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Nicht mehr trinken. Sondern weniger.
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Ernste Zweifel an Selincro®?

Dienstag 1. Juli 2014, 01:56

äusserte auch Professor Tom Bschor von der Schlosspark-Klinik in Berlin
in einem Interview mit der Tageszeitung DIE WELT vom 27.03.2014:

„Ende Februar wurde der Wirkstoff Nalmefen zugelassen", so Bschor.
„Der zeigte in Studien jedoch nur eine sehr schwache Wirkung.“
Außerdem werde auch dabei ein umstrittenes Therapieziel angestrebt:
Der Betroffene solle damit weniger trinken – und nicht etwa alkoholfrei leben.

Anders als in einigen Foren verfälschend dargestellt, müssen die Betroffenen
genau wie beim Antritt einer Therapie bereit sein, komplett auf Alkohol zu verzichten
um das Medikament verschrieben und finanziert zu bekommen.

Um die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken, wird das Medikament
für maximal drei Monate von den Kassen übernommen. Eine Verlängerung dieser Frist
auf sechs Monate ist im Einzelfall möglich. Verschrieben werden darf das Medikament
nur von erfahrenen Suchtmedizinern.

Quelle: viewtopic.php?p=30809#p30809


Weitere Suchtmediziner äußern sich ähnlich zurückhaltend:

Der Vorsitzende der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, Dr. Heribert Fleischmann,
ist skeptisch. Zu gering sei der Effekt der Arznei und außerdem sei sie zu teuer.


„Wer nicht schwer abhängig ist, kann versuchen, mithilfe von Nalmefen seinen Konsum
zu reduzieren“, sagt Professor Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie an der Berliner Charité. Er warnt allerdings davor, die Wirkung des
Medikaments zu überschätzen: „Tabletten allein nützen nichts. Man muss auch motiviert
sein, das eigene Trinkverhalten zu verändern.“
Quelle: Heilpraxisnet

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Dienstag 1. Juli 2014, 20:53

Selincro® (Nalmefen) in Deutschland erhältlich !


Bild


ENTEDie Ente bleibt draussen !

Fertigarzneimittel dürfen in der Bundesrepublik Deutschland nur in den Verkehr gebracht
werden, nachdem sie die zuständige Bundesoberbehörde gem. § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz
(AMG) zugelassen oder gemäß § 38 Abs.1 AMG bzw. § 39a AMG registriert hat.
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfarM)

Die derzeit vorliegende Empfehlung des G-BA ist lediglich eine Empfehlung.
Eine endgültige Zulassung für Selincro ist nach Auskunft der Lundbeck Deutschland GmbH
frühestens für den Herbst 2014 zu erwarten.

LG Federico

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Dienstag 1. Juli 2014, 23:23

@Federico,

danke für diese lustige und nützliche Klarstellung.
Man sollte jetzt eigentlich die Kursentwicklung der Lundbeck-Aktie verfolgen...

GLG, Werner

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Mittwoch 2. Juli 2014, 14:45

Werner1503 hat geschrieben:Man sollte jetzt eigentlich die Kursentwicklung der Lundbeck-Aktie verfolgen...
@Werner,

die Kursentwicklung zeigt seit April eindeutig nach unten, mit wenig Aussicht auf
Erholung. Das hat nur bedingt mit Selincro zu tun, ist aber symptomatisch für die bekannt
zurückhaltende Informationspolitik des Konzerns. Auch andere Produkte in der Pipeline,
sind in den Trials nicht signifikant Placebo überlegen. Es fehlt der neue „Blockbuster“ im
Marktsegment der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer.

Am Beispiel der Werbeaussagen im Vergleich zur Realität wurde am Beispiel Selincro
sichtbar, wie groß der Druck sein muss, der auf dem Unternehmen lastet. Das Vertrauen
der Anleger schwindet in gleichem Maße wie die Bedeutung des Konzerns im Vergleich
zu den Mitbewerbern. Die Fokussierung auf den Bereich ZNS schien für eine gewisse Zeit
zielführend zu sein, könnte sich jetzt aber gegen Lundbeck, als relativ kleinen Marktteil-
nehmer wenden, wenn die Anschlusserfolge weiterhin ausbleiben sollten.

Einen herben Imageverlust erlitt Lundbeck als Alleinlieferant von Nembutal an amerikanische
Gefängnisse, die es zur Hinrichtung von zum Tode verurteilten Insassen verwenden (Todesspritze).
Für mich wäre der Kauf dieser Aktie schon aus ethischen Gründen indiskutabel.

LG Federico

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Mittwoch 2. Juli 2014, 18:25

Aus dem ersten Selincro-Newsletter der Lundbeck Deutschland GmbH, Hamburg
mit heutigem Datum:

Ab sofort sind Arzneimittel zur Unterstützung der Reduktion des Alkoholkonsums
bei alkoholkranken Patienten erstattungsfähig. Kernpunkte auf einen Blick.

Die entsprechende Änderung der Anlage III Nr. 2 der Arzneimittel-Richtlinie
„Mittel zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit“1 ist am 13. Mai 2014 in Kraft getreten.
Demnach können Mittel zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit nun unter bestimmten
Voraussetzungen voll zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet
werden.

Die angepasste Richtlinie bietet eine große Chance für Patienten: Somit erhalten alle
alkoholabhängigen Patienten ungeachtet ihres Versicherungsstatus die Wahlfreiheit,
welche Behandlungswege sie einschlagen.

