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Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Mittwoch 3. Oktober 2012, 12:25

Hallo,

ich habe vor wenigen Wochen erstmals über Baclofen gelesen, als ich auf der Suche nach einer Lösung meines Alkoholproblems war. Ameisens Buch bei Amazon gesucht, dort eine Rezension von Federico gelesen, mit Hinweis auf dieses Forum. Zwei Mitglieder hier haben mir bei der Arztsuche geholfen (danke dafür!!!), und nach einem vergeblichen ersten Versuch habe ich nun in OB einen Arzt gefunden, der mir Baclofen verschrieben hat und bei dem ich mich gut aufgehoben fühle.

Nachdem ich es erst kaum erwarten konnte, mit der Medikation anzufangen, starre ich jetzt seit zwei Tagen auf die Packung und traue mich nicht anzufangen. Da ist die Angst vor Nebenwirkungen. Und da sind die drei abstinenten Tage vor Beginn. Ich weiss nicht, wie ich das schaffen soll, ich habe so viele Jahre ohne einen einzigen Tag ohne Alkohol. Mein derzeitiger Konsum liegt bei ca. 1 l Wein abends. Mein Arzt sagt, dass nichts passieren kann, wenn ich sofort aufhöre zu trinken, aber meine Erfahrungen in der Vergangenheit waren anders. Wann immer ich versucht habe, einen Abend nichts zu trinken, habe ich Panikattacken in der Nacht, schrecke immer wieder aus dem Schlaf auf und habe das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.

Ich habe jetzt eben meine 25mg Tbl. geviertelt und ein Viertel halbiert. Habe also jetzt meine ersten 3,1 mg genommen und hoffe, dass es nicht unsinnig ist, mit so geringer Dosierung anzufangen, mehr traue ich mich aber gerade nicht. Ist es ein Problem, dass ich gestern noch getrunken habe, muss ich deshalb mit vermehrten Nebenwirkungen rechnen? Hilft Baclofen (auch in geringer Dosis) gegen Entzugserscheinungen?

Ich trinke seit etwa 15 Jahren zuviel. Es gab immer mal ein paar abstinente Wochen, immer aus eigener Kraft, keine Therapien, keine Entgiftung. Es fällt mir einfach nicht so leicht, um Hilfe zu bitten, packe immer alles allein (oder glaub(t)e das), funktioniere tagsüber gut, und fange abends an, meinen Stress mit Wein zu betäuben. Die ersten zwei Gläser sind eine Wohltat, den Rest kennen ja hier die meisten. Jetzt freue ich mich erstmal, dass ich hierher gefunden habe, über so viele „Zufälle“, und hier die Berichte und Geschichte anderer Abhängiger zu lesen, gibt mir Kraft und Hoffnung.

Viele Grüße

Alison

Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Mittwoch 3. Oktober 2012, 12:49

@Alison

Vieleicht soltest Du jeden Tag den Wein reduzieren bis Du bei null angekommen bist, dann sind die Entzugerscheinungen nicht so stark und aber gleichzeitig Baclofen laut Königsweg aufdosieren.Laut vielen Meinungen glaube die beste Variante.Es gehöhrt natürlich ein starker Wille dazu aber es lohnt sich.Nebenwirkungen sind bei jedem unterschiedlich,ich hatte so gut wie gar keine, außer das ich gut geschlafen habe und wahnsinige Träume mal schöne und schlechte hatte,aber ich kann Dir nur sagen alles wird gut und es dauert garnicht so lange ein neues Leben wird beginnen.Ich bin bei ca 125 mg schon fast 8 Monate und mir gehts super.

Ich wünsch Dir viel Erfolg

lg Blume

Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Mittwoch 3. Oktober 2012, 13:54

Willkommen Alison,

in solchen Fällen empfehle ich den Beipackzettel Alkohol zu lesen. Dagegen sind die UAW's von Baclofen plötzlich Peanuts. Die abstinente Phase von 3 Tagen vor Beginn der Therapie ist lediglich eine „best case“ Empfehlung aber kein MUSS.

Im Leitfaden Baclofen findest Du eine sehr gute Tabelle für den Mediaktionsbeginn. Er ist aus Frankreich und die Franzosen sind der Meinung, Abstinenz ist nicht notwendig.

Guten Erfolg wünscht
Federico

Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Mittwoch 3. Oktober 2012, 19:07

Hallo Alison
und herzlich willkommen im Forum.

