Sonntag 12. Dezember 2010, 14:39
„es wird Zeit, daß die Suchtforscher endlich ihren Job machen.“ (Olivier Ameisen)
Dtsch Arztebl 1999; 96(28-29): A-1864 / B-1572
Der erste Lehrstuhl für Suchtforschung in Deutschland ist jetzt - angegliedert an die Universität Heidelberg - am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim installiert worden. Mit dieser Einrichtung werde der eminenten Bedeutung von Suchtleiden, allen voran der Alkoholkrankheit mit zirka zwei bis 2,5 Millionen Abhängigen in Deutschland, auch aus wissenschaftlicher Perspektive Rechnung getragen, erklärte Lehrstuhlinhaber Prof. Karl F. Mann (Tübingen). Auf drei alkoholkranke Männer kommt derzeit eine Frau, betroffen sind alle sozialen Schichten. Hinzu kommen schätzungsweise drei bis vier Millionen Menschen, die Alkoholmißbrauch betreiben. Daher will man am neuen Lehrstuhl neben Drogen- und Nikotinforschung auch die neurobiologischen Vorgänge im Gehirn durch krankhaften Alkoholkonsum erforschen.
Vor allem will man herausfinden, welche Behandlungsstrategie man gezielt für welche Patienten anbiete, denn nicht jeder Alkoholkranke brauche eine halbjährige Entzugstherapie. Vermehrt sollen auch ambulante Therapiekonzepte erprobt werden, mit denen man in anderen Ländern sehr gute Erfahrungen gemacht habe, kündigte Mann an.
Der Wissenschaftler sieht generell einen erheblichen Nachholbedarf für die Suchtforschung in Deutschland. Während für diesen Bereich hierzulande
zwischen zehn und 15 Mio. DM pro Jahr ausgegeben werden, liege die Förderung in den USA mit rund
einer Milliarde DM fast hundertmal so hoch. Die Rauschgiftbekämpfung nehme in der Suchtforschung in Deutschland einen großen Part ein. Zahlenmäßig stellt die Gruppe der Abhängigen von illegalen Drogen mit 150 000 im Vergleich zu Alkoholkranken jedoch nur einen geringen Prozentsatz.
Mediziner und Psychologen sind nach Einschätzung von Mann im Bereich der Suchtkrankheiten nur unzureichend ausgebildet. Viele Ärzte würden ein Alkoholproblem ihrer Patienten deshalb nicht erkennen oder nicht ansprechen, obwohl nach Studien 70 Prozent der Alkoholabhängigen mindestens einmal pro Jahr ihren Hausarzt aufsuchten. Ein Viertel befindet sich einmal pro Jahr in chirurgischer oder internistischer klinischer Behandlung. Nur die Hälfte der betroffenen Patienten aber werde, so der Suchtforscher, in der Klinik als alkoholkrank erkannt und entsprechend behandelt. Nach Manns Auffassung wäre die Hausarztpraxis die geeignete Adresse, um Patienten zu einer Suchtbehandlung zu motivieren.
Ingeborg Bördlein
Nach meinem Kenntnisstand gibt es bis heute keinen 2. Lehrstuhl, die für einen effektiven Forschungsbetrieb notwendigen Gelder werden anderweitig dringender benötigt. z.B.: Kernforschung Karlsruhe 707 Mio €, Beitrag zu Cern 650 Mio € Jahresetat. Von den Existenzsicherungsbeiträgen in Milliardenhöhe für notleidende Investmentbanker mal ganz abgesehen.