Es ist hierdurch die rechtliche Basis gelegt, dass das Arzneimittel Selincro (Nalmefen)
mit Einführung in Deutschland – im Spätsommer 2014 – erstattet wird.
(Edit: Hervorhebung in fett+rot, exklusiv für Enten-Produzenten) :D

LG Federico

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Mittwoch 2. Juli 2014, 19:05

Ich darf dahingehend ergänzen, dass auch das Patent von Lundbeck's Antidepressivum Cipralex® im Juni 2014 abgelaufen ist.

lg
Lisa

Meine ganz und gar subjektive Off-Topic-Genugtuung: In meinem Arzneischrank herrscht nun Lundbeck-Freiheit.
Meine Krankenkasse freut sich bestimmt auch: 2-Wochen-Ration für SFR 14.65 statt CHF 34.25

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Donnerstag 3. Juli 2014, 00:08

lisa64 hat geschrieben:Ich darf dahingehend ergänzen, dass auch das Patent von Lundbeck's Antidepressivum Cipralex® im Juni 2014 abgelaufen ist.

@Lisa,

das Produkt war schon bei Markteinführung äußerst umstritten, eine Innovation
war es sicher nicht. Das Arznei-Telegramm meint in 2003 dazu:

Escitalopram (CIPRALEX) ist das linksdrehende Isomer des Razemats Citalopram (CIPRAMIL).
Vorteile gegenüber der Muttersubstanz erkennen wir nicht.
Escitalopram ist eine typische Pseudoinnovation, die dem Erhalt von Marktanteilen nach
Patentablauf des razemischen Citalopram dienen soll.

Lundbeck macht es ein bisschen wie Nestle.
Linksdrehender Yoghurt war bei Markteinführung dreimal so teuer ...
Die dürfen das auch, Nestle ist ja keine „forschende Pharmafirma“. :-

LG Federico

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Freitag 4. Juli 2014, 13:30

@ Federico
Die angepasste Richtlinie bietet eine große Chance für Patienten: Somit erhalten alle
alkoholabhängigen Patienten ungeachtet ihres Versicherungsstatus die Wahlfreiheit,
welche Behandlungswege sie einschlagen.


Leider nein, Federico. Der G-BA hat die angepasste Richtlinie dazu benutzt, noch einmal ganz eindeutig das Therapieziel "Abstinenz" als einzig zulässig vorzuschreiben!

Die Anlage III AMR Nr. 2 lautet jetzt:
2.
Mittel zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit
a) ausgenommen zur Unterstützung der Aufrechterhaltung
der Abstinenz bei alkoholkranken Patienten im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts mit begleitenden psychosozialen und soziotherapeutischen Maßnahmen
b) ausgenommen zur Unterstützung der Reduktion des Alkoholkonsums bei alkoholkranken Patienten, die auf eine Abstinenztherapie hingeführt werden, für die aber entsprechende Therapiemöglichkeiten nicht zeitnah zur Verfügung stehen. Die Verordnung kann bis zu drei Monate erfolgen; in begründeten Ausnahmefällen kann die Verordnung um längstens weitere drei Monate verlängert werden. Die Einleitung darf nur durch in der Therapie der Alkoholabhängigkeit erfahrene Ärztinnenund Ärzte erfolgen.
Der Einsatz von Arzneimitteln zur Behandlung derAlkoholabhängigkeit ist im Hinblick auf das therapeutische Gesamtkonzept besonders zu dokumentieren.


Der B-GA erläutert dazu:
Nach Auswertung der schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen ist der G-BA
zu dem Ergebnis gelangt, dass in den einschlägigen Fachkreisen der medizinischen Wissenschaft und Praxis kein Konsens darüber besteht, dass die Trinkmengenreduktion als gleichrangiges Therapieziel nebeneiner Abstinenztherapie zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit angesehen werden kann.
Ausgehend hiervon sieht derG-BA die Abstinenz weiterhin als vorrangiges Therapieziel bei der Behandlung der Alkoholabhängigkeit an.
Bei einer Abhängigkeit oder Suchterkrankung, die mit entsprechenden körperlichen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen sowie einem Kontrollverlust einhergeht, ist nach Auffassung des G-BA grundsätzlich das Therapiekonzept der Abstinenz einer Reduktion vorzuziehen.
Es istgrundsätzlich davon auszugehen, dass bei einerAlkoholabhängigkeit mit der Abstinenz auch eine größtmögliche Vermeidung von alkoholbedingter Morbidität und Mortalität erreicht werden kann.


Ist also leider wieder nix mit selbstbestimmtem Weg der Betroffenen!

LG

Praxx

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Freitag 4. Juli 2014, 13:48

@praxx,

weiß ich doch, weshalb ich etwas weiter oben schrieb:
Federico hat geschrieben:Am Beispiel der Werbeaussagen im Vergleich zur Realität wurde am Beispiel Selincro sichtbar,
wie groß der Druck sein muss, der auf dem Unternehmen lastet.

Irgendwo habe ich gelesen, 80% der Forschungskosten verstecken sich im Marketingetat. :-

LG Federico

Re: Ernste Zweifel an Selincro®?

Freitag 4. Juli 2014, 15:27

@Federico und Praxx,

und Marketing heißt durchaus nicht nur Kosten für Anzeigen, Werbebroschüren....

Nein darin stecken auch "Honorare" für "Experten", "Suchtmediziner" etc..

Diese werden dann versteckt unter
a) Honorar für Veröffentlichung
b) Honorar für Vortrag
c) Beratung
d) Consulting (obwohl das ziemlich das Gleiche ist)

LG, Werner
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