Samstag 19. März 2011, 23:15
Nachtrag Tag 10Tag 10 hat sich gegen Ende noch verschlimmert. Eine Hiobsbotschaft. Streit inklusive. Hat zu einer weiteren Dosis von 12,5mg geführt. Insgesamt also 12,5 - 25 - 12,5 - 12,5.
Keine Nebenwirkungen.
Bactag 11 (gestern)An Tag 11 hat sich die Situation dann glücklicherweise wieder etwas entspannt. Die Nachwirkungen des Streits waren natürlich noch immer da und sind es auch heute noch. Ich bin jedenfalls direkt bei 12,5 - 25 - 25 geblieben. Keinerlei Nebenwirkungen. Kein Craving.
Bactag 12 (heute)Heute werde ich wieder 12,5 - 25 - 25 nehmen. Die letzte Dosis steht noch aus. Kein Craving. Keine Nebenwirkungen. Streit wirkt noch immer nach.
Zur sozialen Phobie:
Erst mal hält man sich immer für den Mittelpunkt des Weltgeschehens. Man fühlt sich von jedem beobachtet und bewertet. Wäre es aber nur das, so wäre es ja noch akzeptabel.
Bei mir ist es aber schlimmer: Treff ich Menschen, bin ich geradezu aufgeregt. Mir bleibt die Spucke weg. Ich muss "laut" schlucken (als sei da ein Kloß im Hals). Rede nur stuss. Mein Mund ist trocken. Und komme für die anderen natürlich auch schüchtern, gehemmt, verklemmt und aufgeregt rüber. Und das auch, wenn ich Freunde treffe, die ich länger nicht gesehen habe.
So richtig schlimm wirds aber erst dann, wenn die Hände ins Spiel kommen. Die zittern nämlich vor Aufregung. Beim Essen oder Trinken fällt sowas sofort auf. Komische Blicke oder Nachfragen verschlimmern das Ganze natürlich. Meistens wird aber überhaupt nicht nachgefragt. Die Sachlage scheint ja einfach: Der trinkt ja häufig mal einen und wenn er nüchtern ist zittert er: Ergebnis? Der hat natürlich Entzugserscheinungen.
Und jetzt kauft mal Alkohol und zittert beim Bezahlen. Da erntet man auch sehr "wissende" Blicke an der Kasse.
Besonders ironisch ist die Situation, wenn man dann sein erstes Bier mit Kollegen oder Freunden trinkt, nüchtern dabei zittert, wenn man sich das Glas zum Mund führt (vor Aufregung und sozialer Phobie) und das dann verschwindet, wenn man eins oder zwei intus hat, weil damit ja die Aufregung schwindet.
Und hier liegt der Hund meines Erachtens begraben: Klar, Schüchternheit und Ängstlichkeit ist erstmal grundsätzlich angeboren. Aber dann kommen weitere Faktoren hinzu. Wie wirst Du erzogen? Bedingungslose Liebe oder Liebe mit Bedingungen (wenn Du das machst, bist Du lieb, sonst bist Du böse. Du bist ein Nichts! Usw). Ich denke, die meisten werden nach der zweiten bedingte-Liebe Methode erzogen. Hinzu kommt dann noch die Selbstmedikation durch Alkohol: Man hat mehr Grund, wenig von sich zu halten und sich selbst nicht bedingungslos zu lieben. Man merkt, dass man vom Alkohol abhängt. Wie Dr. Jeckyll und Mr. Hyde. Das eigene Scheitern/ Die eigene Unzulänglichkeit wird einem jeden Tag vor Augen geführt ("ich hab es nicht geschafft, nicht zu trinken"). Und dann richtet man sich - wenn möglich - auch noch ein Leben ein, das darauf ausgerichtet ist, der Bewertung durch andere zu entgehen. Durch dieses Vermeidungsverhalten wird aber alles noch schlimmer. Stichwort: Sich den Ängsten stellen und so weiter.
Prinzipiell kann man die soziale Phobie also so in einen Satz bringen: Es die Angst vor der Bewertung anderer. (Und der Irrglaube, dass die Bewertung von anderen irgendwie für das eigene Leben relevant wäre).
Vielleicht 1000 mal zu oft den Satz: "Was sollen XY nur von Dir denken?" oder so. Keine Ahnung.
Ach so: Und natürlich ist es einem völlig klar, dass man davor eigentlich keine Angst haben muss, weil die Bewertung der anderen einem eigentlich am A**ch vorbei gehen müsste, könnte, sollte. Ist ja aber auch bei Spinnenphobikern so, dass sie wissen, dass die kleinen Mistdinger einem in diesen Breitengraden nichts machen, viel kleiner sind und vermutlich mehr Angst vor uns haben, als wir vor ihnen. Trotzdem springt man einfach auf, wenn man eine sieht. Die Amygdala ist eben so mächtig, wie sie klein ist...
Was ich mit Baclofen jetzt sagen kann: Bisher habe ich die beiden Situationen, denen ich ausgesetzt war, trotz Aufregung sehr gut überstanden. Ich denke darauf kommt's an. Es ist bei der sozialen Phobie ja auch so, dass man die Situation vermeidet, weil man Angst vor der Angst (in der Situation) hat. Und ich denke, dieser Teil ist tatsächlich antrainiert. Jetzt müsste man nur noch häufig genug erleben, dass die Situation ungefährlich ist, und schon ist man geheilt (wie bei den Spinnenphobikern, die am Ende mit der Vogelspinne konfrontiert werden).
Also heißt es: Wie ein Kind nochmal alles lernen. Nüchtern. Und vor allem die eigenen Gedanken verändern. Sich selbst loben und bedingungslos lieben.
Das ist jetzt sicherlich ziemlich lang geworden... vielen Dank fürs Lese.

Viele Grüße,
Rafael