Freitag 21. November 2014, 19:07
ACHTUNG: LANGER TEXT MIT VIELEN INFOS….
So, auf einmal sind schon 12 Tage vergangen seit deinem Beitrag, Lisa.
Dies ist zum einem meine "Antwort" für dich.
Aber natürlich auch mein "Zustandsbericht" für alle anderen im Forum.
Als ich vor knapp einem Jahr inmitten eines Rückfalls beschloss, mich auf das Wagnis Baclofen einzulassen, tat ich dies entgegen allen Ratschlägen - niemand erhielt auch nur den Hauch einer Chance mitzureden. Vorangegangen war das Statement meines Partners: Ich mache nicht mehr mit. Ich kann so nicht mehr mit dir leben.
"Dann ohne dich." Ich sagte es nicht, aber es war unvermittelt da, in meinem Kopf: Ohne dich. Nur ich. Das könnte die Lösung sein. Es fühlte sich richtig an.
Lisa, alle Achtung, so wie du es beschreibst gab es für dich kein wenn-und-aber mehr.
Du hast das durchgezogen. Warst zu allem entschlossen. Nur für dich.
Kleine Zwischenfrage: Ich habe es nicht genau verstanden, BIST du ausgezogen? Oder hast du es "nur" als machbare Option für dich gesehen?
Bei mir ist es etwas anders gelagert. Meine Frau sagt mir ehrlich, dass sie schon überlegt hat, dass es vielleicht besser wäre, wenn sie mich (zwischenzeitlich) verlässt bzw. mir damit "droht." Damit ich mich endlich bewege, wirklich etwas ändere. Dass sie es aber nicht tut, weil sie es im Grunde nicht möchte und lediglich als „letztes“ Mittel sieht, um mich zu bewegen.
Bewegen müssen wir uns aber wohl alle von alleine, aus eigenem Antrieb. Ob ein Verlassenwerden den Leidensdruck erhöhen kann, der dann doch zu einem eigenen Bewegen führt, lasse ich jetzt mal offen im Raum stehen…
SPRUNG
Was ist in den letzten Tagen passiert? Wenig und doch viel zugleich.
Das „verrückteste“ zuerst: letzten Samstag habe ich mir gezielt 5 Bier gekauft und die in 3 Stunden in mich hinein geschüttet. Geplant, zielgerichtet, so muss man es wohl nennen. Die „Idee“ kam am Donnerstag auf, ich wusste, dass ich dann Zeit für mich allein habe. Ich habe zwar bis Samstagvormittag – also bis zum Bierkauf – diesen Gedanken immer mal wieder verworfen, dann aber doch gemacht.
Es war tatsächlich auf diesen Tag begrenzt. Und es kommt mir schon sehr lange her vor. Unwirklich.
Eigentümliche Wahrnehmung.
SPRUNG
Ich habe schon die letzten zwei, drei Wochen sehr wenig gearbeitet. Nach der anstrengenden Fahrt mit den zwei Übernachtungen (von denen ich hier schrieb) habe ich mich extrem raus genommen. Ich konnte nicht mehr. Ich wollte auch nicht mehr. Ich habe also „auf dem Papier“ mehr gemacht als in Wirklichkeit, sprich längere Fahrtzeiten auf den Spesen notiert, viel aus dem Büro gemacht. Aber auch das war nicht der Rede wert, ich habe sehr unkonzentriert und wenig effektiv gearbeitet.
Ich wollte das aber möglichst „unauffällig“ machen, kaschieren. Das hat einen Hintergrund: ich hatte ja in 2012 ca. 6 Monate Auszeit wegen Burnout. Auch in 2013 hatte ich 29 Tage Krankheitstage, in diesem Jahr 16 bis Mitte Mai. Dann bin ich sozusagen von meinem direkten Vorgesetzten „angezählt“ worden. Auch wenn man mich seitens des Unternehmens bisher gut und fair behandelt hat, so ist deren Geduld jetzt ein gutes Stück weit am Ende gewesen. Jedenfalls kam schon die Aussage, dass meine Fehlzeiten ja enorm sind und dass das auf Dauer nicht so weiter gehen könne. Ich habe dann seit diesem Gespräch nur noch einen Fehltag gehabt, aber auch in der Zeit hier und da mehr Arbeitszeit und mehr Termine notiert als ich in Wirklichkeit geleistet hatte.
Und so habe ich das in den letzten beiden Wochen halt noch extremer durchgezogen.
