Montag 12. August 2013, 09:41
Werner1503 hat geschrieben:Wenn ihr Argumente habt, die gegen einen genetischen (Mit-) Einfluss sprechen: gerne.
@Werner,
nicht unbedingt dagegen, aber es gibt gewisse Vorbehalte meinerseits.
1. EugenikIm Deutschland der Nationalsozialisten dagegen vergrößerte sich das Interesse an der Zwillingsforschung. Galtons Eugenik wurde zur "Rassenhygiene". Führender Theoretiker war der - später auch in der Bundesrepublik wissenschaftlich tätige - Prof. Ottmar von Verschuer. Dessen Assistent Dr. Josef Mengele, SS-Freiwilliger und Mediziner, widmete sich schließlich ganz der Zwillingsforschung. Sein "Laboratorium" war das KZ Auschwitz-Birkenau. Durch Experimente an ins Lager eingelieferten Zwillingen wollte Mengele herausfinden, wie das Erbgut gezielt zu manipulieren sei.
2. ZwillingsforschungWas prägt den Menschen mehr – Erbgut oder Umwelt? Zwillinge gelten als die idealen Versuchspersonen, um diese Frage zu klären. Doch jetzt bringen neue Erkenntnisse die Fundamente der Zwillingsforschung ins Wanken: Eineiige Zwillinge sind gar nicht genetisch identisch.
3. Epigenetik / PTSB / PTBSOffenbar sind nicht nur Kinder von Holocaust-Überlebenden, sondern auch die Kinder anderer Eltern mit PTSD, anfällig, diese emotionale Belastung zu erben. Das schließt Kinder von Kriegsveteranen (Dekel & Goldblatt, 2008) ebenso mit ein, wie Kinder von sexuell Missbrauchten, Flüchtlingen, Folteropfern und anderen Traumapatienten. Zudem kann der Übertragungsprozess sich auch nach der Geburt der Zweiten Generation fortsetzen und die Enkel, Großenkel und eventuell weitere Nachfahren erfassen.
Nachdem wir wissen, dass bei 80% plus X, der an Alkoholismusstörungen leidenden Patienten eine oder mehrere F-10 Störungen diagnostiziert werden konnten, erscheint es mir nicht hinreichend plausibel, Vererbung verantwortlich machen zu wollen. Mit anderen Worten, der Einfluss der Psyche ist deutlich besser erforscht und auffälliger, als ein vermuteter Einfluss des crhr1.
Die Google-Scholarsuche erbrachte mit den Stichworten crhr1-Gen: 13 Hits ww, crhr1 Alcohol: 1.070 Hits ww, PTSD Alcohol: 51.000 Einträge weltweit. Der Zusammenhang zwischen den PTSD (Post Traumatic Stress Disorder) PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) und Alkohol/Drogen wurde aufgrund der US-Veteranen-Forschung sehr deutlich hergestellt. 50% der Veteranen aus dem Vietnamkrieg die an PTSD erkrankt waren, hatten zugleich Alkohol- und/oder Drogenprobleme. Spätere Forschungsergebnisse mit Ausweitung von Korea bis Afghanistan haben ähnliche Resultate gezeigt.
Diese Dissertation, Hamburg 2013 gibt einen sehr guten Überblick. Hier ein Auszug:
Der National Vietnam Veterans Readjustment Survey (NVVRS) zeigte, dass die Prävalenz bei den Kriegsveteranen nach DSM III bei Männern bei 30,9% und bei den Frauen bei 26,9%27 liegt.
Es konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung in 87,5% der Fälle auch eine weitere psychische Erkrankung diagnostiziert werden kann. Am häufigsten tritt die PTBS mit psychiatrischen Erkrankungen wie zum Beispiel affektiven Störungen, Angststörungen und Alkohol- bzw. Drogenmissbrauch auf. Die National Comorbidity Survey untersuchte die Lebenszeitprävalenz für Alkoholmissbrauch sowie den nicht alkoholischen Substanzmissbrauch. Es wurde deutlich, dass eine beträchtliche Anzahl der untersuchten Personen auch unter einem Alkohol/Substanzmissbrauchsproblem litt. Die Lebenszeitprävalenz beim Alkoholmissbrauch lag hier bei 51%, für einen Substanzmissbrauch bei 34,5 %. Dabei schätzten Kessler et al. (1995), dass der Substanzmissbrauch als primäre Störung im Zusammenhang mit einer PTBS auftritt. Bei den Angststörungen scheint es umgekehrt zu sein.
LG Federico