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Artikel zum KT - SZ-Magazin Mai 2018

Mittwoch 9. Januar 2019, 21:11

Was ganz anderes recherchiert und durch Zufall über diesen Artikel gestolpert:

Kontrolliertes Trinken SZ vom 11. Mai 2018

https://sz-magazin.sueddeutsche.de/die- ... rfen-85690

Re: Artikel zum KT - SZ-Magazin Mai 2018

Freitag 11. Januar 2019, 18:21

Liebe Juli,

ich kannte diesen Artikel und halt ihn immer noch überflüssig wie einen Kropf. Er beschreibt das ganze Dilemma des KT. Er geht auch überhaupt nicht darauf ein was KT bedeutet und wer entscheidet oder was entscheidend ist KT zu können.
Denn darauf kommt es meines Erachtens an, das Können, im wahrsten Sinne des Wortes. Kann ich kontrolliert Trinken. Nicht traue ich es mir zu. Zugetraut haben wir es uns wohl schon alle mal, vielleicht sogar mehrmals. Ich behaupte mal, die meisten hier sind damit auf die (Schna...) Nase gefallen.
Niemand, gar niemand kann Empfehlungen oder Anleitungen geben, wie KT funktioniert und was es bedeutet, was im Kopf und Körper eines jeden einzelnen Betroffenen dabei abgeht.
Nur als Beispiel für meine Person, ich kann es immer noch nicht nach 1- 2 Glas Bier aufzuhören. Das ist für mich immer noch ein Gefühl, das nicht beschreibbar ist. Eine Praline geht, eine handvoll Chips geht, ein Kaffee geht, ein halbes Stück leckeren Kuchens, usw.. usw. 1- 2 Bier geht nicht, das ist für mich dann unvollendet. Mit der Menge bin angeschickert aber keinesfalls in einem glückseligen Zustand. Habe keinen Kick, will ihn aber, weil ich damit angefangen habe. Also vollende ich es auch, über alle Bedenken hinweg ! Es werden dann doch wieder 4- 5 Flaschen, tatsächlich nicht mehr. Vielleicht auch eine Folge des nicht abnehmenden Alters :-). Die Folgen tagsdrauf spielen keine Rolle. Nach 4- 5 Flaschen Bier aufzuhören, kein Problem, da habe ich dann mein Level erreicht, daß mich für den Moment dann glücklich und zufrieden macht. Für den Moment, bis zum nächsten Tag.

Dann kommt der Prozess, habe zwar vielleicht einen Kater, will aber nicht wieder so weiter machen, des Kämpfens nicht in alte Muster zu verfallen. Auch nach Jahren des angeblichen KT.
Das ist anstrengend. Das war nun meine Version.

Andere sollen KT praktizieren, indem sie mehrmals die Woche nur bis zu 2- 3 Gläser trinken. In einer Menge die nicht gesundheitsschädlich ist ? Das ist doch die Denke von Leuten, die Alkohol nur aus "Genuss" trinken, so wie ich eine einzige Praline essen kann.
Wir haben aber doch jahrelang/ jahrzehntelang getrunken um runterzukommen, Ängste zu vertreiben gute Laune zu bekommen, entspannt zu werden, den Tremor zu vertreiben oder weil wir das reale Leben nicht aushielten ohne Alkohol.
Ich empfinde diese Theorien als das was sie eben sind .... Theorien von Nicht- Alkoholikern ... ohne jeglichen praktischen Bezug und ohne Kenntnis der wirklichen Empfindungen der Betroffenen.
Ich werde mich dafür nicht als Versuchskaninchen zur Verfügung stellen.
Ich bevorzuge die entspannte Abstinenz, ohne täglichen Gedanken an Beschaffung und Kontrolle. Sollte ich dennoch mal das "dringende Bedürfniss" haben, werden es wahrscheinlich eh wieder 5 Bier und bezeichne das dann als kleinen, verzeihbaren Ausrutscher. Sehe das auch deshalb so gelassen, weil ich die Möglichkeit des EXIT gut kenne.

KT ist für mich eine höchst individuelle und äußerst schwierige "Lebensform", ich empfehle es keinem. Das Damoklesschwert kreist mir dabei zu heftig. Wer es kann und damit glücklich ist, warum nicht? Ich kann´s nicht und ist für mich keine Option.

Viel Grüße, luzifer

Re: Artikel zum KT - SZ-Magazin Mai 2018

Freitag 11. Januar 2019, 20:53

Lieber Luzifer,

der Artikel ist keine Empfehlung von mir. Auch eine der Therapeutinnen im Artikel, die KT anbietet, bezeichnet Abstinenz als Königsweg.

Ich selber habe mich auch für die Abstinenz entschieden. Geht gut seit bald wieder 4 Jahren. Und ich gebe dir vollkommen Recht, niemand weiß, ob es klappen wird.

Keiner muss ein Versuchskaninchen sein.

Dennoch meine ich hat jeder das Recht seine eigenen Erfahrungen zu machen. Wenn es jemandem über die Maßen Druck macht gar nichts mehr trinken zu dürfen, nie mehr, was viele dazu veranlasst erst gar nicht anzufangen mit dem Aufhören, kann man ja mal versuchen, die Latte niedriger zu legen. Ob es klappt weiß keiner vorher. Es gibt keine Garantie. Die gibt es aber bei der Abstinenz auch nicht. Rückfallquote laut Charité 80%. Dort geht man davon aus, dass manche ein höheres Rückfallrisiko haben als andere, sie wollen das erforschen, um intensivere Programme für die anbieten zu können, die es schwerer haben.

Ich habe keine Aktien an KT und ich persönlich würde niemandem zureden KT zu probieren. Ich finde es auch gut, dass du deine eigenen Erfahrungen so offen teilst. Warnungen aus eigener Erfahrung sind authentischer und damit wirkungsvoller als die graue Theorie, meine ich.

Aber du verbietest es dir ja auch nicht strikt und für immer. Du hast deinen Weg mit den verzeihbaren Ausrutschern und dem Wissen um den EXIT. Und so muss halt jeder seinen Weg finden. Dein Weg könnte für viele auch ungangbar sein. Weiß man auch erst hinterher. Du fängst dich, andere stürzen ab.

Ich finde den Artikel schon mal ein wohltuendes Gegengewicht zur großen Mehrzahl der Informationen, die nur die klassiche Abstinenz gelten lassen.

Ich meine halt, dass es nicht richtig ist, Abstinenz als einzig akzeptables Therapieziel anzuerkennen. Harm reduction ist besser als nichts. Und es ist wohl auch so, dass über den Versuch mit KT doch etliche in die Abstinenz gehen. Und wenn nicht haben sie zumindest eine Zeit weniger getrunken und gelernt, dass es so also mit KT für sie auch nicht geht. Wir alle, jedenfalls die meisten haben sehr, sehr viele Anläufe genommen. Darunter schrägere, als mal an einem KT-Seminar teilzunehmen. Also ich jedenfalls.

Danke für deinen beherzten Diskussionsbeitrag! :daumen:
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