Du bist von Federico ja schon bestens dokumentiert worden.

Ich möchte dir von meiner Seite einfach Mut schenken, den Beginn der Therapie ohne Bedenken anzugehen. Baclofen ist vermutlich das Beste, was Dir in Deiner momentanen Situation passieren kann...

Lass die Wirkung einfach geschehen und mache Dir keine Gedanken nebenher. Wirklich schiefgehen kann bei Einhaltung der Leitsätze nichts.

Ich wünsche Dir einen guten Start auf einem vollständig neuen Weg der Behandlung von Alkoholabhängigkeit.

LG moonriver

Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Mittwoch 3. Oktober 2012, 23:54

Liebe Alison,
Du hast alles was du brauchst. Versuch den Alkohol herunterzuschrauben und Baclofen, wie oben beschrieben, langsam zu erhöhen; die Lust bzw. das Craving wird mit grosser Wahrscheinlichkeit rasch weniger. Melde dich hier...
Bis zu 80mg Baclofen/d wird sogar in Studien gezeigt, dass kein zusätzlich negativer Effekt in der Kombination mit Alkohol zu erwarten ist.

LG und alle guten Wünsche
jivaro

Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Donnerstag 4. Oktober 2012, 22:05

Guten Abend,

ich danke euch für das herzliche Willkommen und eure Unterstützung!!

@blume, ich freue mich, dass du es geschafft hast, und deine Worte geben mir viel Mut. Die Müdigkeit, von der hier so viel berichtet wird, hat mich auch bei der geringen Dosierung schon im Griff und ist willkommen, weiss nicht, wann ich zuletzt so gut geschlafen habe, wie gestern :)

@federico, ich habe es geschafft den Beipackzettel Alkohol bis zu Ende zu lesen ;), das ist wirklich eine Keule, obwohl man ja Vieles weiss oder ahnt oder spürt oder befürchtet… Wenn das nicht motiviert. Meine Motivation, das Trinken aufzugeben, wirkt daneben banal. Einfach wieder leben. Abends ins Kino gehen, ohne mich zu fragen, wie spät es dann sein wird, bis ich die Flasche öffne. Einladungen annehmen, ohne in meiner Tasche einen Weinvorrat zu deponieren, der dann auf Toilettengängen hastig herunter gestürzt werden muss. Der Pegel, der Pegel. Meine Tochter zum Essen einladen, ohne dass sie zuschauen muss, wie ich erst redselig und ach so lustig, später streitlustig werde. Mir eingestehen, dass ich eine lausige Mutter war, versuchen, zu retten, was zu retten ist, wenn denn… Morgens aufzuwachen und mich auf den Tag zu freuen. Einfach so. Als wär das einfach. Nun ja, jetzt bin ich hier „gelandet“, und an Zufälle glaube ich nicht. Danke für den Schubs, und du hast Recht, keine Nebenwirkung könnte gravierender sein, als das, was ich meinem Umfeld und mir zugemutet habe.

@moonriver, vielen Dank für deine Nachricht, du schenkst mir Mut, weiterzumachen. Ich freue mich, diesen Weg zu gehen, ich wünschte, ich könnte einen Turbo einlegen, Geduld ist nicht meine Stärke, aber etwas, das ich dringend lernen muss..

@jivaro, es gibt mir ein Gefühl der Schwäche, nicht von heute auf morgen mit dem Trinken aufhören zu können. Ich werde Baclofen, wie von euch empfohlen, langsam steigern und hoffe sehr, dass ich schon sehr bald dem Alkohol Adieu sagen kann. GGG.

Danke euch allen, ihr macht mir Mut. Schön, dass ihr da seid!!

LG

Alison

Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Donnerstag 4. Oktober 2012, 22:45

Mir eingestehen, dass ich eine lausige Mutter war, versuchen, zu retten, was zu retten ist, wenn denn… Morgens aufzuwachen und mich auf den Tag zu freuen. Einfach so. Als wär das einfach. Nun ja, jetzt bin ich hier „gelandet“, und an Zufälle glaube ich nicht. Danke für den Schubs, und du hast Recht, keine Nebenwirkung könnte gravierender sein, als das, was ich meinem Umfeld und mir zugemutet habe.
@Alison,

das erschreckt mich zwar schon lange nicht mehr, bitte vergiss es nur ganz schnell. Scham, Schuldgeständnis kann nicht zielführend sein, nicht wenn man krank geworden ist. Schließlich warst Du keine lausige Mutter aus Lust an der Lausigkeit und Du hast doch Deinem Umfeld nicht aus Jux und Dollerei etwas zugemutet, was Dich heute beschämt.

