Web Modus
Bild
Antwort erstellen

Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 07:11

Federico hat geschrieben:Wenn Dir an einer ernsthaften Diskussion gelegen ist,
schlage ich vor, ein eigenes Thema aufzumachen.

Gern. "Ernsthafte Diskussion" schließt aber bitte aus, dass meine Beiträge ohne Rücksprache noch mal nachträglich verändert werden. Kommt das nochmal vor, ist die Diskussion beendet. Und rechnet bitte nicht damit, dass ich täglich schreibe.

In dem Bereich, in dem ich unterwegs bin, sinkt die Bereitschaft Baclofen zu verschreiben zusehends. Ich habe mich gewundert, warum, und bin bei meinen Rückfragen auf dieses Forum aufmerksam gemacht worden. Mir ist klar, dass Euch das nicht schmeckt, aber so ist es nun mal.

"Abstinenz ist nicht mehr das Ziel!"
Nein? Das ist der Hauptgrund. Es ist nun mal so, dass 99% der arbeitenden Mediziner und Therapeuten da anderer Ansicht sind. Das sollte man respektieren, so ganz ohne Erfahrung sind diese Leute ja auch nicht. Die immer wiederkehrenden Empfehlungen, 3, 6 oder 12 Monate abstinent zu sein und es dann ja vielleicht mal wieder probieren zu können sind unhaltbar. Dabei geht es @Lisa64 NICHT darum, das von einem auf den anderen TAg zu erreichen. Natürlich gibt es Trinkgründe, natürlich gibt es Rückfälle, natürlich ist das ein Prozess. Aber auch die längste Reise beginnt noch vor dem ersten Schritt - mit einer Zielfestlegung.
Ich kenne keinen einzigen Arzt, der derzeit bereit ist, in Zukunft Nalmefen zu verordnen. Keinen einzigen. Ratet, warum.

Ich will nicht darüber diskutieren, ob es in Einzelfällen möglich ist, irgendwann wieder normal zu trinken und wenn ja, warum. Darum gehts nicht. Es geht darum, dass nach aller bisheriger Erfahrung es dem Großteil der Alkoholabhängigen NICHT dauerhaft möglich ist. Also warum zum Wohl einiger ALLE wieder in Gefahr bringen?

Ihr beschwert Euch bei mir, ich sei unhöflich und aggressiv. Stimmt, na und? Lest es mal von meiner Seite: wer (als Arzt) zögert, Baclofen zu verschreiben, macht sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig. Wer kritisch hinterfragt, ist von der bösen Pharmaindustrie gekauft, von den AA indoktriniert, sowieso denkunfähig und empathielos und wer Abstinenz als Ziel aufrecht erhält, ist eine ewiggestrige Flitzpiepe. Nachdem wir so bereits 99% aller Ärzte und Suchtforscher verärgert haben, bringen wir mit Sprüchen wie
Federico hat geschrieben:Verhaltenstherapie ist eine Dummheit.
noch mal eben 50% aller Therapeuten mit Kassenzulassung gegen uns auf und schmieden dann gemeinsam Verschwörungstheorien, warum uns keiner will.

Wir haben im Lande 2 Millionen Alkoholabhängiger, mehr oder weniger. 150.000 davon kriegen wir in eine Therapie. Mit Euren dauernden Vorwürfen der Wirkungslosigkeit der Therapien, derBestechlichkeit der Ausführenden und der Sinnlosigkeit dises ganzen Systems verringert Ihr die Zahl derer, die überhaupt eine Therapie machen, weiter. Das tötet, ist Euch das klar? Ich weiß - und jeder der irgendwie mit diesem System zusammenarbeit, weiß das - dass die Erfolgsquoten nicht über 25% (Abstinenz) rausgehen und das nichtmal im ersten Anlauf. Nur, ein Viertel von 150.000 Behandelten sind 40.000 Gerettete, 500.000 könnten es innerhalb des bestehenden Systems sein, wenn die Leute denn hingingen.

Zahlen der Umfrage der Associaton Baclofene kommen auf (nach Selbstauskunft!) ebenfalls rund 25% Abstinenz bei Baclofenbehandelten. Das ist so dolle dann auch nicht. Was ist jetzt der Vorteil von Baclofen? Das Einzige, was ich sinnvoll erklären kann, ist doch: es erleichtert den Menschen den Weg in die Abstinenz und deren Aufrechterhaltung.

