entstanden. Ich habe Angst vor den Folgen meiner Sucht. (Bisher scheint nichts Schlimmes passiert zu sein, aber was kommt da noch?)
Schuldgefühle habe ich auch meiner Tochter gegenüber, für mein schlechtes Vorbild im Umgang mit Sucht. Bisher raucht sie "nur" und ist wirklich ein großartiger Mensch, aber denoch...
Schuldgefühle meinen Hunden gegenüber, für jeden Spaziergang, jedes Training das ausgefallen ist, weil ich zu müde war.
Bine hat geschrieben:Kann es sein das dir alles zuviel geworden ist ?
Diese schlichte Frage hat mich ziemlich berührt. Ja, es ist mir alles zuviel geworden. Ich habe ja eingangs nicht viel über mich berichtetund vielleicht ist es auch nur eine "typische Säufergeschichte", aber ich will ein wenig ausholen. Keine Angst ich fange nicht an mit Kindheit und Jugend. (Die wäre schnell erzählt, bestand sie doch im Wesentlichen aus Abwertung und hier und da einen ordentlichen Schlag an den Hinterkopf, der ja bekanntlich noch keinem geschadet hat *ironieoff...)
Der Alkohol ist übrig geblieben von einer langen Zeit voller Abhängigkeiten. Ich war noch vor 10 Jahren sowohl abhängig von Nikotin (20-40 Zigaretten täglich in den Abendstunden) als auch von Onlinespielen (Everquest, dannach World of Warcraft ebenfalls in den Abendstunden, teilweise bis 3 Uhr morgens. Stichwort "Raid".) Dazu kam auch damals schon der Wein, ebenfalls abends 1-2 Flaschen. Ich hatte noch eine volle Stelle in der Geriatrie und Palliativmedizin, die auch phsychisch sehr anspruchsvoll war, eine Tochter, die ich alleinerziehend groß gezogen habe und einen Hund. Mein neuer Partner mit dem ich mir gerade ein Haus plus 1400 qm Garten gekauft hatte, verlor damals seine Arbeit vor Ort und zog 400 km entfernt einem Job nach. Ich war alleine.
Ich schlitterte geradewegs in eine mittelschwere Depression hinein und war erst einmal über 1 Jahr aus dem (Berufs)verkehr gezogen. Das war meine RETTUNG!
Ich fand einen ambulanten Therapieplatz (2x in der Woche 60 min) und wühlte mich langsam wieder heraus. Ich schaffte den Nikotinentzug und einige Zeit später gab ich auch das Spielen auf. Damals schon begann ich alte Beziehungen wieder aufleben zu lassen, suchte mir Hobbies, die meine Spielsucht ersetzen konnten. Vor allem aber kümmerte ich mich um das, was ich bereits in meiner Verantwortung hatte: Meine Tochter, mein Hund, mein Garten und meinen Körper. Ich fing das NordicWalken an, stellte die Ernährung um usw...
Wer all die Jahre an meiner Seite blieb, ja mich geradezu anfeuerte, war der Alkohol. So als verhandelte er mit mir: Such´s dir aus, eins geht nur, sonst gehst du drauf... Aber ich machte weiter, ging in eine Reha wo ich freiwillig eine Alkohlverzichtserklärung unterschrieb. Ich schaffte es in diesem klar strukturierten Umfeld, in dem ich mich auch mal nur um mich kümmern durfte, 6 Wochen nichts zu trinken. Seitdem legte ich mehrfach im Jahr alkoholfreie Zeiten ein, den Januar war ich die vergangenen 4 jahre komplett abstinent. Ich fühlte mich wirklich stark und kraftvoll. Ich legte die Hochbeete an, machte einen Imkerkurs, belegte einen Nähkurs und entwickelte mich. 2014 war eins der glücklichsten Jahre meines Lebens. Mit wenig Alkohol.
Auf diesen Boden traf Ende 2015 die Krebsdiagnose meiner besten Freundin. Da sie alleinstehend war und ich unter der Woche alleine, bot ich ihr an die schwere Zeit der Chemo und auch die Zeit nach ihren vielen OPs bei uns zu verbringen. Meine Tochter war gerade ausgezogen und ihr Zimmer war frei geworden. Ende letzten Jahres als es ihr langsam besser ging, bekam mein Vater eine tödliche Diagnose gestellt. Auch hier habe ich alles unternommen um ihn und meine Mutter zu unterstützen. In dieser Zeit der Pflege von Freundin und Vater verlor ich mich wieder TOTAL im Alkohol, vernachlässigte mich in meiner Fürsorge für mich selbst.
Es klappte auf einmal nicht mehr mehr als einen Tag ohne Wein zu verbringen, kein Sport mehr, keine Lust mehr an den Hobbies, die mir vorher so viel Kraft geschenkt hatten.
Nun kommt die Scobel Sendung bzw. der Film vorher ins Spiel.
Und voila: Hier bin ich
Wenn Biene also schreibt:
Bine hat geschrieben:Kann es sein das dir alles zuviel geworden ist ?
und
Bine hat geschrieben:Also bleib ruhig, man schafft nicht unbedingt alles auf einmal, kümmer dich erstmal um dich !
...dann berührt mich das sehr, denn es trifft, so glaube ich, den Nagel auf den Kopf.
Danke für´s Lesen und die Anteilnahme und auch die hlfreichen Anregungen. Auf einige andere Dinge gehe ich später noch gerne ein. Bin platt...
Liebe Grüße
Liesbet