Scham wird nämlich schnell toxisch und führt dann sehr schnell dahin wo Du nie wieder hin willst – in die Spirale der Abhängigkeit. Sei bitte einfach nur krank und versuche die Heilung. Und denk immer daran, niemand kann für seine Krankheit verantwortlich gemacht werden, egal welche ihn trifft. Niemand hat sich jemals für einen Herzfehler, Diabetes, Morbus Crohn, Multiple Sklerose, Paradontose, sämtliche Krebserkrankungen und 32.000 andere Krankheiten selbst als schuldig daran bezichtigt. Warum Du?

Wenn Du nicht aufhörst Dich schuldig zu fühlen, wird Heilung nicht möglich. So einfach ist das. Noch bist Du krank aber schon morgen kann es Dir gelingen Dich von der Krankheit zu befreien, das geht leider nur wenn Du Krankheit und nicht Schuld als Voraussetzung für Genese definierst. Würdest Du Schuld akzeptieren, ist Heilung allein schon deshalb ausgeschlossen – Schuld ist immer schon unheilbar gewesen ...

LG Federico
PS Schuld und Buße ist/war das vereinfachte Weltbild der Kirchen über 1200 Jahre ist aber heute nur Teil der Geschichte.

Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Sonntag 7. Oktober 2012, 22:32

Schuld ist immer schon unheilbar gewesen ...

So habe ich das noch nie betrachtet. Meine Schuldgefühle sind so allgegenwärtig und präsent, ich habe sie nie in Frage gestellt, dies anders zu sehen, wäre eine unglaubliche Befreiung (wenn auch immer noch ein Teil in mir sagt, dass ich mich nur aus meiner Verantwortung stehlen will). Ich versuche aber jetzt, gegenzusteuern, wenn ich merke, dass ich mich wieder runterziehe(n lasse). Das ist zZ noch ein full time job.

Ich hatte übrigens gestern Abend ein schönes Erlebnis @ Vapiano. Ich habe nicht nur den sonst obligatorischen Wein nicht bestellt, sondern hatte auch nicht das geringste Gefühl des Verzichts. Sah die Weintrinker um mich herum und fühlte mich rundum zufrieden mit meiner Cola. Es hat eine Weile gedauert, bis ich das überhaupt begriffen habe. Ich bin erstaunt , dass das so schnell und unter niedriger Dosierung möglich sein kann.?

Ich habe keine wirklichen Nebenwirkungen bei der Einnahme. Die anfängliche Müdigkeit ist verschwunden, die letzte Nacht war das genaue Gegenteil, ich habe sie durchgemacht (nicht durchgetrunken...) und fühlte mich sehr entspannt und gut gelaunt. Ich versuche, mir keine Gedanken zu machen, in welcher Richtung auch immer. Ich betrachte. Staune. Lächle. Freu mich. Auf die weitere Entwicklung. Und darüber hierher gefunden zu haben.

LG

Alison


Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Sonntag 7. Oktober 2012, 22:52

Hallo Alison
Es hat eine Weile gedauert, bis ich das überhaupt begriffen habe.
Das ist m.E. eine typische Wirkung von Baclofen nähmlich diejenige, welche sich bewusst der Wahrnehmung entzieht. Erst hinterher merkt man es überhaupt...

Und genau dies wünsche ich Dir von Herzen auch im Zusammenhang mit Deinen Schuldgefühlen. Im Nachhinein sich einer bereits vollzogenen Veränderung klarzuwerden...

Nun, ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg. Du machst es schon richtig...

LG moonriver

Re: Ich freue mich auf ein Leben ohne Sucht...

Mittwoch 10. Oktober 2012, 20:57

Hallo Moonriver,

ich erlebe gerade die ups and downs, die wohl jede Veränderung begleiten. Dosiere langsam hoch und fühle mich mal himmelhochjauchzend, mal zu Tode betrübt.. Heute vielleicht ein bisschen zu wehmütig, weil Alk auch das war/ist: Ein Instrument, das mich glauben lässt, ich sei jung und unbesiegbar.. Ich höre Bouillabaisse und will mich nicht verabschieden von einem Leben der Extreme. Ich muss, ich weiß. A penny for your thoughts.

LG Alison
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