Wenn ich mich recht erinnere hat Dr. Ameisen in seinem Buch mehrfach betont, dass es ihm mit Baclofen erstmals gelingt, die Dinge, die er bei den AA und in seinen klassischen Therapien gelernt hat, umzusetzten.
Bitte quatscht doch die Leute nicht aus genau diesen Therapien heraus!!

LG

Annie

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 08:55

Hallo Annie,

Habe gerade Dein emotionales Statement gelesen. Du sprichst aus der Sicht der klassischen Suchtherapeuten. Erst einmal:

anniebae hat geschrieben: "Ernsthafte Diskussion" schließt aber bitte aus, dass meine Beiträge ohne Rücksprache noch mal nachträglich verändert werden. Kommt das nochmal vor, ist die Diskussion beendet. Und rechnet bitte nicht damit, dass ich täglich schreibe.


Bitte Annie, du kannst hier nicht eine Diskussion in Gang setzten, und dann irgendwann, nach gut dünken „Dampf“, ablassen. Entweder diskutieren wir, oder lassen es.

anniebae hat geschrieben: "Abstinenz ist nicht mehr das Ziel!"
Nein? Das ist der Hauptgrund. Es ist nun mal so, dass 99% der arbeitenden Mediziner und Therapeuten da anderer Ansicht sind. Das sollte man respektieren, so ganz ohne Erfahrung sind diese Leute ja auch nicht. Die immer wiederkehrenden Empfehlungen, 3, 6 oder 12 Monate abstinent zu sein und es dann ja vielleicht mal wieder probieren zu können sind unhaltbar. Dabei geht es @Lisa64 NICHT darum, das von einem auf den anderen TAg zu erreichen. Natürlich gibt es Trinkgründe, natürlich gibt es Rückfälle, natürlich ist das ein Prozess. Aber auch die längste Reise beginnt noch vor dem ersten Schritt - mit einer Zielfestlegung.


Woher hast Du diese Zahlen? Das, was Du schreibst sind m.E. überholte Thesen, die sich dauerhaft nicht halten werden. Ich bin seit über 9 Jahren in dieser Zwangsjacke von s.g. Fachleuten, die diese Meinung vertreten.
Angestrebte Abstinenz ist kein AA-Wahlspruch – sie will gelebt werden, ohne diabolische 12 Schritte.

anniebae hat geschrieben: Ihr beschwert Euch bei mir, ich sei unhöflich und aggressiv. Stimmt, na und? Lest es mal von meiner Seite: wer (als Arzt) zögert, Baclofen zu verschreiben, macht sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig. Wer kritisch hinterfragt, ist von der bösen Pharmaindustrie gekauft, von den AA indoktriniert, sowieso denkunfähig und empathielos und wer Abstinenz als Ziel aufrecht erhält, ist eine ewiggestrige Flitzpiepe. Nachdem wir so bereits 99% aller Ärzte und Suchtforscher verärgert haben, bringen wir mit Sprüchen wie
Federico hat geschrieben:
Federico hat geschrieben:Verhaltenstherapie ist eine Dummheit.


noch mal eben 50% aller Therapeuten mit Kassenzulassung gegen uns auf und schmieden dann gemeinsam Verschwörungstheorien, warum uns keiner will.


Liebe Annie - genau dafür kämpfen wir hier im Forum. Es geht um Paradigmenwechsel, es geht genau darum, alt hergebrachte Ansätze zu hinterfragen. Wenn Du dies alles in Frage stellst – Dein Gutes Recht – Dann mach weiter so mit Deiner Arbeit.

anniebae hat geschrieben: Wenn ich mich recht erinnere hat Dr. Ameisen in seinem Buch mehrfach betont, dass es ihm mit Baclofen erstmals gelingt, die Dinge, die er bei den AA und in seinen klassischen Therapien gelernt hat, umzusetzten.
Bitte quatscht doch die Leute nicht aus genau diesen Therapien heraus!!


Upps, jetzt wird es echt krass.. Oliver Ameisen in Zusammenhang mit den AA zu setzten? Gut, dass er diese Aussage nicht mehr lesen muss.
Das ist gelinde gesagt einer vergleichbaren Auslegung wie bei Fundamentalisten entsprechend Ihrer Religionszugehörigkeit, Ungläubige haben keine Existenzberechtigung und müssen daher bekämpft werden.
Ja –und da ich kann als AA-Geschädigter mitreden.


So!! Und nun geht es mir besser!!