Bis ich mir dann sagte, das geht so auch nicht mehr, ich muss das jetzt offen sagen, dass ich nicht in der Lage bin richtig zu arbeiten. Ich habe also meinem direkten Vorgesetzten eine Email geschrieben. In dieser bin ich sogar auf diesen „Teufelskreis“ eingegangen: Nicht krank melden/ nicht auffallen aus Sorge vor den Konsequenzen. Gleichzeitig aber immer weniger leistungsfähig sein, weil ich mich schlechter und schlechter fühle.
Das habe ich also am Montag gebrochen und am Mittwoch ein ausführliches Telefonat gehabt.
Mein Vorgesetzter empfahl mir – ich sage jetzt mal mit seiner privaten Stimme – eine Therapie für mehrere Wochen oder Monate. Er glaube sonst nicht daran, dass sich etwas ändere. Es gäbe natürlich noch andere Szenarien, z.B. wenn ich meinen sollte, dass ich diese Tätigkeit nicht mehr ausführen könne….
Anyway: ich habe gemerkt, dass ich für mich handeln muss. Dass ich aktiv werden muss, SO SCHWER mir das auch fällt.
Ich habe dann gestern einen Termin für ein Vorgespräch in einer psychiatrischen Klinik für Anfang Dezember gemacht. Ich stelle mir vor dort in die Tagesklinik zu gehen. Dies könnte dann voraussichtlich ab Ende Januar passieren. Ich will definitiv nicht in eine stationäre Therapie! Das schließe ich für mich aus, ich will hier abends mit meiner Familie zusammen sein.
KLEINER SPRUNG
Heute war ich bei meinem Internisten. Ich hatte keinen festen Termin, musste viel Wartezeit mitbringen und um jede Minute Gespräch „kämpfen“. Da ich das schon vorher ahnte, hatte ich mir einiges notiert und dem Arzt dann eher vorgelesen als notiert, wie ich meinen „Zustand“ momentan erlebe.
Ich fasse das jetzt nur stichwortartig zusammen: längste alkoholfreie Phasen seit 23 Jahren seit Einnahme von Baclofen. Mit Ausnahme des samstags drei Wochen ohne Alkohol.
Total erschöpft, ich schlafe sehr unterschiedlich, manchmal durch, manchmal bin ich häufig wach. Ich bin meistens morgens hundemüde. Ich bin unkonzentriert und habe leichte Kopfschmerzen, wie ein Schwindelgefühl/ Druckgefühl. Ich arbeite seit zwei Wochen nicht mehr richtig. Ich habe eine Konzertkarte für ein Konzert gestern Abend noch verkauft, da ich meinte das Konzert (ziemlich laute – klar - und ziemlich aggressive Musik) nicht genießen zu können, dafür keine Energie zu haben.
Vom Gespräch mit meinem Vorgesetzten habe ich auch berichtet und von meiner Überlegung mit der Klinik.
Der Arzt wurde ziemlich unruhig - habe ich jedenfalls so empfunden, auch bedingt durch drängelnde Patienten bzw. ein volles Wartezimmer, aber anscheinend auch durch meine Schilderung.
Er sagte, dass ich eindeutig eine Depression schildere. Er verschrieb mir das Antidepressivum „ Escitalopram“. Dieses müsse ich ab sofort nehmen.
Ich bin dann etwas verstört, erschreckt raus aus der Praxis. Ich war zwar 2012 mit den Diagnosen Depression und Erschöpfung ja schon länger krank geschrieben.
Aber heute hat es mich sozusagen selbst überrascht, ich will nicht sagen entsetzt.
Ich hätte meinen „Zustand“ tatsächlich nicht als Depression bewertet.
Wenn ich allerdings meine Symptome ansehe und einen Online-Test mache sieht das doch anders aus…
Ihr seht mich verwirrt.
Krank schreiben wollte er mich übrigens nicht unbedingt. Arbeit wäre gut.
Ich habe ihm dann gesagt, dass ich das momentan nicht kann. Er hat mich dann doch für die nächste Woche krank geschrieben.
Ach ja, er sagte auch noch, dass es gut sein kann, dass ich meine Depressionen durch den Alkohol betäubt habe und diese jetzt wieder durchbrechen.
Ich meine das hier auch schon von anderen Usern gelesen zu haben, dass sie das erlebt haben.
Ich bin für jede Eurer Meinungen, Ratschläge und Erfahrungen dankbar.
Speziell natürlich auch was das Thema Depression und Antidepressiva angeht.
Auf bald.