Liebe Grüße Volker

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 09:31

Hallo Annie,

ich möchte einfach mal Fakten sprechen lassen, in aller Kürze :

seit etwa 40 Jahren Alkoholmissbrauch (Hauptursache aus heutiger Sicht: Selbstüberforderung), dreimal Führerscheinverlust (+ MPU), Ehe kaputt, Job verloren, neue Beziehung nach 4 Jahren kaputt.

Vor knapp zwei Jahren empfahl mir meine Psychotherapeutin Antabus. Als Chemiker sträubten sich mir die Nackenhaare, als ich Chemie und Wirkungsweise dieses als Vulkanisierhilfsmittel in der Gummiindustrie verwendeten Präparats sah !!!
Im Internet suchte ich nach Alternativen und stieß auf Baclofen und auf dieses Forum.

Heutiger Zustand :
Bin inzwischen berentet, seit Mai 2013 glücklich verheiratet. Mit meinem Sohn (30) habe ich nach jahrelanger Funkstille wieder Kontakt, singe in einer Kantorei, bin jetzt in einem Schachclub.
Kurzum : Es geht mir so gut wie noch nie in den letzten Jahren.

Die "Zauberformel" für mich war :

- Runter mit den hohen Anforderungen an mich selber
- Baclofen
- Begleitende Psychotherapie (Verhaltenstherapie9
- Selbsthilfegruppe (Kreuzbund)

Jetzt magst du einwenden "Werner ist ein Einzelfall"...

Dass dies nicht stimmt, wirst du feststellen, wenn du dir die Zeit nimmst, im Forum zu stöbern. Wie mein Neurologe, mein Hausarzt, meine Psychotherapeutin wirst dann auch du einige deiner Dogmen über Bord werfen.
Wir können die Diskussion gerne weiterführen.

Viele Grüße nach Kölle,

Werner

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 09:43

@Frodo01
Frodo01 hat geschrieben:
anniebae hat geschrieben::
Wenn ich mich recht erinnere hat Dr. Ameisen in seinem Buch mehrfach betont, dass es ihm mit Baclofen erstmals gelingt, die Dinge, die er bei den AA und in seinen klassischen Therapien gelernt hat, umzusetzten.
Bitte quatscht doch die Leute nicht aus genau diesen Therapien heraus!!



Upps, jetzt wird es echt krass.. Oliver Ameisen in Zusammenhang mit den AA zu setzten? Gut, dass er diese Aussage nicht mehr lesen muss.


Es wundert mich, dass Du nach all den Jahren im Forum das Buch noch nicht gelesen hast. Klar muss man Olivier Ameisen in Zusammenhang mit den AA setzen. Er hat ja Tausende von AA-Meetings beigewohnt (regelmässig 3x täglich), diese Meetings selber haben ihm nicht geholfen, und - jawohl - erst der x-te Anlauf mit Baclofen hat dafür gesorgt, dass er seine vorher gesammelten Therapie-Erfahrungen (darunter auch die ihm von den AA-Leuten beigebrachten Werte) umsetzen konnte.
Über AA wird im Forum leider viel zu einseitig (sprich: schlecht) gesprochen. Wenn man aber die Mut hat, genau zu analysieren, wird man merken, dass lange nicht alles an AA verpönt ist. Nicht vergessen, dass nicht nur Baclofen sondern auch AA schon viele Menschenleben gerettet hat.

@anniebae

Vielen Dank für diese relativierenden Statements. Mach bitte so weiter.

LG

Patrick

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 10:49

Bevor wir weiter über AA diskutieren, bitte ich alle die mitreden wollen,
erst hier zu lesen.
Grundsätzlich mein Respekt Annie, aber hast Du jemals selbst eine Therapie gemacht?
Oder besser, kennst Du die andere Seite?

Bild

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 11:52

und dann wären noch die Ärzte, die ich kennenlernen durfte.
Einige davon müsstest Du vom drüberlesen kennen, Ihre Avatare sind bekannt,
Jivaro, Irving, praxx. Persönlich habe ich auf diversen Suchtkongressen wesentlich
mehr kennengelernt, obwohl man mir den „Kreuzritter“ gerne mal entgegenschleuderte.
Als Administrator habe ich zudem Zugriff auf die E-Mail-Adressen und weiß von daher,
welche Ärzte hier im Forum mitlesen. Einige schreiben mir persönlich, einige rufen an.
Die Meinungen zu Baclofen sind eindeutig.

Koryphäen wie Michael Soyka, Markus Backmund und viele andere haben mir die
Hand geschüttelt und mich sogar in den Arm genommen. Ihren Worten konnte ich entnehmen,
dass nicht die erlernte Empathie gesprochen hat, sondern die echte, Mitfühlende.

Ein Dipl. Psych. der mich 20 Jahre meines Lebens begleitet hat und der mich deshalb
sehr gut kennt, weiß um alles Bescheid und bestätigt eine ausserordentliche Entwicklung.

Im Übrigen, wellcome back XXX, ich glaube wir kennen uns ...

LG Federico

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 11:57

Hallo Annie !

Ich habe gestern mit meinem Cousin telefoniert,er sagte zu mir das er nicht mehr kann und seinen leben ein ende setzen will.Zu seiner Geschichte er ist so alt wie ich verheiratet keine Kinder und schwerer Alkoholiker 2010 hat er seine erste Langzeittherapie begonnen zu diesem Zeitpunkt habe ich mit Bac begonnen er hat seit dem mind. 3 Langzeittherapien hinter sich und duzende Krankenhausaufenthalte einmal wäre er fast verreckt weil er antabus mit Alkohol kombiniert hat,ich habe mehrmals versucht ihm zu helfen aber er war völlig hypnotisiert von seinen Therapeuten Bac wäre nichts für ihn und überhaupt ist das alles Scharlatan und nun kommst du? Ich habe mich mit ihm nächste Woche verabredet und hoffe das er endlich mit Bac anfängt ich werde ihn zu meinem Arzt schleifen,weil ich ihn sonst auf dem Friedhof besuchen werde

Lg Blume

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 12:20

Hallo Annie

Hier meldet sich auch noch so ein "Sonderfall", bei dem es funktioniert...
Meine Geschichte befindet sich im Forum.
Weiter habe ich im Moment nichts beizufügen.

Baclofen ist m.E. das Beste auf diesem Therapiegebiet, das es zur Zeit gibt...
Die allein seligmachende Wunderpille sicher nicht. Begleitend zur Therapie muss man das Hirn auch hier einschalten und nicht einfach auf "stand by" vor sich her leben.

LG
moonriver

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 12:21

Leute, bitte lest genau:

In dem Bereich, in dem ich unterwegs bin, sinkt die Bereitschaft Baclofen zu verschreiben zusehends. Ich habe mich gewundert, warum, und bin bei meinen Rückfragen auf dieses Forum aufmerksam gemacht worden.


Da macht sich jemand Gedanken.

Nachdem wir so bereits 99% aller Ärzte und Suchtforscher verärgert haben, bringen wir mit Sprüchen wie "Federico hat geschrieben:
Verhaltenstherapie ist eine Dummheit." noch mal eben 50% aller Therapeuten mit Kassenzulassung gegen uns auf und schmieden dann gemeinsam Verschwörungstheorien, warum uns keiner will.


Da redet jemand von WIR.

Das Einzige, was ich sinnvoll erklären kann, ist doch: es erleichtert den Menschen den Weg in die Abstinenz und deren Aufrechterhaltung.


Stimmt.

Das etwas andere Fazit:
@Annie, kann ich davon ausgehen, dass du Baclofen grundsätzlich als wirksames Medikament ansiehst? Ganz abgesehen von den Diskussionen rundherum?

lg
Lisa

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Sonntag 19. Januar 2014, 13:01

@rog,

Manchmal werde ich aus Dir nicht schlau. Macht aber nichts – vielleicht bin ich ja zu dumm.

Mir zu unterstellen, dass Buch nicht gelesen zu haben, ist schon mal infantil. Ich habe das Buch gelesen, da warst Du noch jenseits von Gut und Böse.

Den Zusammenhang O.A. mit den AA habe ich in einen ganz anderen Zusammenhang gestellt. Nicht zu vergessen, dass es in den USA eine andere AA-Kultur gibt. (und kaum Alternativen)

Das AA so manches Leben gerettet hat, stelle ich nicht in Abrede.

Ich war 5 Jahre lang regelmäßig in 4 verschiedenen AA-Meetings. Ich glaube, ich kann mir ein Urteil erlauben.

So - und nun lass uns die Debatte über die AA an dieser Stelle verlassen, und uns auf die inhaltlichen Dinge von anniebae konzentrieren. Lisa hat ja schon mal den konstruktiven Anker geworfen.

Liebe Grüße Volker
Antwort erstellen